Neue Bohnen Zeitung


von Vivienne  –  Dezember 2004



Gleicher als die anderen…

Seit Tagen ist das deutsch-österreichische Schauspieler-Traumehepaar Wussow-Fortell aus den Schlagzeilen der hiesigen Zeitungen und Zeitschriften nicht wegzudenken. Aber nicht wegen neuer Traumrollen oder gar bevorstehenden hohen schauspielerischen Ehrungen verstummt das Rauschen im Blätterwald nicht mehr. Die beiden erfolgreichen Schauspieler (Schlosshotel Orth, Traumschiff, …), die teilweise Traumgagen für ihre Auftritte in diversen Fernsehserien und TV-Filmen beziehen, stehen nämlich unter starkem Beschuss: Beide haben nicht nur in Zeiten ohne Engagements Notstandshilfe bezogen, wegen der – O-Ton – „anrechenbaren Zeiten für die Pension“, Fortell, die eine Hälfte des Paares, hat auch in einem Auftritt kürzlich bei Vera Russwurm keinen Zweifel daran gelassen, dass er dazu steht und keinen Grund sieht, das in Zukunft zu unterlassen.

Und vor allen Dingen auch nicht glaubt, dass er andere Arbeitslosen- und Notstandshilfebezieher, die vergleichsweise mit Bagatellbeträgen auskommen müssen, brüskiert zu haben. Rechtlich, das sei an dieser Stelle natürlich auch erwähnt, ist diese Vorgangsweise abgesichert. Wie jeder andere kleine Österreicher können natürlich auch Schauspielstars in Zeiten ohne Rollenangebote Leistungen vom Arbeitsamt beantragen. Und das ist genau in diesem Fall geschehen. Fortell war ohne Engagement, Wussow erwartete das gemeinsame Kind, in dieser Situation wird vermutlich der Steuerberater dem Ehepaar geraten haben, die einkommenslose Zeit derart zu überbrücken.

Selbstverständlich muss man auch die Traumgagen der beiden Schauspieler relativieren: davon werden ganz regulär Steuern bezahlt (um die 50 %), ebenso werden auch die Agenten, die sich um die Rollen der beiden kümmern, abgegolten. Unterm Strich bleibt also sicher nicht so viel übrig, wie man im ersten Moment annehmen könnte. Und wenn man nicht gerade in einer Endlosserie mitspielt, gibt es die tolle Gage eben auch nur für einen festgesetzten Zeitraum. Aspekte, die man sicher nicht außer Acht lassen darf. Trotzdem stört mich in dem Zusammenhang vor allem Fortells Arroganz, denn die schiefe Optik stört ihn keinesfalls. Dass es Notstandshilfebezieher gibt, die sich mit einem Bruchteil seiner Bezüge (oder der seiner Frau) zufrieden geben müssen, verdrängt er oder es kümmert ihn nicht.

Im Grunde müsste unter diesem Blickwinkel das Gesetz über Bezüge von Leistungen aus dem Arbeitslosentopf neu geregelt werden. Um mehr Fairness zu schaffen – immer vorausgesetzt, der Gesetzgeber hat auch ein Interesse daran. In dem Zusammenhang amüsiert mich besonders die Vorstellung von jenem Szenario, wenn sich Fortell und Wussow in regelmäßigen Abständen am AMS melden mussten, damit ihnen der Bezug nicht gestrichen würde. Zumindest gesetzt den Fall, diese Regelung galt für die beiden Schauspielstars auch. Ich selber habe in meinem Leben immer wieder mit Arbeitslosigkeit zu kämpfen gehabt, teilweise leider auch mit längerer. Die Verachtung oder auch die Gleichgültigkeit, die einem dabei teilweise von Seiten des AMS entgegenschlägt, wünsche ich niemandem.

Und das, obwohl ich bei meiner letzten Arbeitslosigkeit mit einem Hungerbetrag von nicht einmal 380 Euro im Monat auskommen musste (im Abrechnungszeitraum hatte ich unglücklicherweise nur halbtags gearbeitet) und man kann daher nicht unbedingt behaupten, ich wäre dem AMS spürbar auf der Tasche gelegen. Trotzdem wurde ich am Arbeitsamt teilweise wie ein Bittsteller oder ein Sozialschmarotzer behandelt und zwecks Verschönerung der Statistik in einen unsäglichen AMS-Kurs abgeschoben. Als Otto-Normalverbraucher bist du am AMS nur eine Nummer, es zählen nur Statistiken, der Mensch dahinter ist uninteressant, außer wohl: er trägt einen klingenden Namen… Arbeitslose haben keine Lobby, und seit es sich ein bekanntes österreichisches Kleinformat zur Aufgabe gemacht hat, immer wieder „Sozialschmarotzerreportagen“ zu bringen, in denen in mehreren Kapiteln und betont einseitig von der angeblich großen Schar derer berichtet wird, „die eh nie arbeiten gehen wollen“ und nur zu gern auf Kosten der Steuerzahler leben, steht man als Arbeitsloser ohnedies in keinem guten Licht da.

Wie viele Firmen ungestraft das Arbeitsrecht mit Füßen treten und ihre Angestellten ausbeuten, wie viele Arbeitnehmer in ihrem Job gemobbt werden, sexuell belästigt oder auch einfach „nur“ sehr schlecht bezahlt – wird in solchen Studien gerne verschwiegen. Und das AMS vermittelt trotzdem wissend wie willig „wehrlose“ Arbeitslose an derartige Unternehmen, so wie an jenes große wie „schwindlige“ Call Center im Zentrum von Linz, von dem ich schon öfter berichtet habe und das mittlerweile Konkurs anmelden musste. Wenn man diese Situation ganz zynisch ins Auge fasst, kann man das Verhältnis von Arbeitgeber zu Arbeitnehmer auch gerne mit dem Verhältnis von Mann zu Frau in der Arbeitswelt wie in der Gesellschaft betrachten. Auf den Punkt gebracht: der Arbeitnehmer ist immer in der schlechteren Position, was immer er aus welchen Motiven auch tut.

Zurück zu Albert Fortell und Barbara Wussow: was sie aus der Masse der „normalen“ Arbeitslosen hervorhebt ist neben dem klingenden Namen auch die Tatsache, dass man im Fall der beidem wohl auch davon ausgehen durfte, dass nicht allzu viel Zeit bis zu neuen Engagements ins Land ziehen würde. Gerade auch deshalb kann ich nicht nachvollziehen, dass das prominente Paar unbedingt auf die Ausbezahlung solcher Leistungen bestehen musste. Persönlich in so einer Position würde ich selber halt immer danach trachten etwas Geld auf der Seite zu haben, auf das ich in Notfällen zurückgreifen kann. Ich darf Ihnen versichern, liebe Leser: man fährt sehr gut damit! Aber ich gebe auch gern zu: ich bin weder Barbara Wussow noch Albert Fortell – und im Gegensatz zu den beiden führe ich auch noch immer ein stinknormales Leben, mit beiden Beinen auf dem Boden!

Vivienne

Link: Alle Beiträge von Vivienne

 

Schreibe einen Kommentar