Harras und die aufrechten Deutschen, Part 1

Olaf und der rülpsende „Führer“.

Olaf starrte lange an die Decke.

„Verdammt nochmal, so kann es nicht weitergehen mit mir.“

Olaf konnte es sich nicht eingestehen und doch musste es so sein. Er hatte wieder, wie so oft schon in seinem Leben,……………………. er hatte einfach wieder mal Mist gebaut, soviel stand fest und auch er konnte sich dieser an sich einfachen Sachlage auch nicht weiter verschließen.

Wie sollte er sich einen kleinen Freiraum schaffen, einen Freiraum der es ihm ermöglichen würde, seinen Frust und seine tiefe Enttäuschung über das Leben im Allgemeinen und über sein eigenes im Grunde total verpfuschtes Dasein an anderen abzureagieren, wenn man ihn einfach sperrt.

Da hatte er es sich in tagelangen Versuchen, die immer nach dem gleichen, mühsamen Muster abliefen und von seinem Kumpel Gerd lächelnd als „trei änd ärror“ abgetan wurden, beigebracht, seinen alten „286er Reseicklinghoff-Komputter mit dem Grünmonittor“ auf die Tageszeitungs-Forumseite umzuprogramieren und denen mit ihren „Hai-Teck-Muldimädia-Komputern“ es mal so richtig gezeigt und nun Dieses!

Mit Kumpel Gerd ging Olaf immer zum Kameraden-Treff der „Aufrechten Deutschen“ in die Hinterzimmersitzung der schon seit 8 Jahren verbotenen und nun nur noch im Verborgenen blühenden PAP. Gerd, den Olaf noch aus alten NPD-Tagen kannte und der sogar schon mal im Fernsehen in der Tagesschau gezeigt wurde, als er von einem „stinkenden, linken Fotografenspinner“ in einer zugegebenermassen nicht sehr fotogenen Pose bei einer Demo gegen Ausländer auf Celluloid gebannt wurde.

Nicht nur dass Gerd mit dem Deutschen Gruss abgebildet wurde, was diesem ein deftiges Bussgeld einbrachte, sondern die Tatsache, dass Gerd anscheinend durch zu hohen Biergenuss die Kontrolle über seine Harnblase verloren zu haben schien, was sich an der dunklen Verfärbung seiner gefälschten auf dem Flohmarkt von einem „Paki“ erstandenen ADIDAS-Sporthose auf dem Foto zeigte, hatte bei den Kameraden für Verärgerung gesorgt.
Da nützte es Gerd auch nicht, dass er bei einer der nächsten Demos gegen „assoziale Assylanten“ einem der „Schwatten“ eine „reingelangt“ und dafür von einem der linken Spinner eine zurückgelangt bekam. Nichts schützte ihn vor dem Rausschmiss aus der Kameradschaft. Gerds Problem mit den Kameraden war durch einen harten Richtungs- und Führungswechsel in dieser Nazi-Partei entstanden.

Hatten die alten Führer noch die handfeste Auseinandersetzung zwischen echten Männern geliebt, so schienen die nun neuen Führer, eher die samtweiche Salamitaktik zu bevorzugen.
Gerd sah sich im Gegensatz zu Olaf nur als unpolitisches Frontschwein.

Sein Ding war das Hinlangen, wobei es ihm auch nichts ausmachte, dass in den meisten Fällen mit Mehreren auf am Boden liegende „Schwatte“ eingetreten wurde.
Fairness, wie sie für Gerd galt, war nur bei echten Menschen angebracht, oder wenn es für einen selber brenzlig wurde. Dann kam es schon mal vor, dass man sich schnell und unauffällig von der Front entfernte.

