Eine Frage des Verstandes – Fahrtauglichkeit

Auch heute ist es wieder an mir einen Beitrag mit einem persönlichen Erlebnis von mir einzuleiten, so aktuell, dass mir noch der Schock ein wenig in den Knochen sitzt. Vor einer guten Stunde erst machte ich mich in den nahe gelegenen Supermarkt auf um noch schnell ein paar Sachen für’s Wochenende zu besorgen. Ich stand an der Einfahrt zu meinem Block, um eine Verkehrslücke für das Überqueren der Straße zu nutzen. Plötzlich schoss von links ein Kleinwagen auf mich zu, weil er anscheinend in die Einfahrt einbiegen wollte. Ich wich dem Wagen rasch nach rechts aus, um ihm Platz zu machen, da riss der unberechenbare Fahrer das Fahrzeug unerwartet mitten in der Einfahrt herum und wandte sich nach rechts, aus der Ausfahrt heraus – genau dort hin wo ich stand. Wieder ergriff ich die Flucht vor dem Verrückten, der seinerseits glücklich eine Verkehrslücke nutzen konnte um sich wieder einzureihen. Ich konnte nur noch den Hinterkopf des Mannes erkennen: weißes Haar und eine der typischen Altherrenmützen. Momentane Orientierungslosigkeit oder ein völliges Blackout dürften zu dem eklatanten Fehlverhalten des Seniors geführt haben. Mal sehen, ob er demnächst einmal einen schweren Unfall verursacht – ich hatte jedenfalls viel Glück!

Vielleicht glaubt ja jetzt mancher von Ihnen, lieber Leser, ich hätte einfach nur die „Opas“ auf der Schippe, was ich entschieden von mir weisen möchte. Ich kritisiere in erster Linie Verhalten und Denkstrukturen – nicht Alter, Geschlecht oder Aussehen. Parallelen sind Zufall, nicht mehr. Aber zurück zum Thema: dass so ein Herr – gleich welchen Alters auf jeden Fall seinen Führerschein verlieren müsste, steht wohl nicht nur für mich außer Frage. Der Fahrer selber wird die Dinge anders sehen – wie in ähnlich gelagerten Fällen: da ist dann die „depperte“ Person die nur rumsteht der eigentliche Bösewicht und „wenn die nicht da gewesen wäre, wär eh nix passiert…“ So kann man es natürlich auch sehen. Ein Auto lenken zu können, das gehört für viele Menschen zum Selbstwert dazu, ob mit oder ohne rosa Schein. Während ich selber wirklich froh bin, keine kaum überschaubaren Zusatzkosten für ein Auto in Kauf nehmen zu müssen, geschweige denn mich selber auf vier Rädern ins Verkehrsgetümmel werfen zu müssen, ist das Auto des Österreichers liebste Heilige Kuh. Ob er nun legal oder in „wilder Ehe“ damit lebt, ob er rein rechtlich überhaupt verkehrstauglich ist, spielt keine Rolle. Es gilt eine Regel, frei nach René Descartes: Ich habe ein Auto, also bin ich!

Bekannt ist, dass viele Senioren sich weigern in Sachen Autofahren ihrem Alter Tribut zu zollen. Lieber wird die Bundesstraße blockiert, weil der alte Herr mit 50 km/h dahin schleicht und sich hinter ihm der Verkehr staut. Aber mancher Senior traut sich eben nicht mehr schneller zu fahren und wird damit nicht nur ein Verkehrshindernis sondern auch zum indirekten Verursacher schwerer Unfälle. Dann nämlich, wenn jemand aus der blockierten Schlange ausbricht und überholden möchte. Mit dem Alter lässt erwiesenermaßen die Reaktionsfähigkeit nach, ebenso werden Gehör und Sehvermögen schlechter. Eine Frage des Verstandes, möchte man meinen, den Führerschein freiwillig niederzulegen, wenn man realistisch die eigenen Mängel an sich erkennt und die Konsequenzen zieht. Aber an die Selbsteinschätzung wird man in dem Zusammenhang oft vergeblich appelieren. Für’s Einkaufen, für Kurzausflüge reicht es noch, wird häufig argumentiert. Keiner macht sich dabei wirklich bewusst, dass er Menschenleben gefährden kann… und möglicherweise deswegen einmal mit einer schweren Schuld leben könnte!

Aber diese Option wird von Alko- oder Drogenlenkern gleich von vornherein ausgeschlossen. Ansonsten wären nicht Planquadrate mit rigorosen Alkotests so „erfolgreich“. Leider können auch dadurch nicht schwere Verkehrsunfälle ausgeschlossen werden. Verursacht von Lenkern, deren Fahrvermögen durch berauschende Mittel aller Art ziemlich beeinträchtigt ist und die auch völlig Unschuldige zu Tode bringen. Auch Wolferl Nazionale wurde kürzlich betrunken am Steuer seines Autos erwischt. Seine Erklärung und Entschuldigung zum Vorfall, durch seinen Pressesprecher verkündet, lässt zwar Besserung erwarten, aber die Realität sieht im Normalfall anders aus. Die Einsicht fehlt bei so manchem, das Auto stehen zu lassen, um mit dem Taxi zu heimfahren. Oder einer, der sich gerade noch um viel Geld mit Alk zugeschüttet hat, will plötzlich kein Kleingeld mehr für den sicheren Heimtransport haben. Ausreden von Alkolenkern gibt es genug, aber leider noch viel mehr Verkehrstote, die bei einem eben durch einen Alkolenker verursachten Unfall sterben. So sinnlos…

Fahrtüchtigkeit – eine Frage des Verstandes möchte man annehmen. Der Mensch aber ist unlogisch in seinem Verhalten und seinem Wesen und um ehrlich zu sein meine ich oft, dass wohl ein Defekt in unserem Erbmaterial dieses destruktive Verhalten auslöst. Vielleicht braucht der Mensch auch das Gefühl, Herrscher von etwas zu sein, und wäre es nur eine Blechschüssel namens Auto. Wenn man ihm die nimmt, wäre es so als würde man einem Vogel die Schwingen durchschneiden. Andere vertreten die Theorie dass das Auto den Uterus verkörpert, in dem sich der Mensch geschützt und geborgen fühlt, quasi eine Rückführung in die glückliche, pränatale Zeit. Welcher Trieb auch immer für die extreme Bindung zum Auto verantwortlich zeichnet, liebe Leser, er ist stärker als der Verstand und als jede Vernunft. Wenn es um sein Fahrzeug und sein Fahrverhalten geht, sind die meisten uneinsichtig und stur. So wie der alte Mann mit seinem Auto, der mich und meine Gesundheit heute Vormittag gefährdet hat. Vielleicht sitzt er jetzt beim Mittagessen, bei einem gepflegten Bier – mit sich und der Welt zufrieden. Und verschwendet keinen Gedanken daran, dass er mich anfahren hätte können und dann nicht so gemütlich den Tag genießen könnte. Bis zum nächsten Mal dann…!

© Vivienne

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