Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg – Frankie Millers Einsichten

„Wir brauchen was zur Bundeswehrreform, Miller! Ist doch schließlich Ihr Spezialgebiet.“ Der Editor hatte verächtlich geschnaubt und war in Richtung seines Kabuffs verschwunden.
Mein Spezialgebiet? Ich, der lieber zehn Jahre lang beim THW am Wochenende Feuerwehrschläuche erst ent- dann wieder zusammenrollte, nicht ohne mich ernsthaft zu fragen, wozu es dafür eigentlich Feuerwehrleute gab, sollte gesteigertes Interesse an einem schwer bewaffneten Sauhaufen namens Bundeswehr haben?

Sehr weit daneben gezielt, Herr Chefredakteur! Artillerie ist nicht Ihr Dingens, wie?

Ich hatte mir doch lediglich den kleinen Spaß bei dem Technischen Hilfswerk erlaubt, um nicht gewaltsam zu dieser Trachtentruppe verschleppt zu werden.

An einigen Wochenenden mal ein bisschen Katastropheneinsatz spielen, gegenüber Befehl und Gehorsam im Feldgrau, erschien meiner zart entwickelten Psyche wegen weitaus gesünder.
Mal von den unzivilisiert frühen Weckzeiten, durch den „Uffz vom Dienst“ ganz abgesehen.

„Kompanie, auuuuufsteeeeeehen!“
Um sechs Uhr morgens den Ersatzuterus Poofe verlassen zu müssen, nur damit der tägliche Gammeldienst in der Kaserne auch wirklich pünktlich beginnen kann?

Ne, dann doch lieber des Samstags Unimogs putzen, die nach zwanzig Jahren Wochenendspaß mal eben stramme viertausend Kilometer auf dem Tacho haben könnten, um dann Höchstpreise bei Vebeg-Versteigerungen, dem „Letztendlichen Verwerter“ Bundeseigentums zu erzielen?
Und die dadurch tatsächlich blendend dastehen, obwohl schon längst ihr Leben, durch irgendwelche „Abwackprämien-Aktionen der durch kräftige Lobby-Arbeit verunsicherten Bundesregierenden, hätte beendet werden können.

Aber gut, Chefredakteur, du bist hier der große Boss und ich bemühe mich doch wirklich immer. Auch wenn nicht immer nur in dem von dir gewünschten Sinne.
Frankie Miller weis immer irgendwas und macht dann daraus, Gott weis`s warum, immer einen lesenswerten Text, wenn auch nicht immer, für ganz ohne hämmernden Kopfschmerz gesorgergt zu haben.

Na was haben wir denn da?
Der flotte Freiherr mit dem meterlangem Vornamenregister und einem sehr hübschen Edelfräulein als Mutter seiner Kinder zu Hause, will dem im Grunde unbeweglichen Koloss Bundeswehr endlich mal die Fußnägel schneiden? Oder so ähnlich?

Der Bestand an Kämpfern soll drastisch reduziert und die Masse an unbedingt nötigem Soldatenwerkzeug, soll um den dann überflüssigen Bestand bereinigt werden?

Das ganze überflüssige Gelumpe wird dann sicherlich an Kampfgenossen, wie Türken, Israelis, Südafrikaner und möglicherweise auch Saudis verhökert werden können.
Mit der dann wieder recht gut gefüllten Schatulle, wird dann dieser total veraltete Sauhaufen (gerne vom Kompanie-Spiess verwendete Formel für Rekruten beim Morgendlichen Antreten) modernisiert.

Wie war das eigentlich damals? Im Tschad. Die Franzmänner hatten innerhalb weniger Stunden etwa 5.000 Söldner ihrer Légion Étrangère, der Fremdenlegion also, in N’Djamena, der Hauptstadt des Wüsten- und Trockensavannenstaates versammelt. Was den Aufständischen schnell den Schneid abkaufte und den wilden Haufen sich hinter die Dünen zurückziehen ließ.
Die restlichen 15.000 gut geschulten Haudegen hatten dann nur noch die lässige Aufgabe, für ein wenig Wirbel unter der Zivilbevölkerung zu sorgen. Was sich dann aber höchstens im Export von französischer Lebensart in Form von Baguettes und Rotwein, in einen streng religiösen Beduinenvolksstamm zeigte.

