Lit Split

„Hey du, was treibt dich an?“ Der Riesenkerl am Steuer dieses Autobahndampfers wollte mir doch ein Gespräch aufzwingen, zu dem ich eigentlich überhaupt keine Lust hatte. Über meine Einträgliche Profession würde ich diesem Kerl aber nichts erzählen wollen.
„Das übliche halt.“
„Kohle machen? Bei den Franzmännern?“
„Ja, das auch!“
„Trampst du schon lange?“
„Schon solange ich denken kann.“
Wenn man trampt, mein Freund, hinterlässt man kaum Spuren in der Landschaft. Für solche wie mich überlebenswichtig.
Müde schloss ich die Augen. Das sonore Lied des Motors wirkte äußerst einschläfernd.
Das musste wohl auch der Grund sein, dass Kerle wie der da, solche Typen wie mich gerne zur Gesellschaft haben.
Brummifahren muss wohl scheißlangweilig sein und einzupennen war die größte Gefahr für die Kapitäne der Landstraßen.
„Ne Kippe?“
„Nein danke, ich rauche schon lange nicht mehr.“
„Na dann.“
Wars das? Noch etwa dreiviertel Stunden und wir wären in Straßburg.
„Paris, häh?“
„Ja Paris noch heute, das wärs.“
„Na, ich fahre nur noch über die Grenze. Du weisst schon, die acht Stunden-Regel. Ich mach dann erstmal Schicht.“
„Ja, wird schon. Ich habs nicht wirklich eilig. Und vielleicht klappts ja doch noch heute mit `ner Gelegenheit nach Paris.“
„Stell dich am besten direkt an die Autobahnauffahrt, dann nimmt dich ein Kollege Bestimmt noch mit.“
Na klar, wer wohl sonst?
„Mach dir mal keinen Kopf.“
„Mach ich doch gar nicht. Ich möchte dir nur`n Tipp geben.“
„Ja, das hab ich schon verstanden.“
„Na, dann ist`s ja gut.“
Jetzt hatte ich ihn doch wohl vergrätzt. Der Kapitän war jetzt beleidigt? Na, nicht gerade mein HauptProblem.
Ich sah zu ihm rüber. Er stierte stumm durch die Windschutzscheibe in die aufziehende Nacht hinaus. die ließ nur noch durch die Lichter des Lasters einen vagen Blick auf die Fahrbahn zu. Auch sein Gesicht war nur durch die Armaturen blass beleuchtet.
Er blickte aber schließlich doch wieder zu mir herüber.
„Die Bullen bei den Franzmännern sind verdammt heiß.“
„Sind sie das?“
„Die kennen kein Pardon bei den Deutschen, und ich sag dir, alle Fahrtenschreibertricks.“
Die Bullen hätten mir gerade noch gefehlt. Ich musste an die geladene Knarre in meinem Rucksack denken.
„Vor zwei Wochen, ich kam aus Lissabon und hatte schon 12 Stunden auf der scheibe und da haben sie mich doch tatsächlich abgefischt und ordentlich gefilzt. Du weisst ja, Verdacht auf Stoff aus Marokko.“
„So, und waren sie erfolgreich?“
„Bei mir doch nicht. Ich kenn doch die wirklich guten Verstecke in meinem Schweden.“
„Deinem Schweden?“
„Ja, die Karre hier ist doch aus Schweden. Ein Scania!“
„Hab ich auch mal gehabt, son alten Schweden. Einen Volvo!“
„Qualität aus Schwedenstahl, klasse!“
Meiner war aber aus Gent, mein freund. Ein astreiner Belgier! Also nix mit Schwedenstahl und klasse! Eigentlich ne Mistkarre.
„Ja, so isses.“
„Au, Scheiße, wenn man vom Teufel spricht! Da sind sie doch auch schon!“
Ja, verdammt, die Deutschen sind auch nicht auf den Bart gefallen. Die Bullen meine ich. Bullen sind sich doch irgendwie alle gleich.
Ich hoffte seine Aufmerksamkeit, die nun voll auf den Streifenwagen vor uns gerichtet war, nur nicht gerade jetzt auf mich zu lenken, als ich den Rucksack hinter meiner Sitzrückenlehne verschwinden zu lassen suchte.
„Überlass das Reden einfach mir. Ich hab da Routine.“
„Tue ich sehr gerne.“
Na klar, mein Freund. Wenn die Bullen mit ihren Griffeln erst mal hier herum wühlten, würde ich in verdammte Erklärungsnot kommen. Und ganz bestimmt heute nacht nicht mehr nach Paris.
Und meine Zielperson würde sich vorerst noch seines armseligen Lebens erfreuen.
Etwas, das nun gar nicht in meinem Interesse lag.
Es gab nunmal solche Aufträge, die keinerlei Aufschub duldeten.

Chefschlumpf

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