Neue Bohnen Zeitung


Die bunte Welt von Vivienne
von Vivienne  –  Juni 2001


Aus dem Leben eines Singles …
Teil 1

Als Single hat man‘ s nicht leicht Nicht nur die Einsamkeit macht einem zu schaffen. Allgemein bekannt auch dieses Manko, dass weit über sexuelle Bedürfnisse hinausgeht: vor allem Zärtlichkeit ist es, die uns ( weiblichen) Singles fehlt. Weit schlimmer als das alles miteinander sind aber die Kuppelversuche diverser „liebender“ Mitmenschen: Freunde, Bekannte aber auch „das eigen Fleisch von Blut“ – die Verwandtschaft – fühlen sich gemüßigt, dem eigenen „Trauma“ ein Ende zu setzten – oftmals nämlich durch ein weit schlimmeres „Trauma“…

Von Hanna und ihrem Bruder habe ich Ihnen ja erzählt. War auch eine recht „lustige“ Sache, so im Nachhinein. –  Gut, die Sache ist mittlerweile hinfällig. Etwas mehr traf mich da schon das „Attentat“ von Sigrid und Hubert, ganz lieben Menschen an sich – lassen Sie sich erzählen:

Ich war etwa vier, fünf Monate von Hermann getrennt. Es begann mir gerade wieder recht gut zu gehen, ich genoss die wiedergewonnene Freiheit. An jenem Samstag oder Sonntag war ich bei Hubert und Sigrid eingeladen. Zu ihrer Information: Hubert ist mein Cousin. Der einzige in der Verwandtschaft, zu dem ich immer ein echtes und inniges  Naheverhältnis hatte. Als besonderen Glücksfall habe ich immer die Tatsache betrachtet, dass ich mich mit seiner damaligen Freundin und jetzigen Frau Sigrid von Anfang an genauso gut verstand. Nach der Trennung von Hermann hatten sie mich ein wenig unter die Fittiche genommen.

So saß ich also bei den beiden auf der Terrasse. Die Spätsommernacht war prachtvoll, und außer ein paar Gelsen störte eigentlich nichts unseren Frieden. Sigrid schenkte mir noch ein Glaserl Wein ein und  meinte in eine längere Sprechpause hinein: „Weißt Du was, Vivienne, Du wirst eigenbrödlerisch.“ Ich sah auf und musterte Sigrid; ich wusste nicht, ob sie das ernst meinte. „Ja,„ wiederholte sie bestimmt. „Du wirst eigenbrödlerisch.“ „Red‘ keinen Unsinn“, widersprach ich. „Doch“, beharrte Sigrid. Und sie begann aufzuzählen: dass ich kaum mehr abends fortginge, dass ich kein Interesse mehr am männlichen Geschlecht zeigen würde, weil ich ja fast ausschließlich in “Weiberpartien“ verkehren würde, dass ich fast keine Initiativen mehr zeigen würde als meinen Beruf,… Sie schloss den Vortrag mit dem Hinweis darauf, dass es Zeit wäre, mich wieder „ins Getümmel“ zu werfen, wie sie es ausdrückte.

Ich war skeptisch. Ich hatte diese kleinen Freuden im Singledasein, die da sind: nur den eigenen Mist wegräumen, nur die eigene Wäsche waschen und bügeln müssen, niemandem Rechenschaft ablegen  müssen, wann ich wo mit wem wieviel Zeit zugebracht hatte,… mittlerweile wieder sehr lieb gewonnen. Eigentlich wollte ich das gar nicht ändern, zumindest nicht so schnell. Aber Hubert begann dann von diesem Arbeitskollegen zu erzählen. Helmut. Einer, der es nie besonders leicht gehabt hatte im Leben. Zwei Jahre älter als ich, eine gescheiterte Ehe hinter sich. Aber eben ein sehr netter und umgänglicher Zeitgenosse, hilfsbereit, irgendein G‘schicht’l war noch dabei, dass er für einen Kredit eines „guten“ Freundes haften hatte müssen und Jahre deswegen gezahlt hatte…

Ich hatte überhaupt nicht das Bedürfnis, mich mit diesem Typen zu treffen. Aber Hubert und Sigrid blieben hartnäckig. „Ganz unverbindlich“, beteuerte mein lieber Cousin. „Nächste Woche grillen wir bei uns. Da kommt dann auch Helmut. Sieh‘ ihn dir doch einfach an. Du bist ja zu nichts verpflichtet.“ Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache, aber ich ließ mich breitschlagen.

 

Eine Woche darauf. Es goss in Strömen. Hubert hatte den Grill unter dem Vordach aufgebaut und war intensiv bemüht, uns mit selbstgefangenen Fischen, vorwiegend Forellen und so, zu versorgen. Uns: das waren neben meinem Cousin und Sigrid der nette Nachbar mit seiner Frau und eben Helmut. Eher mittelgroß, blond, blaue Augen, leichter Bauchansatz. Gut, ich wollte nicht lästern. Ich trage auch ein paar Kilo zu viel mit mir herum. Aber der Haarschnitt war furchtbar, Marke „vergessener Hippy“, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich hatte keine Ahnung, wann er die Haare zuletzt gewaschen hatte, ich schätzte vielleicht vor 10 Tagen.

