Oft beobachteten die Tiere am Hof, wie Philip und Stefan gemeinsam herumstrolchten. Meistens waren die beiden auf Entdeckungsreise. Melissa hatte ihrem Sohn und seinem Freund, dem Igel, das Mäuse fangen beigebracht. Philip war schon ein schneidiger Jäger geworden. Auch Stefan erlegte schon kleine Mäuse. Meistens aber fraß er noch Hundefutter.
Philip hatte sich schon daran gewohnt, dass Stefan auf ihren Streifzügen auch Schnecken und Käfer fing. Ihm grauste zwar; aber er verstand, dass Stefan einen anderen Speiseplan hatte. Die Hühner fraßen ja auch Würmer. Und Felix, der Truthahn, verspeiste für sein Leben gern Maiskörner. Rolf und Rita, die Hunde, wieder freuten sich immer über einen saftigen Knochen.
An diesem Sommervormittag wollten die beiden den alten Schuppen durchstöbern. Rolf hatte nämlich erzählt, dass dort ein paar Ratten hausten. Die Tür zum Schuppen war verriegelt. Was jetzt?
Philip bemerkte dann, dass an einer Wand ein Brett lose zur Seite stand. Mit einigem Geschick zwängte sich der Kater hinein. Seit dem Frühjahr war er sehr gewachsen. Stefan folge ihm gleich nach.
Im Schuppen war es sehr dunkel. Allerlei Gerümpel lag herum. In der Mitte stand ein altes Auto. Verstaubt, verrostet und voller Dellen. Aus der offenen Wagentür ragten Strohhalme heraus. Philip trat näher und schnupperte. Der Staub kroch in seine Nase und brachte ihn zum Niesen. Auch Stefan neben ihm erging es nicht anders.
„Wir sollten… „, meinte Philip schließlich, „… uns umsehen … irgendwo müssen die Ratten doch sein …“ „Gut“, antwortete Stefan. Er hatte ein wenig Angst, wollte es aber nicht zeigen. „Vielleicht sehen wir zuerst einmal im Auto nach!“ „Warte,“ erwiderte Philip. Gekonnt schlich er sich an die offene Autotür heran. Er blickte kurz hinein und winkte dann seinem Freund, der langsam näher kam.
Außer dem Stroh war im Wagen nichts zu erkennen. „DU gehst voran!“ meinten beide gleichzeitig und sahen sich an. Das Herz war beiden nun ziemlich in die Hose gerutscht. Der Gedanke an die gefräßigen Ratten machte ihnen mehr Angst als sie zugaben.
Ob Ratten kleine Kater fressen? fragte sich Philip.
Ratten können keine kleinen Igel fressen! dachte Stefan. Aber er war sich gar nicht sicher.
Ein Geräusch ließ die zwei zusammen zucken.“ Vielleicht sollten wir…“, begann Stefan zitternd. Er konnte nicht weiter sprechen. Wieder dieses Geräusch. Das Herz klopfte beiden bis zum Hals. Doch keiner wollte weglaufen – keiner wollte vor dem anderen als Feigling dastehen.
Nun schien sich etwas im Wageninneren zu bewegen; Strohhalme fielen herunter, und immer wieder war das Geräusch zu hören. Schließlich überwog Philips Neugierde. Geschmeidig sprang er in das Wageninnere. „Wer ist da?“ rief er. Wie als Antwort tönte ein verschrecktes Gluckern hinter den Strohhalmen hervor. Ratten sind das sicher nicht, dachte der Kater. Plötzlich bewegte sich etwas im Stroh, das Gluckern kam näher. Ein helles Gebilde schien zu ihm zu rollen.
„Hilfe!“ schrie Philip. Er wollte davonlaufen. Doch vorher stürzte er mit einem Haufen Stroh und dem hellen Untier hinter ihm aus dem Auto. Schmerzhaft spürte der Kater, dass er halb auf seinen Freund gefallen war. Stefan hatte sich nämlich vor Schreck eingerollt.
„Au!“ rief Philip. „Nichts wie weg!“ Er hielt inne. Stefan starrte verblüffte neben ihn. Philip folgte seinem Blick und traute seinen Augen nicht. Agnes, die Lieblingshenne von August, lag wie ein Häufchen Elend am Boden. Sie war über und über mit Stroh bedeckt. Nur Ihr Kopf und Schnabel ragten heraus. „Lasst mir meine Eier!“ gackerte sie verzweifelt. „Lasst mir doch meine Eier!“
Philip und Stefan blickten sich an und begannen zu lachen. Schließlich halfen sie dem armen Huhn wieder auf die Beine. „Wir lassen dir deine Eier“, versprach Philip. Er streifte ihr noch ein paar Strohhalme vom Rücken.
Stefan hingegen stand wortlos neben ihm. Hungrig schnupperte er ins Wageninnere. Er aß Eier für sein Leben gerne. Der Gedanke, eines oder zwei, vielleicht als Vorspeise … Philip sah ihn böse an. Er stupste seinen Freund an Agnes zu helfen. Bereitwillig erzählte ihnen die Henne, warum sie die Eier hier versteckt hatte. „Der Fuchs!“ klagte sie. „Der Fuchs – ich habe geträumt, der Fuchs holt meine Eier. Ich muss doch meine Eier schützen!“ Mit lautem Gezeter ließ sie sich wieder fallen. Philip und Stefan grinsten sich an. Sie versprachen niemandem etwas davon zu erzählen. Als sie hinausgingen, drehte sich Stefan noch einmal um, wegen der Eier. Philip aber schob ihn eilig hinaus und schimpfte ihn ein wenig.