Krankenhaus- und Arztserien gibt es seit Beginn des Fernsehzeitalters wie Sand am Meer. Eine der bekanntesten, ein echter Klassiker, ist „General Hospital“, in dem sich der einstmals sehr bekannte australische Sänger Rick Springfield (Wer erinnert sich noch an ihn?) profilieren konnte. Nicht zuletzt taten und tun in diesen Tagen Serien von „Emergency Room“ bis hin zu „Grey’s Anatomy“ ein Übriges, um das Interesse der Fernsehzuseher an der Medizin, oder besser gesagt, an der Art und Weise, wie sie dem interessierten Fernseher telegen unterbreitet wird, wach zu halten. Anders wäre wohl auch nicht der Erfolg der schon legendären „Schwarzwaldklinik“ aus deutschen Landen zu erklären gewesen…
Aktuell die beste Serie des Genres, zumindest für mich, ist allerdings „Dr. House“, aber wer sich einen amerikanischen Brinkmannverschnitt vorstellt, ist bei ihm sicher an der falschen Adresse. House ist ohne Zweifel ein brillanter Diagnostiker aber auch ein echtes Ekel, ein Zyniker der übelsten Sorte und ein Chauvinist wie er im Buche steht (auch wenn ihn, wie sollte es auch anders sein, die Frauen trotzdem lieben!). Wie kann so ein Genie, das in jeder Folge wieder einem Menschen dank seines erstaunlichen Verständnisses für Krankheiten vor dem sicheren Tod retten kann, nur zu so einem Menschenfeind (und nichts anderes ist er!) mutieren? Nun, House kam auch nicht so zur Welt, wie er nun – sehr mediengerecht – Patienten brüskiert und damit sein Publikum unterhält. Der Grund für seine Bitterkeit, ja, seinen Selbsthass, resultiert aus einem schlecht behandelten Blutgerinsel in seinem Bein.
Ein Gehstock ist seither der ständige Begleiter des großen Arztes, der hinkt und gegen die großen Schmerzen Medikamente nehmen muss. Bei seinen Diagnosen verlässt sich House am meisten auf seinen Verstand, Patienten und deren Einschätzung traut er nämlich nicht („Alle Patienten lügen“), und auch wenn House oft sehr arrogant und geradezu herabwürdigend rüberkommt (eine junge Kollegin, die in ihn verliebt ist, bekam auch schon ihr Fett ab): man ahnt schon, dass sich hinter House’s zynischen Wesen eine sehr verletzbare Seele verbirgt, die ihren Selbsthass oft nur mühsam zügelt oder in bitteren Worten nach außen erstickt.
Dem britischen Schauspieler Hugh Laurie gelingt die Zeichnung dieses vielschichtigen Charakters perfekt, mit dieser Rolle schaffte er ein unerwartetes Comeback und den Erfolg hat er sich meiner Meinung nach wirklich verdient. Selten zuvor war mir ein „Scheusal“ in einer Fernsehserie so sympathisch, und das noch dazu ganz unorthodox im Arztkittel. Ich gebe gerne zu, dass ich Arzt- und Krankenhausserien normalerweise nicht so schätze, weil ich durch einen guten Freund beim Samariterbund weiß, wie es bei der Menschenrettung und im Spital im echten Leben wirklich zugeht. Aber Dr. House hat mich eines Besseren belehrt und seither vergeht kaum ein Dienstagabend, den ich nicht mit RTL im Visier vor dem Fernsehapparat verbringe.
Unter der Riege der Schauspieler, die House mehr oder weniger unterstützt, ihn schilt oder ihn – meist vergeblich – in Frage zu stellen versucht, sei noch Robert Sean Leonhard hervorgehoben, der in der Serie die onkologische Abteilung leitet und nicht nur einen guten Freund des Titelhelden mimt, sondern auch der einzige ist, der den Zyniker House ab und an ein wenig bändigt oder ihm einen Spiegel vorhält. Für alle, die sich nicht mehr erinnern: Leonhard ist durch „Der Club der toten Dichter“ bekannt geworden und war im Kino einige Zeit sehr angesagt, etwa durch Filme wie „Viel Lärm um nichts“ oder „Swing Kids“. Auch Leonhard dürfte mit der Serie ein kleines Comeback geglückt sein.
Mein Tipp: unbedingt einmal reinschauen! Die veranschaulichenden und sehr real wirkenden Trickaufnahmen im Inneren des Körpers sind auf jeden Fall mehr als nur sehenswert!
(C) Vivienne