Vorab: ich gebe zu, dass alles, was einem als einfacher Mensch logisch und vernünftig erscheint, nicht immer für andere zutreffen oder gültig sein muss und der so genannte direkte Weg sieht für jeden etwas anders aus. Aber was mir dieser Tage auffiel im Zusammenhang mit meiner verloren gegangenen Douglas-Card, zeigte mir einmal mehr, dass man nicht nur nicht von sich selbst auf andere schließen kann sondern der wirklich gerade, normale Weg in einem großen Unternehmen nicht mehr gegangen werden kann – weil er viel zu kompliziert geworden ist…
Was tun Sie, liebe Leser, wenn Sie etwas auf der Straße finden? Normalerweise bringen Sie es vermutlich auf’s Fundamt oder zur Polizei, je nachdem, was leichter erreichbar oder möglich ist. Wenn es sich dabei zum Beispiel um einen Ausweis handelt oder um eine Geldbörse, und der Besitzer lässt sich feststellen, kann man auch selber gleich die Sachen mit der Post an den Besitzer versenden – direkt und unkompliziert. Je nach dem, wie man geartet ist und wie weit es einem am Herzen liegt, dass der Besitzer wieder zu seinen Sachen kommt. Eine Bankomatkarte etwa, die ich vor ca. 1/2 Jahren verloren habe, ist nie mehr aufgetaucht. Ich kann nur mutmaßen, was mit ihr passiert ist, aber zu finanziellem Schaden kam ich jedenfalls nicht.
Neulich musste ich nun feststellen, dass meine Douglas-Karte, eine Kundenkarte der bekannten Parfümerie-Gruppe, nicht mehr auffindbar war. Die Verkäuferin in meiner Stammfiliale reduzierte die von mir gekaufte Ware trotzdem und riet mir, mich gleich hier zu melden, wenn die Karte daheim nicht mehr auftauchen würde. Was ich wenige Tage später dann auch in die Tat umsetzte. Das Procedere war an sich sehr einfach: sofort wurde in der Wiener Zentrale angerufen um eine neue Karte anzufordern und dort erfuhr besagte Angestellte, dass ich meine Douglas-Karte in eben dieser Filiale nach einem Einkauf liegen hatte lassen. Man schickt in so einem Fall den Fund sofort nach Wien. Freundlich versicherte mir die Verkäuferin, dass man mir meine Karte in den nächsten Tagen per Post retournieren würde.
Einmal abgesehen davon, dass ich mich fragte, warum man das nicht gleich getan hatte, da man durch die Karte ohnedies über meine ganzen Adressdaten verfügte, war ich doch zufrieden, dass die Karte aufgetaucht war. Nach den Feiertagen trudelte dann auch ein Brief von Dougals bei mir ein – allerdings mit einer neuen Ersatzkarte. Ich war erstaunt, denn im beigefügten Schreiben wurde ich aufgeklärt „dass mir die angeforderte Ersatzkarte übermittelt worden wäre.“ Nun, ich hatte ganz sicher keine Ersatzkarte angefordert, sondern mir war ja versprochen worden, ich erhielte die alte zurück. Also wandte ich mich an die angegebene Hotline mit Wiener Vorwahl.
Eine Mitarbeiterin klärte mich ahnungsloses Menschlein nun darüber auf, dass die übliche Vorgangsweise allerdings anders aussehen würde. Gefundene, verlorene oder gestohlene Karten würden sofort entwertet, bei Bedarf würde man eine Ersatzkarte ausstellen und zuschicken. Als ich es trotzdem wagte zu fragen, warum man nicht einfach und unkompliziert die Karte in einen Umschlag gesteckt und diesen an mich adressiert hätte, protestierte die Dame. Das wäre nicht anders möglich als eben so, und mir könne es ja schließlich egal sein, wenn ich eine neue Karte erhalten würde. Das mag ja durchaus zutreffen, aber ein wenig merkwürdig erscheint mir das alles trotzdem. Vor lauter Vorsicht und Kundenschutz bläht sich ein an sich simpler Vorgang zu einem unnötig umständlichen Weg auf.
Nachteil hatte ich dadurch natürlich keinen, aber auf mich wirkt die Geschichte symptomatisch für eine Gesellschaft in der es zum Beispiel einfacher und auch billiger ist, ein paar dutzend Briefe in einer Massensendung mit falscher oder ungültiger Adresse trotzdem zu versenden als sie einfach vorher händisch auszusortieren. Symptome, die mir an sich nicht gefallen, weil das Individuelle dabei auf der Strecke bleibt. Ein einfaches, unbürokratisches Service wird dadurch fast nicht mehr möglich, weil es zu aufwendig wäre. So pervers das auch klingen mag. Natürlich fehlt unsereins der Einblick in einen Konzern wie den genannten, der Privatmensch kann es sich noch leisten, „simpler“ zu agieren, aber wenn sich der vorgelebte Trend verstärkt, werden wir irgendwann in einem System der Komplexität versauern, in dem das kleinste Abweichen das größte Chaos auslösen kann – tolle Aussichten!
© Vivienne