Todesstoß für die EU-Verfassung – Ansichtssache

.. so titelte die „Neue Kronen Zeitung“ am vergangenen Donnerstag, nachdem auch die Niederländer der EU-Verfassung mit 61,6 Prozent eine schallende Absage erteilt hatten. Zuvor hatte schon das, wenngleich nicht unerwartete, Ergebnis in Frankreich für Aufregung gesorgt. In den Niederlanden war das Votum gegen eine EU-Verfassung sogar noch etwas eindeutiger ausgefallen, immerhin war die Wahlbeteiligung mehr als doppelt so hoch wie erforderlich, um politisch bindend zu sein.

Frankreichs Präsident Chirac sprach von einem „klaren Signal“, sprach sich aber ebenso wie führende EU-Politiker dafür aus, die Ratifizierung in den übrigen EU-Staaten fortzusetzen. Die umstrittene Verfassung kann nur in Kraft treten, wenn alle 25 EU-Staaten zustimmen. Bisher haben neun Staaten zugestimmt, davon allerdings nur ein Land – Spanien – auf Basis einer Volksentscheidung. In den anderen Staaten hat – ebenso wie in Österreich – die jeweilige Regierung bzw. das Parlament der Bevölkerung die Entscheidung sicherheitshalber schon mal abgenommen. Der britische Premier Tony Blair soll noch überlegen, ob er sich dem Risiko einer Volksentscheidung tatsächlich aussetzen will.

Was hat es nun mit dieser EU-Verfassung auf sich und was ist der Grund, dass sie auf überwiegende Ablehnung stößt. Verfassungsgesetzgebung ist im allgemeine bestimmt keine einfache Materie und ich bezweifle, dass sich die EU-Bürger überhaupt mit den Details auseinandersetzen. Womit ich aber keinesfalls die EU-Verfassung verteidigen oder die Volksentscheidungen in Frage stellen möchte. Auch selbst kann ich, als durchaus politisch interessierter Mensch, wenig Detailwissen über die vom EU-Parlament ausgearbeitete Verfassung vorweisen. Und ich hätte, wenn unsere Volksvertreter so freundlich gewesen wären, uns zu fragen, wohl auch kaum meine Zustimmung zu diesem Rechtswerk gegeben.

Natürlich schwingt bei einer solchen Abstimmung zweifellos immer eine – wohl auch nicht ganz unberechtigte – EU-Kritik mit. Die Wähler versuchen ihr Missfallen in einer Wahlabrechnung Ausdruck zu verleihen. Sachlich betrachtet stellt sich für mich die Frage, welchen Zweck die EU-Verfassung vorrangig erfüllen soll. Denn ein Europaparlament bzw. eine europaparlamentarische Gesetzgebung, der sich die nationalen Parlamente in einzelnen Punkten zu unterwerfen haben, haben wir auch jetzt schon. Wenn die EU-Verfassung dieser derzeitigen Gesetzgebung eine Basis geben sollte, wäre dies nüchtern betrachtet noch gar nicht mal so schlimm.

Doch wahrscheinlich ist meine Betrachtung naiv, denn natürlich schwingt die Befürchtung mit, eine europäische Verfassung würde die nationalen Verfassungen außer Kraft setzen können. Und dazu kann die Antwort nicht anders ausfallen, als sie in Frankreich und den Niederlanden ausgefallen ist. Auch die Befürchtungen eines weiteren Verlusts nationaler Rechtshohheit und eines Niedergangs der Grundrechtskultur ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Etwa eine Ermächtigung der Europäischen Union zur Kriegsführung, einhergehend mit dem Verlust der Verteidigungshoheit der Mitgliedsstaaten, darf nicht zugelassen werden.

Pedro

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