Gestern Abend traute ich den Schlagzeilen auf der ORF-Seite im Web kaum! Reinhard Fendrich, seines Zeichens Austro-Popper, Moderator und Schauspieler wurde als Kokain-Konsument überführt. Fünfzehn Jahre hat er nach eigenen Angaben immer wieder zum Schnee gegriffen, auf dem wir alle talwärts fahren… Freunde, Familie, Bekannte – keinem ist anscheinend etwas aufgefallen und Fendrich gab selber zu, dass er die Sucht unterschätzt hatte. Er war sich in völliger Selbstüberschätzung immer ganz sicher gewesen, jederzeit Schluss machen zu können mit dem weißen Pulver, zu dem er immer griff, wenn er sich in Stresssituationen befand. Jetzt hat sich Fendrich mit dem Arzt seines Vertrauens zurückgezogen und macht einen hoffentlich erfolgreichen Entzug…
Häme ist hier fehl am Platz, ob man Fendrich nun mag oder nicht. Was mich in dem Zusammenhang wirklich trifft (Der Musiker Fendrich vermochte mein Herz eher nicht zu rühren!) ist die Tatsache, dass man in dieser Branche scheinbar wirklich nicht mehr ohne Drogen auskommt. Elvis Presley, die Beatles, Eric Clapton aber auch Whitney Houston oder Kurt Cobain – sie alle nahmen mehr oder weniger regelmäßig Drogen aller Art. Wegen des immensen Drucks, wegen des ständigen Stress und wegen der großen Erwartungshaltungen, denen man sich immer wieder stellen muss. Cobain, Lead-Sänger von Nirvana, nahm sich wegen oder auch trotz der Drogen das Leben, weil er mit seinem von Depressionen beherrschten Leben nicht mehr zurecht kam.
Janis Joplin, die hochsensible Sängerin mit der rauchigen Stimme, hat ihm diesen Schritt schon vorgemacht wie so mancher andere Superstar, dem trotz Drogenrausch das Leben nicht mehr lebenswert schien. Whitney Houston, am Beginn ihrer Karriere ein süßes, unverdorbenes Mädel, avancierte im Laufe ihrer Karriere mehr und mehr zur Zicke und musste sich schon vor Längerem einem Drogenentzug unterziehen. Ob es je wieder ein Comeback von ihr geben wird, ist fraglich. Die Drogen haben ihre Persönlichkeit verformt und Ehemann und Hipp-Hopper Bobby Brown, selber für Antistressmittel dieser Art anfällig, wird ihr in diesem Zusammenhang wenig Stütze sein.
Das ist nur ein kleiner Auszug aus dem Pop-Almanach, der einen schaudern lässt und trotzdem: man braucht sich nur „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Starmania“ zu Gemüte führen: so viele junge Leute, Teenager, fast noch Kinder – sie alle möchten Popstars werden, Platten produzieren, Karriere machen, Konzerte geben, umjubelt werden, im „Scheinwerferlicht“ stehen. Warum? Ich fragte mich das immer wieder. Kaum ein Pop- oder Rockstar kann im Zusammenhang mit Drogen auf eine völlig saubere Weste verweisen, und siehe Reinhard Fendrich: dass lange Jahre nach außen hin alles zu stimmen scheint, ist noch lange keine Gewähr. Nicht im Geringsten.
Ich persönlich glaube, dass diese Glitzerwelt die jungen Leute einfach blendet. Dass sie nur die Fassade sehen, Glitzerroben, Schallplattenpreise, Jubel – den beinharten Drill und die rauen Worte des Managers im Büro hören und bekommen sie nicht mit. Natürlich ist es nachvollziehbar dass man gerade als junger, formbarer Mensch der scheinbaren Faszination dieses beinharten Business nur zu leicht unterliegt, vor allem, wenn man, als echter Künstler über eine sehr verletzbare, sensible Seele verfügt. Aus eigener Einschätzung: ich selber wäre in diesem Gewerbe auch verloren gewesen, ganz sicher sogar, obwohl ich es als Teenager sicher nicht begriffen hätte, wieso. Ebenso wie ein junger Bursch, den ich vor Jahren einmal als Arbeitskollegen in einer Firma schätzen gelernt hatte.
Der junge Mann musizierte in seiner Freizeit viel bei einem Musikverein und war ein großer Fan von Nirvana, Faith No More oder den „Böhsen Onkels“. In seinem jugendlichen Alter spekulierte der Bursch immer wieder auch damit, mit seiner Freizeitband entdeckt zu werden und einen Plattenvertrag zu bekommen. Dabei äußerte er sich auch dazu, dass er sich in diesem Fall niemals vom Manager und der Plattenfirma ins Bockshorn jagen lassen wollte. Ich konnte nur den Kopf schütteln zu diesen Träumen, denn der junge Mann hatte keine Begriffe davon, was ihn in der Maschinerie einer Plattenfirma wirklich erwartet hätte. Nämlich ganz sicher nicht die Möglichkeit, eigene Entscheidungen selbständig zu treffen…
Es mag ganz gut gewesen sein, dass der junge Mann mit seinen Freunden nie von einem Talente-Scout entdeckt wurde. Was er sich damals nicht vorstellen konnte, dass er seinem berühmten Vorbild Kurt Cobain durchaus in einen frühen, unglücklichen Drogentod hätte folgen können, blieb ihm dadurch erspart. Reich und berühmt werden, mag ja durchaus erstrebenswert sein, aber man braucht dazu außer einer starken Persönlichkeit auch sehr viel Glück, um sich der Stimulation von Koks und Co entsagen zu können und dabei der zu bleiben, der man ist…
© Vivienne