Neue Bohnen Zeitung


KRITISCH BETRACHTET
von Vivienne  –  März 2002



Gedanken zum Weltfrauentag
(von einer überzeugten Nicht-Emanze)

Heute ist der 8. März, heute ist „Welt-Frauentag“ wie es seit dem frühen Morgen aus dem Radio tönt. Wetten, es gibt wieder etliche Veranstaltungen „zum Tag“, an denen „Parade-Emanzen“ aufmarschieren und gewichtige Floskeln dreschen; Fernsehen, Radio und Zeitungen werden sich intensiv dem „Motto des Tages“ widmen. Auf die Gefahr hin, wütende Proteste zu ernten, möchte ich an dieser Stelle eine provokante Frage stellen und in der Folge gleich versuchen, sie selbst zu beantworten:

Liebe Frauen, liebe Männer – brauchen wir eigentlich einen Frauentag????

Damit kein Missverständnis aufkommt: ich möchte hier nicht dem Patriarchat huldigen, nichts weniger als das! Dass die Menschheit weit entfernt von einer völligen Gleichstellung beider Geschlechter ist, steht ohnehin außer Frage. Ich wage es nur etwas in Frage zu stellen, was meiner Meinung nach im Moment nur Augenauswäscherei ist und Selbsthuldigung einer Gruppe von „fortschrittlichen“ Frauen, und vor allem weit an den momentanen realen Gegebenheiten vorbeiläuft. Die Menschheit ist noch nicht „reif“ für die völlige Gleichstellung von Mann und Frau, so schaut es nun mal aus und solche Dinge kann man nicht per Gesetz, per Dekret von einem Tag auf den anderen ändern.

Ich erinnere mich an ein Interview, das ich im letzten Sommer im Auftrag einer Provinzzeitung mit der Vizebürgermeisterin einer  Mühlviertler Gemeinde führte. Neben dem Aspekt, dass die gute Frau eine der ersten in der Gegend in einem solchen Amt ist, streifte das Gespräch auch die „Quote“: jene gesetzliche Regelung, die in bestimmten Ämtern und Positionen vorsieht, dass für nachzubesetzende Posten solange Frauen eingestellt werden, bis ein Gleichstand von 50% zwischen Männern und Frauen annähernd erreicht ist. Ich beging den Fehler, ihr gegenüber diese „Quote“ und ihre Sinnhaftigkeit in Frage zustellen, bevor die Leute „reif wären dafür“: es war, als hätte ich ein Wespennest gestochen, die gerade noch freundliche Atmosphäre kippte in eine dem „Kalten Krieg“ nicht unähnliche Situation und ich zog es vor, mich rasch aus dem Staub zumachen.

Man darf das offenbar nicht, speziell als Frau die Quote oder ähnliche angebliche „frauenfreundliche“ Regelungen, die in Richtung „Gleichberechtigung“ gehen, abzulehnen obwohl es sich gerade dabei offensichtlich sehr oft nur um Alibi-Aktionen handelt, die nichts wirklich bringen. Ich vertrete die Auffassung, dass Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau eine „Geisteshaltung“ ist, die der Gesetzgeber mann oder frau nicht per Dekret „oktruieren“, also aufzwingen, kann. Kommen wir gleich zum Wörtchen „man“, das in Kreisen von Parade-Emanzen gern durch „frau“ ersetzt wird. Besagte meinen nämlich, das schlichte „man“ habe „Mann“ als Ursprung, sei deshalb mehr oder weniger sexistisch und für Frauen daher nicht akzeptabel. Diese „Ursprungsgeschichte“ hat nur einen, dafür um so gewaltigeren Haken: in unserer Sprache haben etliche Wörter Einzug gehalten, die in ihrer früheren Bedeutung alles mögliche hießen nur nicht das, was sie jetzt bedeuten.

