Sprung ins Ungewisse – Teil 15

Geli konnte sich in der Arbeit nicht konzentrieren.
Immer stand diese Szene vor ihrem geistigen Auge.
Immer wieder.
Manfrede hatte sie Sonntagabend heimgebracht.
Von dem gemeinsamen Wochenende.
Zeig mir deine Wohnung!
Ich möchte sehen wie du lebst!
Gemeinsam waren sie hochgegangen.
Geli ging immer zu Fuß.
Fast immer.
Lachend waren sie hochgestiegen.
Um die Ecke gegangen.
Bis sie die Rosen sah.
Ein Strauß langstieliger Rosen vor der Tür.
Leicht welk.
Beinahe hätte sie zu schreien begonnen.
Robert musste hier gewesen sein!
Robert!
Ihr war schwindlig geworden.
Zitternd hatte sie die Wohnung aufgesperrt.
Manfred hatte auf sie eingeredet.
Ruhig.
Du kommst zu mir.
Eine Woche.
Vierzehn Tage.
Nimm alles mit, was du brauchst.
Den Kerl knöpfen wir uns vor…

Geli rührte im Kaffee.
Ihr Blick verlor sich im Fenster an der Wand gegenüber.
Seltsam.
Jetzt hatte sie einen Freund.
Der sich um sie sorgte.
Der zärtlich zu ihr war.
Fürsorglich.
Und der sich bemühte, nicht anzuecken.
Geli lächelte gedankenverloren.
Er spürt genau, dass ich noch nicht bei ihm bin.
Noch nicht richtig.
Obwohl wir miteinander schlafen.
Und ich mit ihm in seiner Wohnung lebe.
Vorläufig einmal…
Sie beantwortete eine Anfrage eines Kunden per Mail.
Ein Kollege legte ihr ein Fax hin.
Sie las es aufmerksam durch.
Wie geht’s dir?
Hannes Stimme drang unvermittelt an sie.
Sie blickte verärgert auf.
Zuckte die Achseln.
So lala…
Hannes schien die Gleichgültigkeit nicht zu spüren.
Oder die leise Ablehnung.

Weißt dass ich dich dieses Wochenende fast besucht hätte?
Geli presste die Lippen aufeinander.
Tatsächlich?
Begeisterung klang anders.
Hannes beugte sich zu ihr.
Ich bin Kunde von dem Elektrohändler bei dir gegenüber.
Und da dachte ich, ich schau mal vorbei…
Geli warf ihm einen giftigen Blick zu.
Unverhohlen.
Ich war nicht daheim.
Hannes nickte.
Leider.
Das habe ich gemerkt.
Aber…
Geli unterbrach ihn unfreundlich.
Nette Idee, Hannes.
Aber ich war nicht daheim.
Wie gesagt.
Du solltest das nicht tun.
Mich so spontan besuchen.
Geli stand auf.
Holte sich aus dem Schrank einen Ordner.
Begann ihn durchzublättern.
Hannes Blick wirkte leicht beleidigt.
Du bist aber nicht gut gelaunt heute.
Ich wollte doch nur ein wenig plaudern mit dir…

Geli schnaufte tief durch.
Schon okay, Hannes.
Sie sah ihn dabei nicht einmal an.
Haben dir die Rosen wenigstens gefallen?
Geli zuckte zusammen.
Welche Rosen?
Ihre Gedanken bewegten sich wild durcheinander.
Nicht Robert?
Geli legte den Ordner weg.
Sie ging direkt auf Hannes zu.
Ihre Hände zitterten.
Du legst mir Rosen vor die Tür?
Was soll das?
Hannes wich zurück.
Ich dachte als Versöhnung…
Gefallen dir Rosen nicht?
Geli begann zu gestikulieren.
Der Kugelschreiber wirkte bedrohlich.
Du legst mir Rosen vor die Tür?
Die du zufällig mithast?
Weil du beim Elektrohändler warst?
Sag, willst du mich auf den Arm nehmen?

Hannes wendete sich ab.
Er versuchte seine Gedanken zu ordnen.
Diese Frau reagierte immer ganz anders, als er erwartete.
Was bei so vielen Frauen vor ihr funktioniert hatte…
Sie schmolz nicht dahin.
Sie reagierte wütend.
Geli griff zum Telefon.
Manfreds Stimme meldete sich.
Du ahnst nicht…
Weißt du von wem die Rosen sind?
Von Hannes, meinem Kollegen.
Ich hab dir von ihm erzählt.
Wie hat er nur herausbekommen wo ich wohne?
Saskia beobachtete sie aus den Augenwinkeln.
Sie grinste zufrieden.
Jetzt hatte sie den Beweis.
Diese Geli hatte einen Freund.
Also doch!
Vielleicht wurde Hannes jetzt endlich vernünftig…

© Vivienne

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