Liebeskrank – Teil 4

Ein paar Wochen sind wieder ins Land gezogen.
Ich bin blass geworden.
Und fast dünn für meine Verhältnisse.
Was zig Diäten nicht geschafft haben, das hast du geschafft.
Zumindest der Entzug von dir.
Die Freude über die kleinere Kleidergröße ist gering.
Ich gehe mit einer Freundin shoppen.
Doch nichts gefällt mir.
Nichts wirklich.
Und als wir uns anschießend in ein Café setzen, schleppt sich unsere Unterhaltung träge dahin.
Über dich will ich nicht reden.
Obwohl sie mich drängt.
Und nicht versteht.
Glaubst du nicht, dass es leichter wird, wenn du dich ausredest?
Sie schüttelt missbilligend den Kopf.
Du leidest doch nur.
Ich würde ihn nicht meiden.
Außerdem.
Glücklich sieht er auch nicht aus.
Du machst euch beide kaputt!

Sie geht mir auf den Geist.
Ich denke es mir die ganze Zeit.
Niemand muss mich verstehen.
Das erwarte ich gar nicht.
Aber meine Ruhe will ich haben.
Und es ist mir egal wie du dich fühlst dabei.
Warum soll es dir besser gehen als mir???
Ich erschrecke fast bei diesem Gedanken.
Ich bin hart geworden.
Ich nippe an meiner Melange.
Und sage wenig.
Meine Freundin sieht mich an.
Ihr Blick sagt mir unmissverständlich.
Wie kann man nur so verrückt sein?
Deswegen eine Freundschaft auf’s Spiel setzen?
Aber das ist der Punkt.
Für mich ist es mehr als eine Freundschaft gewesen.
Ich habe dich geliebt…

Mit dem Einkaufssackerl in der Hand marschiere ich eine halbe Stunde später in meine Straße.
Es tröpfelt leicht.
Wie so oft in diesem Sommer…
Ich spanne den Knirps auf.
Mühsam.
Mit einer Hand.
Und gehe weiter.
Ein Windstoß reißt mir den Schirm aus der Hand.
Ärgerlich lauf ich ihm hinter her.
Mitten auf der Straße bleibt er liegen.
Ich heb ihn auf.
Bremsen quietschen hinter mir.
Verdutzt drehe ich mich um.
Ein blauer Ford steht neben mir.
Der Fahrer kurbelt das Fenster hinunter.
Sind Sie wahnsinnig geworden?
Oder wollen Sie Selbstmord verüben?
Sein Gesicht ist verzerrt vor lauter Wut.
Ich erschrecke wegen seiner lauten Stimme.
Ich kann kein Wort sagen.
Ich starre ihn nur einfach an…

Plötzlich wird er schlagartig ruhig.
Geht es Ihnen gut?
Er steigt aus dem Wagen.
Tut mir leid.
Mein Temperament…
Kann ich Ihnen helfen?
Ein leises Lächeln setzt sich auf meine Lippen.
Unsagbar wehmütig.
Nein.
Ich schüttle den Kopf.
Mir kann niemand helfen…
Ohne es zu wollen beginne ich zu weinen.
Der wildfremde Mann nimmt mich in den Arm.
Mitten auf der Straße.
Tröstet mich.
Sagt irgendetwas.
Ich verstehe die Worte nicht.
Aber sie beruhigen mich.
Das krampfhafte Schluchzen lässt nach…

Eine halbe Stunde später sitzt er bei mir in der Wohnung.
Trinkt eine Tasse Kräutertee.
Kaffee mag er nämlich nicht.
Er hat mich einfach nach oben gebracht.
Sein Wagen ist nun in einer Seitenstraße abgestellt.
Ich erzähle Belangloses aus der Arbeit.
Dinge, die niemanden interessieren.
Aber er hört interessiert zu.
Oder es hat zumindest den Anschein.
Und es tut mir gut, einfach mit jemandem zu reden, den ich nicht kenne.
Jemand, der nicht weiß, was ich gerade durchmache.
Oder mich eine Närrin nennt, weil ich mich gerade von dir löse.
Ein neues Gesicht.
Ich weiß nicht einmal, wie er heißt.
Aber ich rede alles Mögliche mit ihm.
Rede so viel, wie lange nicht.
Ich habe Angst, dass er wieder geht.
Ich merke es genau.
Angst vor dem Alleinsein in der Wohnung.
Etwas, das in den letzen zwei Monaten die Hölle für mich geworden ist.
Eine Stimme in meinem Kopf sagt zu ihm.
Bitte, geh nicht fort!

Es ist verrückt…

© Vivienne

Schreibe einen Kommentar