Nur, was hatte ein solch geschwindes Reagieren einer Ordnungsmacht für Auswirkungen auf eine Armee, die für künftige Aufgaben, noch einen gut gewarteten Stamm von etwa 750 Kampfpanzern vorrätig hält?
Sozusagen als Erbschaft einer längst veralteten Defensiv-Strategie, wo der Feind noch entweder Sächsisch oder Russisch sprach und nicht etwa mir Kofferbomben im Gepäck, mittels ICE die geeinte Bundesrepublik Deutschland bedrohte.

Nun gut, es ist zu vermuten, dass der Freiherr mit der fliederfarbenen Krawatte, ganz im Gegensatz zu seinem glücklosen Vorgänger von der CDU, ein paar Mal ein Gänseblümchen zwischen den Zähnen, sich fragen musste, „wozu das Alles?“
Und dabei, seinerzeit als Reserve-Offizier der Mulitreiber, auf Bundeswehrisch Gebirgsjäger, den Watzmann belauerte, um sich selbst zu fragen, wozu dann Panzer, wenn der Feind eben nicht über die großen Ebenen verfügte, die möglichst schnell vom Feind zu säubern und schließlich auf Dauer zu sichern sind.

Der propere Gel-Benutzer mag sich dabei ja auch gefragt haben, wie man schnell eingreifen kann, wenn am frühen Morgen der Start eines Panzers erst auf ausdrücklichen Kompaniebefehl möglich ist. Und auch erst, nachdem die Flocken einer schon sprichwörtlichen Verschlafenheit aus den Augenwinkeln geputzt wurden.
Wie eine reine Verteidigungsarmee, schnellstens auf eine etwas wachere Mobile Eingreifstruppe umgestellt werden kann?

Möglicherweise sind ihm dann wendige Hubschrauber anstatt fetter Panzerhaubitzen und gut geschulte KSK-Kräfte anstatt schlapper Wehrpflichtiger eingefallen.
Die sich eben nicht nur auf das Vorglühen von Kampfpanzern, an sehr kalten Wintermorgen im Süddeutschen verstehen, sondern ihren Gäulen auch mal die Sporen geben, um die Welt endlich doch mal vom Bösen zu befreien.

Hierzu sind ihm dann wohl auch noch große Transportflugzeuge eingefallen, die in wenigen Stunden jeden Punkt auf dem Globus erreichen können
Möglicherweise sogar, um einen fiesen Okkupanten vom Südpol zu vertreiben!

Ja, und dann wozu überhaupt noch Wehrpflichtige?
Wozu einen äußerst Unwilligen zwingen, seiner Braut für ein halbes Jahr (wobei mir gerade einfällt, dass es zu meiner Zeit noch glatte 12 Monate mehr waren) Adieu zu sagen, wenn der sich doch aufgrund viel zu kurzer Dienstzeit weder zur Ausbildung zum streitbaren KSKler, noch gut für die Steuerung eines Hubschraubers oder eines A 400 M, der Militärversion des Airbus, eignet?
Wenn der, kaum erst das Grüßen in Uniform gelernt, schon wieder schleunigst das Weite sucht?

Und wo wir schon wieder bei meiner regelmäßigen Wochenend-Beschäftigung, dem THW wären.
Wer, verdammt, soll demnächst meine Feuerwehrschläuche wieder ausrollen, nur um sie anschließend wieder schön zusammenzulegen?
Nur um „dem Bund“ ein Schnäppchen zu schlagen.

Nicht eingezogen zu werden, war damals ein wenig mehr als nur ein kleines Späßchen. Als Linker musste man sich diesem Schützenverein schon aus Prinzip verwehren.
Auch um sich nicht vor einem ausdrücklichen Schwachkopf in den Schlamm werfen zu müssen.

Weiterhin beschleicht mich nun der Verdacht, dass Pflegebedürftige, die sich bisher noch immer auf ihren ZiVi verlassen konnten, künftig selber ihr Bier an der nächsten Trinkhalle zu holen haben.

Wenn keine Wehr-Pflicht besteht, wird es auch keine Ersatzdienstleistenden mehr geben.
Die zahlreichen Pflegedienste, die bisher recht gut mit der Masse der ZiVi`s rechnen konnten, ihre dann Vollkräfte ordentlich bezahlen müssen, was nicht unbemerkt für die finanzierenden Krankenkassen bleiben wird.
Da Pflege von Gebrechlichen dann bald zum unbezahlbaren Luxusgut degradiert werden könnte.

