Liebeskrank – Teil 6

Du siehst besser aus.
Ganz entschieden.
Meine Freundin mustert mich aufmerksam.
Sie lächelt fast ein wenig erstaunt.
Was ist nur los mit dir?
Bist du etwa wieder… verliebt?
Ich spüre einen Stich, als sie das sagt.
Und schüttle den Kopf.
Nein.
Ich bin nicht verliebt.
Dann muss ich an Frank denken.
An ihn.
Ich weiß, dass ich nicht verliebt bin.
Aber weiß er es?
Ich trinke meine Melange genießerisch.
Das habe ich lange nicht getan.
Meine Freundin verzieht die Lippen leicht spöttisch.
Du kannst mir ja viel erzählen…
Aber du wirkst ganz anders auf mich.
Lebendiger.
Frischer.
Da gibt es doch jemanden, oder?
Jetzt rück schon raus mit der Sprache…
Ich bin ganz Ohr.

Wieder weckt sie Widerspruch in mir.
Kann sie mich nicht einfach in Ruhe lassen?
Aber dann erzähle ich es ihr doch.
..vor das Auto gelaufen?
Der schrille Tonfall ihrer Stimme tut mir weh.
Und jetzt seht ihr euch regelmäßig?
Na, ist das nicht wunderbar?
Frank heißt er, sagst du?
Wie alt ist er denn?
Und was macht er beruflich?
Ich seufze genervt auf.
Hey.
Wir sind Freunde.
Und ganz sicher nicht mehr.
Verwechsle das jetzt nicht!
Mach nicht mehr aus der Sache als da ist.
Aber wir verstehen uns gut.
Wirklich gut…
Während ich das sage, taucht sein Gesicht vor meinen Augen auf.
Franks Gesicht.
Und wieder spüre ich diesen Stich.
Weiß er, dass ich ihn nicht liebe…?

Ich glaube es nicht.
Zwei Tage später spaziere ich mit ihm durch die Stadt.
Er freut sich wieder sichtlich, mich zu sehen.
Auf seine stille, unauffällige Art.
Er ist ganz anders wie du.
Er redet nicht so viel.
Er lässt mich reden.
Und hört zu.
Aufmerksam.
Aber was er sagt, hat Gewicht.
Und wenn er lächelt, dann leuchten seine Augen.
Dieses dunkle Blau.
Das macht mich verlegen.
Ich sehe dann auf die Seite.
Und rede von etwas anderem.
Ich weiß, dass er es bemerkt.
Aber äußerlich zeigt er es nicht.
Aber ich frage mich, ob er…
Habe ich das Recht, mit ihm auszugehen?
Immer wieder?
Immer öfter?
Bin ich im Grunde um keinen Deut besser als du?
Nehme ich von ihm, was du mir nicht geben konntest?
Das, was ich dir gab?

Und doch.
Es geht mir besser, seit ich ihn kenne.
Er gibt mir den Halt, den ich seit Monaten vermisse.
Er ist gekommen wie eine Antwort auf meine Gebete.
Er hat mir das Leben neu geschenkt.
Im wahrsten Sinn des Wortes.
Ich will jetzt nicht hinterfragen.
Nicht jetzt!
Endlich schmerzt die Wunde nicht mehr so stark.
Während ich das denke, nimmt er meine Hand.
Als ahnte er meine Gedanken.
Sieht mich von der Seite an.
Du solltest nicht immer so viel grübeln.
Das macht Kummerfalten!
Ich lächle mechanisch zurück und versuche an etwas anders zu denken.
Ein dunkles Eichkätzchen läuft in der Allee über die Straße.
Flink wie ein Wiesel klettert es auf den nächsten Baum.
Frank lächelt mich an.
Wie wenig weiß ich eigentlich von ihm!
Wird mir bewusst.
Wie wenig….

Er bringt mich wieder bis zur Wohnungstür.
Normalerweise fragt er mich, wann wir uns wieder sehen.
Heute nicht.
Ich hole dich morgen dann gegen 17:30 Uhr.
Passt das?
Ich bin etwas erstaunt.
Wie selbstverständlich kamen die Worte über seine Lippen!
Doch bevor ich noch etwas sagen kann, küsst er mich kurz auf den Mund.
Zum Abschied.
Bis Morgen, dann.
Ich freue mich schon!

Seine Augen leuchten wieder…

© Vivienne

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