Neue Bohnen Zeitung


KRITISCH BETRACHTET 
von Vivienne  –  Mai 2001



Frauenfeindliche Rechtssprechung

Kürzlich erregte ein skandalöses Urteil in Deutschland auch bei uns Aufsehen: Ein Vergewaltiger wurde frei gesprochen, nicht etwa, weil berechtigte Zweifel an seiner Tat bestanden sondern weil sein Opfer, eine junge Frau sich – O-Ton – „zuwenig heftig zur Wehr gesetzt hatte

Ureile dieser Art sind bisher eher aus Ländern wie Italien, in denen teilweise ein noch sehr „rückschrittliches“ Frauenbild Geltung hat, bekannt geworden. Der Fall aus Deutschland schmerzt doppelt, weil Rechtsprechung (oder Rechtsbeugung?) dieser Art bei uns Schule  machen könnte. Dabei muß man sich nur die Situation vergegenwärtigen, in der sich das Opfer solch einer Gewalttat befindet: in Panik und in Todesangst, brutal mißhandelt und geschlagen, unfähig klar zu denken, geschweige denn sonst wie in der Lage, sich zur Wehr zu setzen, vor allem, wenn eine Waffe auf das Opfer gerichtet ist.

Dabei erregte in Österreich vor ein paar Jahren ein ganz anders gelagerter Fall Aufsehen: eine Frau, die von einem Triebtäter überfallen worden war, erschoß diesen im Zuge ihres verzweifelten Kampfes mit mehreren Schüssen. Ging die Frau im ersten Prozeß noch straffrei aus, weil an ihrer Notwehr kein Zweifel bestand hob ein Berufungsgericht das Urteil auf, „da bei mehreren Schüssen nicht mehr von Notwehr die Rede sein kann“ – so in der Urteilsbegründung.

Welche Schlußfolgerung darf man da als Frau ziehen? Wehr Dich, aber nicht zu sehr! Aber wie soll frau denn in so einer Situation ermessen können, was zuviel ist? So manchem Richter möchte man ein Umdenken naheliegen, indem er sich vielleicht einmal vergegenwärtigt, wie er wohl reagieren würde, wären die eigene Frau oder Tochter in so einer Situation …

Im übrigen: Wer würde einen Taschendieb von jeglicher Schuld freisprechen, nur weil sich das Opfer in der Tramway das Geldbörsel ohne Gegenwehr  aus der Hosentasche ziehen ließ?

Vivienne

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