Die bevorstehende Wahl im Herbst wirft ihre Schatten voraus. Einmal abgesehen davon, dass sich unser Herr Bundeskanzler ganz beruhigt in der Sonne aalen kann, weil dem unmittelbaren Wahlkampfgegner SPÖ durch die Affären um ÖGB und BAWAG die Luft ziemlich ausgegangen ist, sondieren sich jetzt auch die kleinen Parteien, um einen Platz an der Sonne zu erlangen. Heinz-Christian Strache, der als Spitzenkandidat die FPÖ in die Wahlen führen wird, lässt beim außerordentlichen Parteitag in Linz sogar schwere Geschütze vorfahren.
Alle Parteien bekommen bei der Veranstaltung ihr Fett ab, auch der Koalitionspartner ÖVP, wobei ich aber davon überzeugt bin, dass Strache die harten Worte spätestens bei etwaigen Koalitionsverhandlungen im Herbst wieder vergessen haben wird. Strache setzt also auf eine sehr aggressive Wahlkampfstrategie, wie schon bei den Wiener Wahlen und dort ging sein Plan ja durchaus auf – das prophezeite Desaster seiner Partei konnte der Wiener mit seiner wüsten Anti-Ausländer-Politik gerade noch abwenden, was ihm Gelegenheit gab, ganz im Stile seines jetzigen großen Intimfeindes Jörg Haider, einen gerade noch erträglichen Stimmenverlust als großen Wahlsieg zu verkaufen. Kein Zweifel, Strache ist in eine „gute Schule“ gegangen und hat schnell dazugelernt.
Strache hat sich also beim außerordentlichen Parteitag der FPÖ bei Blasmusik und rotweißroten Fahnen einmal mehr der Ausländerhatz verschrien und versucht mit dieser Strategie, mit seinem Spaltprodukt von einer Partei (weil wir gerade beim Fußball sind) doch noch den „Klassenerhalt“ zu schaffen, sprich, die notwendige 4 % Hürde zu überwinden. Dass den Politprofi gewisse linkslinke Kreise, die Österreich gerne im Ausland als Bastion der Ausländerfeindlichkeit darstellen wollen, dabei ungewollt tatkräftig unterstützen, kann man gar nicht in Abrede stellen. Österreich ist vielschichtig, wie andere Nationen auch, aber dass sich das Gros derer, die mit Verunglimpfung von Zuwanderern im Grunde nichts am Hut hat, nicht ins rechte Eck stellen lässt, dürfte sich auch nicht leugnen lassen. Strache setzt aber ganz gezielt auf Sympathisanten seiner Ausländer-raus-Politik und auf Protestwähler, die sich in den Großparteien nicht mehr finden, und bestärkt durch den Erfolg bei den Wahlen in Wien, könnte ihm das auch bei den Nationalratswahlen im Herbst zum Vorteil gereichen.
Wenn, dann aber in jedem Fall vor allem auf Kosten der SPÖ. Denn ob das BZÖ mit Hilfe von Westenthaler aus der Bedeutungslosigkeit aufsteigen wird können, muss man ohnedies mit großer Skepsis abwarten. Ich denke aber, dass von „Straches Kampf“ (und gewisse Ähnlichkeiten des Terminus mögen Sie, liebe Leser, als gewollt betrachten!) indirekt wieder Schüssel und seine ÖVP profitieren werden, da Schwarz von allen Skandalen unberührt dasteht und zudem sensationelle Umfrageergebnisse aufzuweisen hat. Die SPÖ allerdings befindet sich aufgrund des bekannten Desasters im Mittelpunkt von Straches verbalen Attacken und wird darum noch mehr Federn lassen müssen, mehr noch als bisher prognostiziert, davon gehe ich aus, und ob die Grünen aus der Stagnation der letzten Wahlen Lehren gezogen haben, muss sich auch erst zeigen.
Aber zurück zu H-C Strache und seiner Strategie. Es ist schon seltsam, wie schnell Politiker dieser Couleur sich immer wieder auf die geballte Ausländerfeindlichkeit einschlagen, wenn sie aggressiv (und quasi um’s Überleben) um Wählerstimmen ringen. Zweifellos geistert bei uns in so manchen Köpfen noch immer die These, „dass es den Ausländern in Österreich auf Staatsbürgers Kosten ja so unglaublich gut geht“. Im Bierzelt und mit unterstützender Wirkung des flüssigen Gerstensaftes lassen sich solche Geschichten noch viel leichter unter die Leute bringen. Strache sollte bei seinem Kampf allerdings nicht außer Acht lassen, dass die meisten nach so einer Veranstaltung wieder nüchtern werden und Leute die im Zelt noch lautstark mitgrölen und jedem Unsinn applaudieren nicht notwendiger wählen gehen sondern lieber im Wirtshaus sitzen und weiter saufen…
Vernachlässigen sollte man Straches (letztes?) Aufbäumen trotzdem nicht: wem es nicht gut geht (etwa weil er arbeitslos ist), mag sich durchaus in den fragwürdigen Thesen wieder finden und sein Protestkreuzerl bei der Wahl energisch setzen. Wie auch immer: es stimmt mich nachdenklich, dass der Spitzenkandidat der FPÖ in seinem Wahlprogramm nicht vielleicht auf konstruktive Neuerungen, fundierte Kritik und frischen Wind setzt sondern viel mehr auf negative Gefühle, auf Hass und auf das Schüren von (Existenz-)Ängsten. Dazu fällt mir allerdings nur eines ein: Jeder das, was er am Besten kann!
© Vivienne