Manfred lag wach in seinem Bett.
Das Fernsehgerät lief.
Irgendeine Wiederholung.
Es war fast 3:00 Uhr früh.
Und er konnte nicht schlafen.
Vor ein paar Stunden hatte er Geli nach Hause gebracht.
Nach einem wunderschönen Abend.
Nach einem gemeinsamen Essen.
In einem italienischen Restaurant.
Und viel Wein.
Zumindest mehr, als er üblicherweise trank.
Es hatte ihn erwischt, keine Frage.
Wie ein Schulbub hatte er mit ihr geplaudert.
Vor dem Eingang zu ihrem Block.
Sie waren dagestanden.
Hatten geredet und geredet.
Und gelacht.
Ohne auf die Zeit zu achten.
Und er hatte sich Hoffnungen gemacht.
Eine kleine Pause im Gespräch.
Geli beugte sich zu ihm.
Lächelte ihn an.
Er fühlte alle Schmetterlinge des Frühsommers in sich.
Danke.
Danke für diesen schönen Abend.
Dann drückte sie ihm die Hand.
Und ging durch die Eingangstür.
Ohne sich noch einmal um zu drehen.
Manfred schaltet das Fernsehgerät aus.
Was war los mit ihm?
Wieso sollte sie ihn gleich mit nach oben nehmen?
Mit ihm schlafen?
Wo sie sich doch kaum kannten?
Ein paar Mal hatten sie sich bis jetzt gesehen.
Und sie war neu hier.
In der Firma hatte sie noch Anpassungsschwierigkeiten.
Das war deutlich zu bemerken.
Er hielt sie ab im Chat zu versumpfen.
Nicht mehr.
Außerdem war er verheiratet.
Noch.
Das wusste sie.
Und hielt sie vielleicht noch mehr auf Distanz.
Neben ihrer eigenen unglücklichen Liebe.
Robert hieß er.
Das hatte er auch herausbekommen.
Also warum regte er sich auf?
So sehr, dass er nicht schlafen konnte?
Er wusste es selber nicht.
Seufzend drehte er das Licht ab.
Und starrte durch sein dunkles Schlafzimmer.
Er war kein bisschen müde.
Geli lächelte noch immer als sie in den Lift einstieg.
Noch immer summte sie diese Melodie.
Das italienische Lied, das ihr Manfred vorgesungen hatte.
Der Abend war schön gewesen.
Wirklich schön.
Sie hatte ihn gebraucht.
Manfred.
Vor zwei Tagen war sie in ein tiefes Loch gefallen.
Irmi hatte angerufen.
Ihre beste Freundin.
Robert lebte wieder mit Silke.
Wieder einmal.
Nicht, das es wirklich eine Überraschung für sie war.
Aber sie erinnerte sich an einen schwachen Moment.
Als sie fast so weit gewesen wäre.
Wieder mit ihm zu reden.
Trotz allem.
Viel hatte nicht gefehlt.
Nicht viel.
Es wäre ein Fehler gewesen.
Sie wusste es jetzt.
Robert war der Hampelmann Silkes.
Für immer…
Geli schob die Bitterkeit beiseite.
Manfred war da ganz anders.
Er war süß gewesen.
Und so liebvoll.
Und er hatte sie nicht gedrängt.
Nicht ein bisschen.
Er verstand sie auch so.
Ohne viele Worte.
Keiner von denen, die eine Frau gleich flach legen müssen.
Darauf hatte sie ohnedies nicht die geringste Lust.
Im Moment.
Ärgerlich löschte sie eine Email aus dem Posteingang.
Matrix70.
Wer sonst?
Er vermisse sie im Chat.
Schrieb er…
Geli blickte auf die Uhr.
Spät war es geworden.
Morgen hieß es wieder früh aufstehen.
Wenigstens ging ihr Hannes nicht mehr auf den Geist.
Endlich hatte er begriffen.
Geli spürte die Erleichterung.
Wenigstens was.
Wer weiß?
Vielleicht fing er sich wirklich was mit Alexa an…?
Die beiden passten gut zusammen.
Aber es war ihr egal…
Sie schlüpfte in ihr Schlafshirt.
In Gedanken versunken.
Noch immer die Melodie im Ohr.
Oder schon wieder.
Schade, das sie nicht italienisch konnte.
Sie hätte gern gewusst, worum es in dem Lied ging…
Lalalaaaala labadada
Geli schlief ein…
© Vivienne