Die Wohnungssuche – Geschichten aus dem Cafe Steine

Kürzlich hatte mich ein früherer Arbeitskollege, Erwin Bayer, angerufen. Erwin wußte, daß ich vor über einem Jahr in eine neue Genossenschaftswohnung im 2. Wiener Gemeindebezirk gezogen bin und nachdem er gemeinsam mit seiner Freundin nun selbst auf der Suche nach einer größeren Wohnung war, wollte er sich gerne von mir Tipps für die Wohnungssuche holen. Wir vereinbarten ein Treffen am Dienstag Abend im „Cafe Steiner“, wo wir uns letztlich kurz nach 18.00 Uhr trafen.

Das Lokal war an dem Abend gut besucht und wir setzten uns an die großzügig gestaltete Schank. Da wir uns doch einige Zeit nicht mehr gesehen hatten, gab es natürlich einige Neuigkeiten zwischen uns auszutauschen. Bald kamen wir aber doch auf das Wohnungsthema zu sprechen. Die derzeitige Wohnung, eine knapp 40 m2 große Garconniere in Wien-Simmering, würde den beiden auf Dauer zu klein werden, weshalb sie auf der Suche nach einer 3-Zimmer-Neubauwohnung wären. Erwin hatte sich bereits bei einigen Wohnbaugenossenschaften angemeldet, beklagte aber die doch vorhandene Wartezeit bei interessanten Projekten und den doch oftmals recht hohen Eigenmittelanteil. Ich riet Erwin, Kontakt mit dem „Wohnservice Wien“ aufzunehmen und für die Finanzierung auch die Möglichkeit eines geförderten Eigenmittelersatzdarlehens zu beanspruchen.

Eine Dame, die ich zum ersten Mal in dem Lokal wahrgenommen habe, hatte unser Gespräch offenbar ein klein wenig mitverfolgt. „Ich würde niemals in einer Mietwohnung wohnen wollen,“ ließ sie uns wissen, „schließlich kann ich nur in meiner Eigentumswohnung tun und lassen was ich möchte.“ Ich wollte auf diese nach meiner Wahrnehmung durchaus mit einer gewissen Arroganz vorgetragenen Aussage eigentlich gar nicht näher eingehen. Nicht weil ich die Überlegungen zu einer Eigentumswohnung ablehne, aber weil ich wußte, dass die finanzielle Situation meines Bekannten dies nicht wirklich zulassen würde. Die Ansicht, dass man in einer Eigentumswohnung anders wohnen würde als in einer Mietwohnung, betrachte ich nicht nur als falsch, sondern vor allem auch als abgehoben. Dass eine Eigentumswohnung nach getilgtem Kredit einen Wert darstellt, ist unbestritten, doch muss diese eher strategische Entscheidung von jedem Menschen im Bereich seiner Möglichkeiten selbst entschieden werden.

Obwohl ich wie gesagt auf die Aussagen der Dame nicht wirklich eingehen wollte, sah sich Erwin offenbar bemüßigt darauf hinzuweisen, daß er sich eine Eigentumswohnung aufgrund seiner Einkommenslage schlicht und einfach nicht leisten könne. „Aber von den Genossenschaften rate ich Ihnen die Finger zu lassen“, bekam Erwin daraufhin noch mit auf den Weg, „denn da hat überall die rote Gemeinde Wien ihre Finger mit drinnen“. Ich denke nicht, daß dieser Hinweis für Erwin sehr hilfreich war. Nicht daß ich die Wohnbaugenossenschaften verteidigen möchte, und auch der Einfluss der Stadt Wien als Förderungsgeber ist nicht abzustreiten. Im Endeffekt sehe ich aber eine Wohnungssuche anders als die an diesem Abend kennengelernte Dame nicht in erster Linie als ideologisch motivierte Entscheidung sondern als eine Frage der Vernunft. Selbstverständlich stehen verschiedenste Wohnungsanbieter mit verschiedenen Angeboten zur Verfügung und haben ihre Berechtigung. Das Abklären der Vor- und Nachteile der einzelnen Möglichkeiten ist aber eine sehr persönliche Entscheidung, die jeder mit sich selbst klären muß.

Die Dame war mittlerweile mit ihrer Melange, mit deren Konsumation sie mehr als eine Stunde verbracht hatte, fertig geworden und zahlte bei Kellner Martin die Rechnung. Letztlich verabschiedete sie sich von Erwin mit den Worten „Ich wünsche Ihnen viel Glück, junger Mann!“ und verließ das „Cafe Steiner“. Nun, ich sage mal, dass Glück niemanden im Leben schaden kann, aber dennoch möchte ich mich bei einer Wohnungssuche nicht gänzlich darauf verlassen. Erwin und ich gingen auf die Aussagen der Dame nicht näher ein, konnten aber an dem Abend noch einige Meinungen über verschiedene Wohnbauprojekte austauschen.

Ich schätze die offene Kommunikation unter den Gästen im „Cafe Steiner“ zeitweise durchaus, doch ein alter Spruch sagt wohl, dass Ausnahmen die Regel bestätigen würden. In einem persönlichen Gespräch mit einem Bekannten hätte ich auf die Wortspenden der Dame, die ich altersmäßig etwa Mitte Fünfzig eingeschätzt hätte, durchaus verzichten können.

Pedro

2 Gedanken zu „Die Wohnungssuche – Geschichten aus dem Cafe Steine“

  1. Tja Pedro, erstmal Willkommen!
    Dass du dich entschließest, nunmehr eine fortgestzte Kollumne um eine festive Lokalität herum zu stricken, ist ein äußerst löbliches Vorhaben. Auf diese Art und Weise wird dein Leser mit in den Gedankenprozess eines Kollumnärs einbezogen. Kennt doch ein jeder diese Situation, bei der vom eigentlichen Geschehen abgelöst, einem selber meist erst engere Zusammenhänge klar werden.
    Ob es anderen auch so ergeht?
    Ich verbringe sehr viel Zeit in möglichst geschäftiger Umgebung, nur um Eindrücke die dort auf mich unweigerlich einprasseln, später mit meinen ganz eigenen Worten wieder zurückzuholen.
    Gerne gelesen, Pedro. Weiter so!

    Tommi

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