Am nächsten Morgen bringt mir Frank das Frühstück ans Bett.
Geht’s dir gut?
Sanft streichelt er meine Wange.
Tee.
Kipferl.
Butter.
Marmelade.
Schinken.
Alles ist da.
Ich habe Sehnsucht nach einer Tasse Kaffee.
Heiß und dunkel.
Und sonst möchte ich gar nichts.
Aber ich beiße ins Kipferl.
Ich schlürfe den Tee.
Und je länger ich dasitze, desto mehr wird mir klar, dass ich mit Frank reden muss.
Okay.
Ich werde das Kind nicht abtreiben lassen.
Damit würde ich unsere Beziehung vielleicht sogar ruinieren.
Aber wenn ich ihm nicht sage, wie schlecht es mir dabei geht…
…dann werde ich verrückt.
Ich schiebe das Tablett zur Seite.
Ich denke nach.
Versuche einen Anfang zu finden.
…ich wollte nie ein Kind.
Ich bin nicht mehr so jung.
Und ich fürchte mich davor…
Die ganze Arbeit.
Eine beschwerliche Schwangerschaft.
Weißt du, wie gut es mir mit dir geht?
Und jetzt ein Kind, das mich wieder vor eine neue Situation stellt.
Ich bin nicht glücklich damit.
In meinen Augen schwimmen Tränen.
Ich wollte nicht weinen.
Aber ich bin noch etwas mitgenommen.
Frank mustert mich.
Sein Blick ist ernst.
Du freust dich nicht auf unser Kind?
Ich kann Frank nicht ansehen, als er mich das fragt.
Ich fühle mich schuldig.
Liebes…
Ich werde im nächsten Jahr Vierzig.
Ich bin auch nicht der jüngste Vater aller Zeiten.
Er nimmt meine Hand und drückt sie.
Liebes…
Als du mir im Spätsommer fast ins Auto gelaufen bist, da war das Schicksal.
Ich habe mich nicht gleich in dich verliebt.
Aber ich hatte so ein Gefühl…
Ich wollte dich einfach wieder sehen.
Verrückterweise.
Besonders sicher war ich mir lange nicht, ob ich dich wirklich erobere.
Du hast es mir nicht leicht gemacht.
Alles andere als das.
Aber irgendetwas war an dir, das mich immer angezogen hat.
Und wenn du einmal gelacht hast…
Oder mich angerufen hast, dann war ich einfach glücklich.
Dazwischen war schon mal öfter sauer.
Ich fragte mich oft, ob es Sinn macht, diese „spröde Schöne“ zu erobern.
Die anscheinend nicht weiß, was sie will.
Ich sehe Frank an.
Seine Augen haben wieder zu leuchten begonnen.
…und als du mir dein Geheimnis anvertraut hast, habe ich endlich begriffen.
Es war für mich nicht leicht.
Aber für dich noch viel schwerer.
Aber schließlich hast du mir eine Chance gegeben.
Über deine Ängste hinweg.
Frank nimmt mich in den Arm.
..und ich bitte dich jetzt, gib auch unserem Kind eine Chance.
Wie du sie mir gegeben hast.
Es wäre mir so wichtig…
Ich schließe die Augen.
Ich spüre Frank.
Seine Arme.
Seine Brust.
Und wieder diese Geborgenheit, die ich noch bei keinem Mann zuvor empfunden habe.
Ich beginne zu weinen.
Leise.
Und ohne Bitterkeit.
Mir ist leichter danach.
Sehr viel leichter.
Der Tee ist kalt geworden.
Wir reden über Belangloses.
Der Tag kriecht träge dahin.
Wir haben Zeit.
Ein Sonntag im Bett.
Aber am Nachmittag stehe ich schließlich doch auf.
Dusche mich.
Wasche das Haar.
Frank schläft.
Ich fahre mit dem Lift nach unten.
Hole eine Zeitung aus dem Zeitungsstand.
Und stecke ein paar Kastanien und Nüsse ein.
Bunte Blätter liegen verstreut am Boden.
Ich sammle sie auf.
Stecke sie in die Jackentasche.
Ich fühle mich sehr viel besser.
Ende Oktober.
Im Sommer wird unser Kind kommen.
Ein Kind der Sonne.
Ich lasse mir Zeit.
Genieße die Sonne, die ab und an zwischen den Wolken durchscheint.
Beobachte die Leute auf den Straßen.
Nach einer halben Ewigkeit fahre ich wieder nach oben.
Sperre die Wohnung auf.
Und blicke in Franks fragendes Gesicht.
Nein, nicht fragend.
Eher …konfus
Das ist das richtige Wort.
Erst nach einer Minute nimmt er die Zeitung in meinen Händen wahr.
Und als ich die Kastanien und Blätter auf dem Tisch ausbreite, löst sich auch seine Zunge wieder.
Ich habe jetzt geglaubt, du hast mich verlassen…
Frank wirkt erleichtert.
Ich sehe ihn an.
So voller Zweifel in sich gibt er mir doch solchen Halt.
Warum sollte ich den Vater meines Kindes verlassen?
© Vivienne