Neue Bohnen Zeitung


PHILOSOPHISCHES
von Vivienne  –  Dezember 2003



Was heißt eigentlich: „Ich liebe dich“?

Ich liebe dich.
Wenn ich ehrlich bin, fällt mir im ersten Moment nicht so viel Gutes dazu ein.
Zu abgedroschen wirkt der Satz.
So banal.
Ja, auch verlogen.
Zumindest hin und wieder.
Und trotzdem.
Ist es nicht das Schönste, wenn ein Mensch zu einem andern sagt: „Ich liebe dich.“?
Wenn ich ehrlich bin, manchmal würde ich es mir wünschen, dass jemand diesen Satz zu mir sagt.
Wieder zu mir sagt.
Und ihn auch so meint.

Aber was bedeutet dieser einfache Satz nun?
Was steckt hinter den Worten?

Heißt das: ich gehöre für immer dir?
Oder: wir gehören zusammen?
Mit dieser Interpretation bin ich nicht ganz glücklich.
In meinem Selbstverständnis gehöre ich niemandem.
Ja, ich bin eine sehr eigenwillige Frau.
Ich unterwerfe mich nicht.
Ich brauche meine Freiräume.
Und meine Selbstbestimmung.
Auch wenn Liebe klarerweise nicht „ich“ heißt sondern „wir“.
Denn all das gestehe ich auch meinem Partner zu.
Niemand gehört irgendwem.
Also mit dieser Erklärung bin ich nicht zufrieden.
Sie trifft für mich nicht den Kern.
Also was dann?

Nicht leicht, wenn man so darüber nachdenkt.
Vielleicht bin ich ja zu emanzipiert um jemandem zu gehören.
Aber: ich bin nicht zu emanzipiert um jemandem mein Leben zu schenken.
Jemandem, den ich liebe.
Jenseits von reinem körperlichen Begehren.
Obwohl das natürlich auch dazu gehört.
Jemandem, der mein Leben ist.
Wenn du mich brauchst, bin ich da.
Wie eine Freundin.
Und doch so viel näher.
Und doch weit darüber hinaus.

Aufrichtige Liebe heißt auch deren Endlichkeit ins Auge fassen.
Bis dass der Tod uns scheidet?
Vielleicht.
Vielleicht auch nicht.
Vielleicht ganz anders.
Gefühle können abkühlen.
Menschen können sich ändern.
Es gibt für nichts im Leben eine Gewähr.
Keine Sicherheit.
Auch nicht für die Liebe und deren Beständigkeit.
Eine Liebesgeschichte ist kein Märchen nach dem Motto: „… und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute
Wenn man sich verliebt, wenn man seine Gefühle für den anderen entdeckt, weiß man nie, ob’s gut gehen wird.
Kann schon sein, dass sich manchmal so eine Verliebtheit als „Verwirrung der Gefühle“ entpuppt.
Eine Verwirrung, die man lieber schnell wieder vergessen möchte.

Liebe zu empfinden und zu sagen: Ich liebe dich heißt also auch viel Mut aufbringen.
Mut, zu seinen Gefühlen zu stehen.
Mut zu erklären: ich möchte mit dir leben.
Mut zu versprechen: ich schenke dir mein Leben.
Mut sich immer in Erinnerung zu rufen: wir können auch scheitern mit unserer Liebe.

Aber wenn wir es nicht miteinander probieren, wissen wir es nie.

Das alles heißt: Ich liebe dich! für mich.

Vivienne

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