Der Grill rauchte zum Gotterbarmen und der Wind blies uns den Rauch beständig in die Augen uns ins Gesicht. Nach der „Pflicht“ – Hubert hatte uns schließlich alle mit Forellen versorgt – durften wir endlich ins gemütliche Wohnzimmer. Ich hatte die ganze Zeit gefroren und hatte  nebenbei Small-Talk mit Helmut betrieben. Seine Geschichten drehten sich um seine Erlebnisse beim Fischen, seinem Startrek“-Verein, dem er angehörte und seinem Hang zum Esoterischen. Ich bin ja der Astrologie und diversen esoterischen Belangen selber nicht ganz abgeneigt, und so kam ein akzeptables Gespräch zustande.

Sigrid kredenzte uns ein paar gute Weine aus dem hauseigenen Bestand. Ich trank ein bisserl mehr als mir guttat. Irgendwann war mir dann der gute Helmut gar nicht mehr so z’wider und der Bauchansatz hatte das Bedrohliche verloren. Weit nach Mitternacht – es goss nach wie vor wie aus Kübeln – brachte mich Helmut heim. Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: zu ihm heim. Er wohnte gerade zehn Autominuten von Sigrid und Hubert entfernt. Und in dem Moment war mir alles recht.

In Helmuts Wohnung wurde ich schnell nüchtern. Startrek-Insignien lachten mir  überall entgegen: an den Wänden, an der Decke. In einem Eck ein überdimensionaler Spock-Schädel, der mir im ersten Moment den Angstschweiß ins Gesicht trieb. Helmut drehte einen Schalter, das  unangenehme Licht tat meinen Augen weh. Irgendwo in dem Chaos ein Bett mit dunklem Startrek-Bezug, auf das Helmut zielsicher zusteuerte.

Ich saß auf dem Bett und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Helmut werkte in der Küche, er wollte was zu trinken holen. Plötzlich war da auch diese Musik, irgend etwas Sphärisches, die das mulmige Gefühl in meinem Bauch noch verstärkte. Helmut drückte mir ein Glas mit etwas Alkoholischem in die Hand, das er selber schon reichlich gekostet hatte, wie ich roch und bei seinen Küssen auch deutlich schmeckte.

Ich will weg, dachte ich mir. Helmut begann meine Bluse aufzuknöpfen und beschäftigte sich mit meinem Busen. Was will der von mir? fragte ich mich und riss mich aus einen Armen. Völlig verwirrt starrte mich Helmut an und fragte, was denn los sei mit mir. Ich konnte wieder klar denken. Und ich wusste ganz sicher, dass ich hier nicht die Nacht verbringen wollte. Schon gar nicht mit ihm. Ich stand auf und knüpfte mir die Bluse wieder zu. Helmut brachte den Mund nicht zu. „Was soll das?“ meinte er schließlich aufgebracht.

„Ich weiß nicht, was du willst“, antwortete ich. „Aber ich will raus.“ Ich schnappte meine Tasche und die Jacke und kämpfte mich durch das Chaos hinaus. Zumindest einmal weg vom Bett. Helmut schimpfte hinter mir nach. Ich will das gar nicht wiederholen. Die meisten Kraftausdrücke habe ich mir auch gar nicht gemerkt. Ich war damit beschäftigt, den Ausgang zu finden. Schließlich schaffte ich es zur Tür hinaus. Als ich die kühle Luft im Stiegenhaus atmete, ging es mir wieder einigermaßen. Während ich die Stufen hinunterlief, schrie mir Helmut sozusagen zum Abschied ein paar „nette“ Worte nach. Mit dem Handy rief ich dann Hubert an. Er möge mich sofort abholen.

Hubert sagte nichts.  Aber er war schnell da, sehr schnell sogar. Eine halbe Stunde später hatte ich schon geduscht und lag bei Sigrid und Hubert auf der Couch. Ich war wütend, aber ich sagte nichts. Vor allem aber wütend auf mich selbst Hätte eine schöne b’soffene G’schicht werden können… Sigrid bemühte sich mit mir zu reden, aber ein kurzer Blick von mir und sie verließ das Wohnzimmer.

Am nächsten Morgen, so gegen elf Uhr um genau zu sein, konnte ich schon wieder lachen. Ich frühstückte mit den beiden und erzählte dabei Details von der „Nacht“. „Ein intergalaktisches Abenteuer“, wie ich es nannte. Helmut rief irgendwann einmal an, er wollte mich sprechen, aber ich wollte nicht zum Telefon. Kein Bedarf, diese „Bekanntschaft“ aufzufrischen. Was ich mir trotzdem nicht verbeißen konnte, waren Fragen: Wie die beiden darauf gekommen waren, ich könnte mir gerade mit diesem „Verrückten“ ernsthaft etwas anfangen wollen. Ob den von den Beiden keiner je diese Wohnung gesehen hätte mit diesem furchtbaren Spock-Schädel…

Nicht dass mein Verhältnis zu Hubert und Sigrid ernsthaft darunter gelitten hätte. Dazu kenne ich die beiden schon zu lange und zu gut. Aber glauben Sie mir: selbst nahestehende, ja, vertraute  Menschen haben oft unglaubliche Ideen, wer zu einem passen könnte. Ein Tipp: Lassen Sie sich nicht verkuppeln. Nicht wegen der Typen, die Ihnen dabei unterkommen sondern viel mehr wegen der Erkenntnis über die Menschen, die eben solche Typen als passend und richtig für Sie erachten. Machen Sie sich lieber gleich aus dem Staub, wenn’s um solche Themen geht. Vor allem, wenn Ihnen an den „Kupplern“ etwas liegt. An so etwas können Freundschaften zugrunde gehen, kein Schmäh…

Allein sein hat auch was Gutes. Zumindest manchmal.

Vivienne

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