von Vivienne – August 2004
Scheideweg
Wochenende.
Wir sitzen am Frühstückstisch.
Du trinkst deinen Kaffee.
Versteckt hinter der Zeitung.
Und erzählst mir manches Kuriose, das sich ereignet hat.
Ich nicke.
Scheinbar interessiert.
Brühe meinen Tee auf.
Und bin mit den Gedanken ganz woanders.
Du kennst ihn nicht.
Ich weiß nicht, ob du es ahnst.
Manchmal denke ich, schon.
Und dennoch verlierst du kein Wort darüber.
Du fragst auch nicht nach.
Wo ich gewesen bin, wenn es später geworden ist.
Dein Kuss vermittelt immer dasselbe warme Gefühl.
Dein Blick aus treuen Hundeaugen ist ergeben.
Du liebst mich doch wohl noch immer.
Irgendwie.
Trotz der Streitereien.
Streitereien, die zuletzt überhand genommen haben.
Ich fühle mich oft leer.
Und einsam.
Wenn ich neben dir sitze.
Gemeinsam fernsehen.
Oder einfach Musik hören.
Beschaulich.
Könnte man meinen.
Im Grunde kostet es mich Kraft.
Unser Leben hat keine Höhepunkte mehr.
Nicht nur in der Liebe.
Wir kleben aneinander.
Ich ertrage es nicht.
Was hab ich in der Anfangszeit unsere Liebe oft geweint!
Wie sahen uns nur alle 14 Tage.
Wenn es gut ging.
Und ich sehnte mich nach dir.
Weinte mich in den Schlaf.
Weil ich meinte, nicht mehr ohne dich leben zu können.
Du warst mein erster Mann.
Und ich war überzeugt, du würdest auch mein einziger bleiben.
Mehr verlangte ich nicht vom Leben.
Ich war selber überrascht, wie leicht es dann war, dich zu betrügen.
Dich.
Den Mann, mit dem ich alt werden wollte.
Es ging fast von selbst.
Und als ich mit dem anderen schlief, hatte ich keine Gewissensbisse.
Mehr als das.
In dieser Nacht musste ich nicht einmal an dich denken.
Es tat so gut in jemand anderes Armen zu liegen.
Jemand, der wieder Feuer in mir weckte.
Und Hunger nach Leben.
Ich kann noch einmal neu anfangen.
Kannst du es???
Aber das ist mir auch egal.
Während du dir ein zweite Tasse Kaffee einschenkst, beobachte ich dich.
Du bist nicht viel älter als ich.
Zwei Jahre.
Nicht einmal.
Und doch trennen uns Jahre.
Welten.
Du hast für dich alles erreicht, was du wolltest.
Du stagnierst.
Ein faulendes Gewässer.
Aber mich treibt die Strömung weg.
Behände.
An andere Gefilde.
Es ist vorbei.
Schon lange.
Du weißt es.
Genau wie ich.
Aber als ich aufstehe.
Mir die Jacke anziehe.
In die Schuhe schlüpfe.
Und mit einem kurzen Gruß die Wohnung verlassen will.
Hör ich noch einmal deine Stimme.
Meinen Namen.
Ich drehe mich um.
Und du siehst mich an.
Fast bittend.
Dein Blick sagt alles.
Geh nicht fort
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