Für einen guten Zweck?

Werbung bekommt man nicht nur via Email, liebe Leser, und es wird Ihnen damit nicht viel besser gehen als mir. Mit der täglichen Post wird papierener Spam en masse angeschwemmt, von der durchaus brauchbaren Hofer-Werbung bis hin zu den obligaten Bettelbriefen diverser sozialer Organisationen. Kurz vor Weihnachten ist die Flut immer am stärksten, aber erst diese Woche durfte ich wieder ein besonders interessantes Objekt aus dem Briefkasten fischen. Ein mir unbekannter Herr aus Wien – nach außen hin war zunächst kein Zusammenhang mit irgendeiner Organisation zu erkennen – weckte mit den Worten „In stiller Trauer“ auf dem Umschlag mein Interesse. Heraus flatterte eine Art Partezettel, in dem ich zu allererst darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ich es bedauerlicherweise im letzten Jahr verabsäumt hätte, die Organisation „gegen Landminen“ mit einer Spende zu unterstützen.

Den Herrschaften bleibt tatsächlich nichts verborgen, dachte ich noch leicht sarkastisch bei mir, während ich weiter las. Subtil wurde das Schreiben weitergeführt, nämlich, dass zwei Minenentschärfer bei ihrer immens wichtigen Pflicht leider das Leben lassen mussten und unterschwellig wurde ich darauf hingewiesen, meine moralische Schuld wenigstens gleich gut zu machen und zumindest heuer mein Scherflein für den Kampf gegen Landminen beizutragen. Wohl gemerkt: natürlich finanzieller Natur und vielleicht würden dann weitere Todesfälle auch ausbleiben… Ich musste unvermittelt grinsen ob so viel Frechheit und Penetranz und Sie, liebe Leser, können sich vorstellen, dass dieser Bettelbrief den Weg aller lästigen Werbeaussendungen ging und im Mist landete.

Dabei geht es mir sicher nicht um ein paar Euro für einen guten Zweck (oder auch nur vermeintlich gut, je nach dem) sondern um die Art und Weise, wie mit dem Wecken des schlechten Gewissen der Spendenbeutel gefüllt werden soll. Der Aufbau und die Gliederung des Schreibens sprechen nicht für die Organisation, in keinster Weise, und nicht nur, dass mein Geldbeutel sicher konsequent verschlossen bleibt, man beginnt sich zu überlegen, wes Geistes diese Organisation wirklich ist. Und ob zum Beispiel die gehorteten Euro dort wirklich so gut aufgehoben wären, wenn man sich doch zu einer Spende aufraffen könnte.

Oder anders formuliert: ich glaube nicht, dass eine seriöse Organisation es Not hat, zu solchen Methoden zu greifen. Für mich sieht das eher so aus, als würde man versuchen, schlichte Gemüter, denen man leicht Angst machen kann, geradezu unter Druck zu setzen. Mich erinnerte dieses Vorgehen an mein kurzes Intermezzo bei der Gewerkschaft der Privatangestellten aus einer Zeit, als ich noch nicht besser wusste, in den frühen 90ern. Alles in Allem war ich ein paar Jahre dabei, aber durch das schäbige Verhalten eines präpotenten Rechtsberaters bei der AK, das dann indirekt meine Kündigung bei einem Linzer Unternehmen einläutete, tauchten bei mir ernste Zweifel über die Sinnhaftigkeit von Arbeiterkammer und Gewerkschaft auf.

Als erste Konsequenz bezahlte ich den monatlichen Beitrag für die Gewerkschaft nicht mehr ein. Es folgte nach einigen Wochen eine so genannte Zahlungserinnerung der Gewerkschaft. Ich möchte Ihnen nicht vorenthalten, wie der Brief damals aussah: ein weinerlich verzerrtes, einfach gezeichnetes Gesicht war auf dem Blatt Papier abgebildet, daneben ein paar Worte, dass der Kassier so traurig wäre, weil mein Beitrag noch nicht eingetroffen wäre. Verknüpft mit dem dezenten Hinweis, ich möge dies doch rasch nachholen. Ein Erlagschein rundete die Zahlungsaufforderung dezent ab. Ich kann mich gut erinnern an meine erste Reaktion, ich wusste nicht ob ich lachen sollte oder weinen, aber das Mitleid mit dem traurigen Kassier hat mich trotzdem nicht gepackt, ganz im Gegenteil. Ich habe seither keinen Gewerkschaftsbeitrag mehr bezahlt. Ich glaube, das Geld ist sicher woanders besser investiert…

Ernst zu nehmen ist so eine „Mahnung“ ganz sicher nicht, liebe Leser, aber man fragt sich natürlich, wer da wohl dahinter steckt bzw. sich damals so etwas ausdachte. Ich denke, die Schlussfolgerung, dass solche Leute selber auch nicht unbedingt ernst zu nehmen sind, dürfte nicht weit hergeholt sein. Aber zurück zu jener Gruppe, die die Menschheit vor den Landminen retten möchte. Entweder steht den Leuten wirklich das Wasser bis zum Hals, oder es sind die falschen Leute mit der Öffentlichkeitsarbeit betreut. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man viel mit dieser Strategie erreichen kann, aber wie schon gesagt: meine Geldbörse wird zu bleiben. Und in Hinkunft werde ich mit den Bettelbriefen dieser Organisation verfahren wie mit dem Spam in meinem Posteingang: das landet auch ungelesen im Papierkorb!

© Vivienne

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