Über das Weiterentwickeln der eigenen Fähigkeiten – In eigener Sache

Wenn man wie ich über einen längeren Zeitraum schreibt, verändert sich zwangsläufig auch der eigene Stil aber auch die Sichtweise, wie man an die Themen herangeht. Mir selber fällt das immer wieder auf, wenn ich ältere Beiträge von mir durchsehe. Nicht, dass ich deswegen zwangsläufig alles als schlecht empfinde, das ich vor einigen Jahren verfasst habe, aber ich merke schon, dass ich heute anders formuliere weil ich mich zu einem anderen Menschen entwickelt habe. Ja, zu einer ganz anderen Person teilweise. Trotzdem stehe ich auch zu meinen „alten“ Geschichten. Nicht nur, dass schließlich alle „meine Kinder“ sind. Aber mir gefällt im Wesentlichen auch alles, was ich je geschrieben habe, ob ich nun ein sehr ernsthaftes Anliegen damit verfolgt habe oder nur eine Idee zu realisieren versucht habe – quasi experimentiert.

Umso mehr traf mich ein Kommentar, den ich neulich erhielt. Wie mittlerweile bekannt sein dürfte, werden einige meiner Beiträge auf unserer Partnerseite www.e-stories.de veröffentlicht. Nicht nur, dass ich selber auch schon etliche positive Reaktionen auf meine Gedichte und Kurzgeschichten erhielt, verfasse ich bisweilen selber auch Kommentare zu den Werken anderer. Vor einiger Zeit hatte ich an die Adresse einer mir unbekannten Autorin so einen Kommentar geschickt und erst dieser Tage, etliche Wochen später, reagierte diese Frau auf meinen Kommentar. Ich muss ehrlich sagen, ich habe noch nie etwas Vergleichbares erhalten. Sie wies mich nämlich darauf hin, dass sie gar nicht verstünde, dass ich ihre Geschichte interessant finden konnte, sie selber habe sie eben erst das zweite Mal gelesen und fände die Geschichte „einfach doof“. Sie wäre aber am Überlegen, demnächst eine zweite Geschichte zu verfassen, die hoffentlich besser werden würde…

Ehrlich gesagt: ich war sehr erstaunt über diese Worte. So schlecht hatte ich diese Geschichte nämlich nicht in Erinnerung und es tat fast weh, wie die Frau ihr eigenes Werk heruntermachte. Und damit gewissermaßen auch alle interessierten Leser wie mich. Letzteres stellte für mich nicht das große Problem dar. Aber ich frage mich, mit welcher Motivation man an das Schreiben herangeht, wenn man so eine „Etappe“ auf dem Weg der persönlichen Entwicklung einfach schlecht macht und keine positiven Erkenntnisse daraus ziehen kann. Sicher nicht mit meiner, was ich diese Frau nach einiger Überlegung auch wissen ließ. Ich konnte mir nämlich eine Antwort nicht verbeißen, etwas stachelig, in meiner Art halt. Und nicht ohne ihr den guten Rat zu geben, das Schreiben vielleicht überhaupt zu lassen, wenn sie im Grunde nicht zu dem was sie macht stehen kann.

Geantwortet hat mir die Frau nicht, zumindest bis jetzt, aber ich fürchte fast, dass ich nicht wirklich nachvollziehen kann, warum jene Frau überhaupt eine in ihren Augen schlechte Geschichte schreibt und dann noch an eine zweite denkt, obwohl sie nicht wirklich an das glaubt, was sie tut. Ich selber, Ihnen längst als Vielschreiberin ein Begriff, würde keines meiner Werke missen wollen. Ich stehe zu allem, auch wenn ich heute das eine oder andere ganz anders aufziehen würde. Weil alles auch ein Teil von mir selbst und meiner persönlichen Entwicklung ist. Und ich würde das alles in mir leugnen, würde ich mich von dem einen oder anderen distanzieren.

Ähnlich liegt der Fall ja auch bei den Menschen, die man im Laufe seines Lebens trifft. Nicht an alle erinnert man sich gerne oder man möchte den einen oder anderen gänzlich aus seinem Leben verbannen. So, als hätte es ihn nie gegeben. Das ist aber ein Fehler, so schlimm auch die Reminiszenzen sein mögen, man sollte niemanden ausschließen, auch wenn er oder sie einem üble Dinge zugefügt haben oder das erwiesene Vertrauen grausam getäuscht haben. Im Grunde möchte man mit einer Abwehrhaltung gegen solche Personen ja nur jene Seite in sich leugnen, die sich damals jenen Menschen gegenüber offen zeigte. Ja, man möchte derartige Erfahrungen einfach leugnen, weil man sich selber deswegen schuldig wähnt. Aber das muss man nicht. Man darf zu sich stehen, in jeder Form, zu Fehlern, zu Falscheinschätzungen genauso wie zu „Frühwerken“, die nicht so recht geraten sind. Zumindest der eigenen Meinung nach.

Ob besagte junge Frau begriff, worum es mir geht und ging, will ich gar nicht weiter hinterfragen. Ich möchte nur jedem von Ihnen Mut machen, sich durchaus neuen Aufgaben zu stellen, die schwierig sind und die nicht immer leicht zu lösen sein werden, vor allem nicht auf Anhieb. Wir müssen uns auch nicht schämen, wenn wir nicht gleich erfolgreich sind oder selber meinen, versagt zu haben. Der Versuch zählt für’s erste und jene notwendige Eigenliebe und Selbstachtung, macht uns stark genug, den einmal eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Lebens ist es auch jene Seiten an sich zu lieben, die wir gerne verstecken – wie immer sich diese auch äußern…

Vivienne

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