Die Würze des Lebens – In eigener Sache

Mittlerweile schreibe ich schon über elf Jahre für die Bohne. An die Anfänge seit dem 20. Mai 2001 kann ich mich noch gut erinnern: an meine Kontaktaufnahme mit Klezi, dem damaligen Mastermind der Bohne, und wie ich nach und nach immer mehr Freude aus dem Schreiben schöpfte. Ich kann mich außerdem erinnern, wie meine Kolleginnen halb hysterisch wurden als meine Gedanken einer am Leben verzweifelnden Frau in der Bohne online gingen. Eine von ihnen war sich nicht zu blöd zu unserem Chef zu laufen und sich besorgt über meinen Seelenzustand zu äußern. Auch wenn das ein Beweis dafür war, wie überzeugend ich die Worte gewählt haben musste, brachte mich die übereifrige Kollegin in eine nicht besonders angenehme Situation. Denn dass unser Chef meinen Beteuerungen Glauben schenkte, dass die Zeilen nur meiner Fantasie entsprungen waren, den Eindruck hatte ich bestimmt nicht…

Zweifellos verfüge ich über ein sehr gutes Einfühlungsvermögen und ich konnte und kann mir gut vorstellen, wie Menschen mit unterschiedlicher Geisteshaltung denken und was es in ihnen vorgeht. Wenn ich sehr trübsinnige Gedanken niederschrieb und Assoziationen zu Suizid und tiefer Hoffnungslosigkeit weckte, war ich meistens sehr gut gelaunt. Das war die Voraussetzung dafür, dass ich problemlos solche Zeilen verfassen konnte, ohne selber in ein Loch zu fallen… Leider können sich das eindimensionale Menschen wie jene Ex-Kollegin schwer vorstellen, aber damit muss ich leben. Ich bin sicher nicht ganz die bösartige Emanze, die Männer als Feindbild aufbaut. Ich lebe aber auch nicht die Hetäre aus, die manche Bewunderer meiner erotischen Beiträge in mir vermuten möchten. Ich bin eben ich, immer anders und schwer fassbar und begreifbar. Manchmal nicht einmal durch mich selber…

Nie hätte ich es für möglich gehalten, aber das Schreiben hat mich fast süchtig gemacht. Wenn ich einmal eine Woche nicht vor dem PC sitze um meine Gedanken zu Papier zu bringen, werde ich unruhig. Das ist kein Scherz. Schreiben ist wie eine Therapie für mich. Ich verarbeite Vergangenes, das mir noch im Kopf herumspukt und mich beschäftigt. Ich setze mich mit Themen verschiedenster Natur auseinander, auch mit philosophischen Ansätzen. Und ich lasse auch aktuelle Gegebenheiten und Schwierigkeiten darin Revue passieren. Anregungen finden sich überall. In der Straßenbahn bei den Unterhaltungen der Fahrgäste wie in den Erzählungen anderer Leute, die ich zufällig mitbekomme. Nichts ist so bunt wie das wahre Leben. Trotzdem gibt es genügend Geschichten von mir, die von vorne bis hinten erfunden sind.

Schreiben ist eine Therapie – Schreiben macht mir das Leben leichter. Wer hätte das vor bald 11 ½ Jahren geahnt? Ich nicht! Bestimmt nicht. Aber es wurde ein Teil meines Lebens, auf den ich nicht verzichten möchte. Oder besser gesagt: nicht verzichten werde. Wer mich dazu zwingen wollte, würde mich kaputt machen und in die Sinnlosigkeit des Lebens stürzen. Andererseits – wer sollte das? Ich ließe es niemals zu… Schreiben ist für mich die Würze des Lebens. Der eine lebt für seinen Fußballverein, der andere für seinen Schrebergarten, die dritte für den Mann und die Familie. Jeder setzt sich seine Schwerpunkte im Leben. Bei mir ging das automatisch, fast beiläufig und wie von selbst. Man könnte fast sagen, das Schreiben hat sich mich ausgesucht und nicht ich mir das Schreiben.

Ich weiß nicht, ob Schreiben für Außenstehende als außergewöhnliches Hobby wirkt. Wie auch immer, ich rede selber niemandem drein und dieses Recht nehme ich auch für mich in Anspruch. Letztlich tue ich niemandem weh damit. Und wenn es mich glücklich macht, sollte der Zweck die Mittel heiligen. Meine Arbeit bei der Bohne nehme ich sehr wichtig. Im Normalfall nehme ich mir pro Woche acht Beiträge unterschiedlichster Natur vor. Die Zeit für‘s Schreiben teile ich mir gut ein, wobei der Hauptanteil am Wochenende passiert. Ideen fliegen mir so gut wie immer zu, in all den Jahren hatte ich noch nie eine ernsthafte Schreibblockade. Zeit für anderes bleibt mir trotzdem, vor allem für meine Katze und meine vielen Zimmerpflanzen. Meine Orchideen und meine Kakteen liegen mir besonders am Herzen.

Wo finde ich meine Inspiration? Im Grunde weiß ich das gar nicht so genau. Viele Geschichten sind einfach da und warten nur darauf, niedergeschrieben zu werden. Manchmal genügt auch eine kurze Meldung in den Nachrichten oder ein Gesprächsfetzen, den ich erhasche, dass daraus ein Beitrag entsteht. Mancher wird sich nun fragen, warum ich mir die Arbeit mache – nun es macht mir Freude. Ich möchte die Menschen zum Nachdenken bringen und zum Diskutieren anregen. Das Monopol für die richtige und wahre Meinung beanspruche ich sicher nicht für mich. Ich nehme aber in meinen Geschichten so viele unterschiedliche Standpunkte ein, dass wohl niemand definitiv sagen kann, was ich wirklich denke. Und so soll es auch sein…

Vivienne

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