Hätte ich mich freiwillig zu den Katastrophen-Helfern gemeldet, wenn damals eben nicht der Dienst mit der Waffe gedroht hätte? Ich glaube ganz fest, nein!

Werden Andere die beglückende Erfahrung mit einem freiwilligen sozialen Jahr wirklich zu schätzen wissen, wenn kein anders gearteter Zwang sie leitet? Ich glaube schon wieder mal, nein!

Na gut, damals bei den Katastrophenhelfern, bei denen ich neben Feuerwehrschlauchaufrollen, auch noch Kniften- Schmieren für 20 Mann gelernt habe, was mich natürlich in Fragen der Lebenserfahrung sehr weit nach vorne brachte, war es nicht nur wirklich unübel.

Wenn der THW-Unimog die fünf Meter aus der Halle auf das Garagenvorfeld gefahren werden durfte und man selber das dazu nötige kürzere Streichholz gezogen hatte, konnte man schon so etwas, wie eine innere Befriedigung spüren.
Man war wer!
Wenn auch nicht immer klar war, wozu das alles diente.

Denn, wenn es mal, wie zum Beispiel in der Poebene, ein Erdbeben gab, gehörte man selber gar nicht zu einem der zahlreichen Einsatzteams.
Hierfür wurden die wirklichen Profis gebraucht.
Wir „Simulanten“ mussten dann natürlich alle Mann zu Hause bleiben. Nichts mit Erfahrung sammeln im Katastrophengebiet.

Na gut, freier Herr vom Guttenberg, krempele er!
Krempele er gut um, „den Bund“!
Zeige er der überwiegend verschnarchten Deutschen Generalität, wie moderne Armee heutzutage geht!

Seie er aber auf der Hut, dass er nicht mit dem Bade auch gleich das Kinde ausschütte, damit nicht ich es dann sein muss, der auf ein lebenswertes Sein, im fortgeschrittenen Alter verzichten muss.
Nur weil es dann keinerlei Gründe mehr gibt, anstatt mir den Wölfen in der Prärie um die Wette zu heulen, mir den Arsch abzuwischen.

Und nur, weil dann erkannt wird, dass gute Arbeit auch nur von dazu Motivierten erbracht werden kann und diese Motivation nur noch durch gute Löhne zu erzwingen ist.

Soviel mich die veränderte Lage freut, in der sich unsere Armee zur Zeit befindet, erschreckt mich, was mir des Editors Befehl am frühen Morgen nun schon wieder an echtem Erkenntnis-Gewinn gebracht hat.

Ich danke dir Editor und ich mache mich auch sofort ans Werk.
Wenn mir doch bloß etwas dazu einfallen möchte.

Aber Frankie Miller wird schon noch was dazu einfallen.

Man hat ja schließlich doch so seine Erfahrungen gemacht. Im Leben.

Auch wenn es da manchmal nur um Schläuche und um Stullen zu gehen schien.

(A.S. 25. August 2010) chefschlumpf

2 Gedanken zu „Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg – Frankie Millers Einsichten“

  1. Nö,
    ladybrummel, ich habe gedient! Möglicherweise auch nur, weil ich es damals einfach nicht besser wusste! Damals war das Verweigern noch nicht so in!
    Die Verweigerungswelle kam erst später in Fahrt. Und noch viel später wurde Ersatz-Dienst modern!
    Du siehst, ein Text, so ehrlich er auch gemeint sei, hat nur sehr selten etwas mit seinem Urheber zu tun!

    Gruß chefschlumpf

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  2. „Weiterhin beschleicht mich nun der Verdacht, dass Pflegebedürftige, die sich bisher noch immer auf ihren ZiVi verlassen konnten, künftig selber ihr Bier an der nächsten Trinkhalle zu holen haben. “ Das finde ich mehr als zynisch. Wäre es für dich doch besser gewesen als Zivi zu arbeiten, als deine Wochenenden an den THW zu verpfänden? Aber vielleicht hattest du Angst davor echten Menschen zu füttern und ihnen das Gesicht abwischen zu müssen?

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