Musterbeispiel: unser Tisch kommt aus dem Griechischen und entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte aus dem „Diskus“ – Sportlern bestens bekannt. Gibt es deshalb eine Veranlassung den Tisch aus unserem Sprachschatz zu streichen und durch ein Wort zu ersetzen, das immer schon „Tisch“ hieß (falls es das gibt?)? Vielleicht kommt Ihnen das lächerlich vor, aber ich bin der Überzeugung, dass man auch Sprache nicht so mir-nix, dir-nix verändern kann. Das Deutsch, das wir jetzt sprechen, hat sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt, verschiedenen Gegebenheiten angepasst und ist somit der Beweis für einen langen Entwicklungsprozess. Die Sprache oder der Wortschatz ändern sich nicht, wenn das – verzeihen Sie die Formulierung! – einige weltfremde Feministinnen fordern, sondern all die Änderungen, die eine Sprache mitmacht, müssen auch angenommen worden sein von den Leuten, die sie sprechen. Und das setzt eben eine gewisse Geisteshaltung voraus, eine Bereitschaft dazu. „Handy“ etwa, um ein Modewort zu gebrauchen, wurde halt auch nur übernommen, weil die Leute den Ausdruck akzeptierten. Gerade im Falle von „man“ bzw. „frau“ fehlt mir persönlich die Überzeugung, dass diese überfeine Unterscheidung überhaupt etwas bringt oder notwendig ist. Ich selber setze es beim Schreiben eigentlich nur als Stilmittel ein, und ganz bewusst nur im Zusammenhang mit „mann“, aber nicht in meiner Umgangs-Sprache.

Ich denke auch nicht, dass „man“ frauenfeindlich ist, im Gegenteil: betrachtet man die englische Sprache so ist die – wenn man im Zusammenhang mit einer Sprache überhaupt von „frauenfeindlich“ reden kann – sehr viel „männerlastiger“ als unsere, wenn Sie wissen was ich meine. Und ich denke auch, dass man eine Geisteshaltung der Menschen, wie sie zu einer Gleichstellung der Geschlechter nötig wäre, nicht auf Umweg über die Sprache z.Bsp. erreichen kann, sondern nur der geistige Entwicklungsprozess selbst führt in der Folge zur Weiterentwicklung, zur Änderung der Sprache – falls es notwendig ist.

Also zurück zum Frauentag: Mit einem „Weltfrauentag“ allein kann man die Menschheit auch nicht verbessern. Wie man sie mit einem „Weltrauchertag“ nicht dazu bringt, mit dem Rauchen aufzuhören oder gar nicht erst mit dem Laster zu beginnen – schrecklichen Folgekrankheiten wie Lungenkrebs zum Trotz. Wie man sie mit einem „Weltgesundheitstag“ nicht davon abhält, sich kalorien- und fettreich zu ernähren oder allgemein ungesund zu leben. Wie man sie mit einem „Welt-Aidstag“ nicht überzeugt, sorgsam in der Wahl der Geschlechtspartner zu sein und bei häufigem Partnerwechsel Kondome zu benutzen. Kein Mensch weiß, wieviel Wasser noch die Donau hinunterlaufen wird bis die eine oder andere Maßnahme greift, sich Vernunft vor Gewohnheit und Bequemlichkeit durchsetzt. Es braucht halt Zeit und Geduld. Aber „der Aufmarsch der Parade-Emanzen“ an solchen „Pflicht-Tagen“ schreckt mich eher ab und weckt vor allem meinen Widerspruch und nicht meine Zustimmung. Aufklärungsarbeit und Information sind natürlich wichtig, aber „es muss passen“, um es salopp zu formulieren. Nichts kann eine Idee aufhalten, deren Zeit gekommen ist.

Wie ein Same zu keimen beginnt, wenn er endlich die richtigen Bedingungen vorfindet. Und bis ein großer, starker Baum daraus gewachsen ist – das dauert halt seine Zeit. Es bringt nichts, den Leuten, um eine Metapher zu gebrauchen, einen Kunststoffstrauch vorzusetzen: der ist steril, den haut zwar nichts um, aber der wird selber nie Samen bringen, die die Frucht, die „Botschaft“ weitertragen, auf dass sie sich auf der ganzen Welt durchsetzen möge… Deshalb ist gießen und jäten und hegen und pflegen schon wichtig, aber wann der Keim aufgeht, können wir nicht wirklich beeinflussen: Sonne, Wind, Unwetter, Kälte, Schädlinge, etc. sind Faktoren, die ohne unser Zutun auf den Samen und seine Entwicklung einwirken, meint

Vivienne

 

Link: Alle Beiträge von Vivienne

 

Schreibe einen Kommentar