von Vivienne – Jänner 2005
Was einer Frau zuzumuten ist…
Ein merkwürdiger Zufall, dass ich zuletzt in meinen Beiträgen immer wieder direkt oder indirekt auf Mutterschaft Bezug nehmen muss. Aber das liegt nicht an mir sondern an den Gegebenheiten, die ich Ihnen, liebe Leser, auch in diesem Fall nicht vorenthalten möchte. Eine schwangere Bäuerin aus Oberösterreich, um deren Person bisher der Mantel des Schweigens gedeckt worden war, musste bei einer Untersuchung erfahren, dass ihr Kind nicht lebensfähig sein würde. Ein lebenswichtiges Organ fehlte dem Ungeborenes, weswegen er nach der Geburt bald sterben würde, erläuterte der Arzt der geschockten Frau, was er festgestellt hatte.
Die geschockte Frau ließ in der Folge das Kind abtreiben. Menschlich nachvollziehbar, denn eine Schwangerschaft ist an sich schon kein Honiglecken, wie mir jede Mutter bestätigen wird, und sich dann auch noch seelisch auf ein lebensunfähiges Kind einstellen, das vielleicht nicht einmal einen Tag alt werden wird, bei aller ärztlichen Kunst, ist unzumutbar. Meine ich. Wer je mit Frauen gesprochen hat, die wussten, dass sie ein totes Kind zur Welt bringen müssen, wird mir nur beipflichten können, dass es mit zum Schlimmsten gehört, das einer Mutter passieren kann. Man sollte also davon ausgehen können, dass die betroffene Bäuerin, die sich zu diesem schweren Schritt entschlossen hat, auch davon ausgehen durfte, dass die Kosten für diese Abtreibung von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern übernommen werden würde.
Dem war aber nicht so, auch wenn sich diese nun nach langem Hickhack und medialen Angriffen bemühen wird, dass jene Frau den Eingriff nicht selber bezahlen muss: anfangs weigerte sie sich entschieden selber dafür aufzukommen, denn diese Abtreibung wäre nicht medizinisch induziert. Das Leben der Mutter sei durch diese Schwangerschaft nicht gefährdet gewesen, so der Tenor Fein, und was sich eine Frau in einer derart schlimmen Situation in den Monaten bis zur Geburt mitmacht zählt ja auch nicht im Geringsten. Zum Verlust des Kindes, auf das sich die Frau sicher schon gefreut hat, auch noch ein (möglicher) finanzieller Engpass: fast 2500 Euro kostet eine Abtreibung, ein Betrag, den man nicht unbedingt aus dem Armgelenk schüttelt.
Wie gesagt, man wird sich bemühen für die Frau eine Lösung zu finden. Aber arg finde ich es schon, wie streng in so einem Fall nach dem Buchstaben dieses Gesetz gehandhabt wird und wie wenig Menschlichkeit gerade in so einer tragischen Geschichte eine Rolle spielt. Wäre nicht der Druck der Medien gewesen, davon bin ich überzeugt, gäbe es jetzt nicht einen Hoffnungsschimmer für die betroffene Frau und ihre Familie, dass ihr zumindest der finanzielle Verlust erspart bleibt. Als Frau hat man immer wieder mit Fallstricken zu kämpfen, und das ist jetzt nicht zynisch gemeint. Alles andere als das. Im Berufsleben benachteiligt, schlecht bezahlt und mit geringeren Karrierechancen werden wir durchaus auch von den eigenen, ach so verständnisvollen Geschlechtsgenossinnen in das enge Korsett für die einzig Verantwortlichen für Verhütung gedrängt.
Wir sind ja ohnedies die Trägerinnen der Erbsünde, Eva war schließlich eine von uns, also müssen wir uns das und Ähnliches auch notwendigerweise gefallen lassen. Aber wirklich? Aber wirklich nicht! Frau kann sicher nicht gleich alles umrennen, und von einer festen Solidarität unter dem weiblichen Geschlecht sind wir auch noch weit entfernt, aber gerade in so frauenspezifischen Angelegenheiten müssen wir uns wirklich auf die Füße stellen und dürfen uns nicht mehr gefallen lassen, als unbedingt nötig. Kein Mann hat auch nur der Dunst einer Ahnung, was sich eine Frau in den fruchtbaren Jahren ihres Lebens von PMS, über Menstruationsbeschwerden bis hin zur Verhütung teilweise wirklich mitmachen muss. Und seien wir ehrlich, die wenigsten interessiert es wirklich. Es fehlt ihnen der Bezug und damit auch das richtige Verständnis der weiblichen Seele!
Welcher Mann hat Einblick darin, wie die Psyche einer Frau der Spielball ihres sich verändernden Hormonspiegels wird? Wir sind als die launischen Zicken stigmatisiert, mit denen man so oft nichts anfangen kann, während wir durch die Pille unseren Hormonhaushalt ruinieren. Viele Frauen leiden an solchen und ähnlichen frauenspezifischen Problemen, es wird aber noch immer viel zu wenig geredet darüber. Weil frau sich schämt, weil frau sich scheut, so was zuzugeben. Und die meisten Gynäkologen sind Männer fast so man verzeihe mir den Vergleich – als würde man den Bock zum Gärtner machen, denn nur eine Frau selber kann nachvollziehen, was in einem Frauenkörper vor sich geht. Und damit auch in ihrer Seele
Ich will hier nicht das männlichen Geschlecht verdammen, in keinster Weise, aber es gibt so viel Bereiche im Leben, die im Grunde nur uns Frauen etwas angehen und in denen wir uns viel zu viele Vorschriften machen lassen. Und es ist an der Zeit, dass wir Frauen uns auf die Füße stellen und dort einmal auf unsere Rechte pochen. Es kann nicht sein, wie im oben beschriebenen Fall, dass eine Bäuerin, die schon gestraft genug ist mit dem Verlust ihres Kindes, auch noch betteln gehen muss, dass man ihr wenigstens die Kosten für die notwendig gewordene Abtreibung ersetzt bzw. bezahlt. Es geht da im Besonderen auch um die Würde der Frau und in so vielen vergleichbaren Bereichen geht es weniger um Geld und Vorteil als um die Würde von uns Frauen. Und das Recht, in unseren ureigensten Bereichen auch für uns selber zu entscheiden.
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