Jetzt wo Gerd ohne politische Heimat dastand gingen sie immer zum Heimwärtsspiel vom „Verein“, um mit der „Borussenfront“ das Gefühl von Stärke wieder zu beleben, wenn es für den Verein in diesem Jahr auch nicht so gut gelaufen war. Ob es für den „Verein“ gut oder schlecht lief hatte Olaf und Gerd eh nicht so sehr interessiert, da beide von den Spielen meist nicht viel mitbekamen.

Olaf lag meist seit seinem letzten Rausschmiss als Nachtwächter, auf seinem zerschlissenen Sofa. „Führer“, sein Rotti, schnarchte neben ihm und sabberte. „Führer“ hieß eigentlich Adolf, aber Olaf nannte ihn immer nur „Führer“. Olaf liebte es, zu provozieren.

„Führer“ rülpste und Olaf starrte zur Decke und dachte darüber nach, was er jetzt machen sollte.

„Führer“ und Olaf hatten sich ein kleines Spielchen ausgedacht, das Olaf als „seit fünfuhrfünfundvierzig wird jetzt zurückgefurzt“ nannte, seitdem er in einer Guido Knopp-Hysterien-Sendung gesehen hatte, dass der kleine Mann mit dem Charlie Chaplin-Bärtchen so etwas ganz ähnliches gesagt hatte.
Worum es in dem Doku-Quatsch gegangen war, interessierte Olaf nicht besonders, nur der Spruch „seit…………wird zurück geschossen“ hatte ihm imponiert.

Olaf furzte also zurück als „Führer“ rülpste.
Olaf dachte angestrengt nach. Was würde er machen, wenn er diese linken Bazillen mit ihren Hochleistungsrechnern nicht mehr zur Weisglut bringen dürfte.
Dass diese sich vor Wut auf den Laminat-Böden krümmen würden, konnte sich Olaf sehr lebhaft vorstellen. Soweit reichte seine Fantasie noch so eben.

Diese blöden Spieverderber mussten natürlich die Admins auf ihn, der doch nur die Wahrheit rüberbringen wollte und die Wahrheit muss man doch noch sagen dürfen, hetzten und diese in ihrer arroganten, hochnäsigen Macherart hatten ihm umgehend verboten seine eigene Wahrheit, dieser verlogenen erbärmlichen Welt ins Gesicht zu schreiben.

Man muss doch die Wahrheit sagen können, verdammt nochmal, wo kommen wir denn hin?

Olaf wusste, dass es jetzt für ihn sehr eng werden könnte. So etwas wie neulich konnte er sich wahrlich nicht mehr leisten. Er wollte doch nur provozieren und zu Gehör bringen was seine Kumpels von der „Hinterzimmerpartei“ ihm immer so eintrichterten.
Nagut, so richtig geschickt schien er sich nicht ausgedrückt zu haben, so schien ihm.
Aber so richtig die Schuld konnte man ihm doch auch nicht dafür geben.

Hatte er es doch nicht so leicht, sich auf dieser alten Tastatur zurechtzufinden und die von ihm geliebten Worte, die so schön rustikal klangen und die besonders gut ankamen waren ihm nicht so ungewollt herausgerutscht, wie ihm sein Anwalt nun versuchte einzureden.

Olaf starrte an die Decke und das jetzt schon sehr lange.
Das was um ihn herum so geschah interessierte ihn nicht wirklich.

Er musste daran denken, wie er diesen, sich Franzose nennenden Forenfrosch beharkt hatte mit seinen Worten. Geschah dem doch ganz recht, diesem Froschkönig.
Diese Pernodschlürfer hatten sich doch in seinem Forum bedeckt zu halten und dieser Scheissschlumpf mit seiner deppeten Schnauze soll sich doch zu seinen schwulen Schlümpfen zum Rudelbums verpissen und ihn in Ruhe säuen lassen.
Was blieb ihm denn noch seit seinem letzten Rausschmiss?

Was blieb ihm denn jetzt noch übrig? Sollte er sich jetzt vielleicht entschuldigen? Bei wem, wofür ?

