Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  Mai 2004



Einsam, zweisam…

Viel ist passiert im letzten Jahr.
Allein gelassen.
Zog ich mein Leben neu auf.
Ein neuer Job.
Eine neue Wohnung.
Eine neue Frisur.
Wirkte selbstbewusst und stark nach außen.
Und war doch so verletzbar.
All meine Altlasten.
Irgendwo nach hinten verschoben.
Wo sie näher krochen.
Wenn ich allein war.
Und ich fühlte mich so unfertig.
So unsagbar einsam.
Viel war ungesagt geblieben.
Zwischen ihm und mir.
Doch wenn er meinte, er liebte mich nicht mehr…
Dann musste ich das wohl akzeptieren.
Und es war wohl besser.
Allein zu sein.
Als seine Kälte zu spüren.
Als ich noch bei ihm war.
Eine Mauer zwischen uns.
Die Mauer war er selbst.
Weil er längst an jemand anderen dachte.
Von ihr träumte.
Obwohl er es immer bestritt.
Bis zuletzt.
Vergeblich.
Ich hatte ihn einmal mit ihr gesehen…

So versuchte ich mein Leben in den Griff zu bekommen.
Und wenn ich auch mit meinen Aufgaben wuchs.
So war ich doch allein.
Schrecklich allein.
Saß oft daheim.
Vor einem Buch.
Die Beine auf der Couch.
Und hatte das Gefühl.
Die Wände rückten immer näher.
Engten mich ein.
Nahmen mir die Luft zum Atmen.
Ich schlug das Buch zu.
Schlüpfte in die Schuhe.
Lief nach draußen.
Keuchte.
Saugte Luft ein.
Wie eine Ertrinkende.
In den Straßen spürte ich die Einsamkeit nicht so stark.
Setzte mich in ein Cafè.
Bestellte eine Melange.
Und als ich gezahlt hatte.
Fiel mein Handy aus meiner Tasche.
Und du warst derjenige.
Der es aufhob.
Während ich nur zugesehen hatte.
Verdattert.
Wie es auf dem glatten Boden weiter rutschte.
Na?
Dein Blick war leicht ironisch.
Gehört das dir?
Ich sagte nichts.
Nahm nur das Handy.
Und spürte deinen Blick.
Als ich in der Tasche kramte.
Gedanken schossen mir durch den Kopf.
Was wollte der überhaupt?
Und warum zum Teufel setzte ich mich nicht einfach?
Ich setzte mich.
Irgendwie aus dem Konzept.
Wusste nicht warum.
Du setztest dich zu mir.
Ohne zu fragen.
Wie selbstverständlich.
Mit deinem Kaffee…

Stunden haben wir geredet.
Nicht dass ich zuerst wollte.
Im Grunde war mir nicht klar, warum ich dir gegenüber so offen war.
Offen.
Im Sinne von bereit.
Ich schien dich zu kennen.
Und doch auch nicht.
Ich weiß wie du heißt.
Du weißt wie ich heiße.
Und das ist lang nicht alles.
Ich ging heim.
Mit einem merkwürdigen Gefühl.
Alles schien anders.
Meine kleine Wohnung war nicht mehr so drückend.
Die Wände rückten nicht mehr näher.
Als wollten sie mich erdrücken.
Und ich hatte wieder genug Luft zum Atmen.
Seither sehen wir uns jeden Tag.
Das erste Mal bist du einfach vor meiner Tür gestanden.
Und mir war so peinlich.
Dass ich nicht aufgeräumt hatte.
Zeitweise ließ ich mich einfach gehen.
Aber du hast kein Wort darüber verloren.
Mich einfach angelacht.
Meine Hand genommen.
Und eine Sonne begann in mir zu strahlen…
Die seither pausenlos leuchtet…
Du bist da.
Für mich.
Nimmst mich.
Wie ich bin.
Und ich kann nicht mehr verstehen.
Wie ich je glauben konnte.
Ohne ihn nicht mehr sein zu können.
Nicht mehr?
Nie besser.
Seit es dich gibt…

Vivienne

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