Dass die EU für mich keine wirklichen Vorurteile für uns Österreicher birgt, liebe Leser, daran habe ich schon des Öfteren keinen Zweifel gelassen. Bestätigt wurde ich in dieser Ansicht kürzlich durch eine Geschichte meiner Schwester, die mit Kollegen ein paar Tage dienstlich in Paris verbracht hat. Was sich dabei beim Heimflug in der „Grande Nation“ abspielte, spottet jeder Beschreibung und ist eines zivilisierten europäischen Landes mit großer Tradition unwürdig. Um es vorwegzunehmen: La France hat sich nicht nur die Sympathien meiner Schwester sondern auch die des ganzen Unternehmens nachhaltig verscherzt. Einmal mehr stellt sich für mich die Frage wozu wir bei solchen Zuständen eine EU und ein Schengener Abkommen überhaupt brauchen…
Aber von Anfang an: Relativ kurzfristig erfuhr meine Schwester von dem geplanten dienstlichen Ausflug nach Paris, bei dem einige organisatorische Belange geklärt werden sollten. Kurzfristig insofern, da ihr Pass seit zwei Jahren abgelaufen ist. Beim Magistrat allerdings konnte man aber zu dem Zeitpunkt keine neuen Pässe anfertigen lassen, da jeden Augenblick das okay für die neuen EU-tauglichen Pässe gegeben werden sollte. Aber so lange konnte meine Schwester nicht warten, weil der Kurztripp nach Paris unmittelbar bevorstand. Auf dem Magistrat beruhigte man meine Schwester allerdings: In der EU sei ein Pass bis fünf Jahre nach Ablaufen noch gültig, beeilte man sich sie hinzuweisen.
Und die Einreise nach Frankreich stellte zunächst auch kein Problem dar. Die Kollegen erledigten die dienstlichen Belange und rüsteten sich vergangenen Samstag für den Heimflug. Und damit setzte ein Szenario ein, dass dem Chaos eines Louis-de-Funes-Filmes entsprechen sollte… Zu allererst wurde nämlich der Heimflug gecanzelt, der nächste Flug wäre erst am nächsten Morgen gegangen, was die Gruppe aber nicht hinnehmen wollte. Schließlich haben die meisten der Kollegen Familie und aus dem Grund wollten alle schnellstmöglich heim. Lautstark beharrten sie auf ihrem Rückflug, bis sogar der Sicherheitsdienst aufmarschierte. Aber die Leute hatten Erfolg: Über Düsseldorf und Budapest wurde zwar mehr schlecht als recht aber doch ein Ersatzflug organisiert.
Auch meine Schwester hatte schon eingecheckt als man auf dem Flughafen Charles de Gaulle regelrecht verrückt zu spielen begann – anders kann man es nicht formulieren. Man verweigerte ihr plötzlich den Rückflug mit der fadenscheinigen Begründung, der Pass wäre abgelaufen, was sich eigentlich ad absurdum führte: in der EU besaß der Pass ja Gültigkeit. Trotzdem schaltete man auf stur, wies auf die Destination Budapest hin, in der das Schengener Abkommen nicht gültig wäre, während es der zuständige Beamte, den meine Schwester zu sprechen verlangte, vorzog, sich Minuten vor dem geplanten Abflug der Maschine auf dem WC zu verstecken. Frei nach dem Motto: ist das Flugzeug erst weg, hast du Pech gehabt! Worauf die Kollegen meiner Schwester ihrerseits in Streik traten und den Flug blockierten bis ihr der Rückflug bewilligt wurde.
Ein Pyrrhussieg, denn in Düsseldorf wurde meine Schwester am Flughafen wie eine Verbrecherin abgeholt und einem Beamten vorgeführt, der sie anplärrte warum sie ohne Pass anreisen würde. Dem Problem mit dem abgelaufenen Pass, der ja theoretisch gültig sein sollte, es aber in der Praxis in den Köpfen des Flughafenpersonals von Charles de Gaule und Düsseldorf nicht war, kam man auch dort nicht bei – gänzlich überfordert mit einer Situation, die man mit einem Telefonat mit dem Flughafen Budapest in wenigen Minuten klären hätte können – und das sicher nicht nur meiner Einschätzung nach. Meine Schwester berichtete mir insgesamt von einer Behandlung unter jedem Niveau – wäre ein Schwarzafrikaner in Wien Schwechat derart vorgeführt worden, hätten diverse Gazetten Österreich wieder zu einer Bastion der Ausländerfeindlichkeit und des Rassismus hochstilisiert. La grande Nation und auch Deutschland dürfen aber Österreicher gern verbal abwatschen, obwohl sie genau betrachtet rein rechtlich im Abseits stehen.
Mit einem Wisch, der sie 25€ kostete durfte meine Schwester mit ihren Kollegen schließlich doch noch weiterreisen, nicht ohne den Vermerk, man übernehme keine Garantie, ob er in Budapest akzeptiert werden würde… Langer Rede kurzer Sinn: am Flughafen Budapest genügte dem Flughafenpersonal ein kurzer Blick auf den Pass, den erkauften Wisch musste meine Schwester nicht einmal vorzeigen, dann stand der Heimreise nach Wien und dann nach Oberösterreich nichts mehr im Wege. Seien Sie ehrlich, liebe Leser, aber da überlegt man es sich, wohin man noch auf Urlaub reist… Und wenn die Regierung wieder einmal im Fernsehen teure EU-Werbung zeigt, werde ich mir die Mühe machen, die Hotline anzurufen und den Leuten dort einmal erzählen, was wirklich so läuft in unseren geeinten Europa!
© Vivienne