„Kann mir vielleicht jemand sagen, wofür ich mich entschuldigen soll und bei wem?“

Olaf fuhr es siedend heiß durch die Glieder. Er hatte vor lauter Schmerz über die Ungerechtigkeit der Welt laut aufgeschrieen und damit die Anwesenden im Flur zum Schweigen gebracht.

Was würden die Kameraden von seiner „Hinterzimmerpartei“ zu seinem Fall sagen? Olaf legte großen Wert darauf was seine Kameraden dachten, in seiner kleinen, selbstgerechten Welt.
Sie würden über die Berichte in der Zeitung die überall herum lag und die niemand zu lesen schien, nicht sehr glücklich sein, soviel schien sicher.
Er war natürlich sofort zur Parteiführung gegangen und um einen Rechtsbeistand für das Verfahren zu bitten.

„Was für ein Verfahren?“ hatte Harry Vogt gebrüllt. „Und was haben wir mit dem Mist zu tun, den Du da angerichtest hast?“ Vogt schien zu schäumen, so empfand es Olaf.

„ Gerd hat geglaubt…….“

Olaf war es gar nicht wohl in seiner Haut.

„Gerd hat geglaubt, ja bist Du denn total verblödet ? Kriegst Du denn gar nichts mehr mit in Deinem Suff? Gerd der Versager hat geglaubt……….geglaubt ? Was hat denn der Gerd geglaubt, dass wir hier alle bescheuert sind und uns in Eure Scheisse mit hinein ziehen lassen ? Dass wir Dir einen unserer Rechtsanwälte bezahlen und Morgen in der BELT-Zeitung lesen, wie wir für total verblödete Volksgenossen die Kastanien aus dem Feuer holen? Ne mein Lieber, nicht mit uns. Die Partei halt mal schön heraus, wir haben mit Deiner bescheuerten Internet-Beschimpfung nichts, aber auch gar nichts zu tun.“

Vogt war ganz Führer in dieser Minute. Ein Führer wie ihn sich Olaf immer vorgestellt hatte und wie er ihm einen andächtigen Schauer über den Rücken trieb.

Olaf hatte sich kleinlaut getrollt, nicht ohne seinem Führer verständnisvoll die Hand zu drücken und sich für seinen Besuch zu entschuldigen.

Nun saß er also hier und starrte die Decke an und hoffte auf das Beste.

„Herr Kurz, machen Sie sich bereit, gleich in zehn Minuten sind wir an der Reihe.“ Olaf hatte ihn gar nicht kommen gehört, seinen Anwalt der soeben seine Robe über dem Arm neben ihm Platz genommen hatte.

„Haben Sie Gerd angeschrieben Herr Rechtsanwalt, damit er kommt um mich herauszuhauen, äh ich meine für mich auszusagen.?“

„ Ach ja Herr Kurz, Ihr Freund Gerd hat in meiner Kanzlei angerufen und hat sich wegen Krankheit entschuldigen wollen, aber wenn Sie mich fragen, er will sich nicht hineinziehen lassen. Jetzt können wir nur hoffen, dass das Gericht ihn vorgeladen hat. Aber ich glaube wir sollten einfach auf ihn verzichten und auf Unzurechnung plädieren. Wir müssen den Vorwurf der Volksverhetzung und den Aufruf zum Mord entkräften, sonst wird`s eng und der Auftritt Ihres Freundes hätte uns dabei sicherlich geholfen.“

Olaf hörte diese Worte nur von fern und träumte von heute Nachmittag, wenn er zu Hause wieder mit „Führer“ „Seit fünf………………“ spielen würde und so kam es, dass er den Aufruf:

„In der Sache, die Bundesrepublik gegen Kurz, bitte eintreten!“ fast überhört hätte.

Ja, Führer würde rülpsen und er, Olaf würde zurückfurzen.

Oder war`s umgekehrt ?

Antoine Susini 05.09.06

(C) chefschlumpf

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