Eine Szene aus dem Straßenverkehr, wie sie tagtäglich auf allen Straßen und jedem von uns immer wieder passiert: Man betritt bei Grün einen Zebrastreifen und während man versucht, die andere Straßenseite zu erreichen, schlägt die Ampel auf Rot um. Was tun in dieser etwas prekären Lage? Nur eine Lösung ist richtig: einfach weitergehen und so schnell wie möglich die Straße überqueren. Ich selbst befand mich auch schon öfter in so einer Situation, aber nach meiner Erfahrung am heutigen Nachmittag hätte es gut und gern sein können, dass ich für meinen Job und natürlich auch für die Bohne längere Zeit ausgefallen wäre – im besten Fall. Im schlimmsten Fall würde Kollege Einstein wohl schon an meinem Nachruf feilen…
Aber der Reihe nach: Heute Nachmittag war ich nach der Arbeit einmal mehr in Sachen Winterschlussverkauf in der Linzer Innenstadt unterwegs. Sehr erfolgreich, um es kurz zu erwähnen, bestückt mit einigen günstig erstandenen Kleidungsstücken stellte ich nach einem Blick auf die Armbanduhr fest, dass ich mich schön langsam beeilen sollte, um meinen Zug in Richtung Heimat noch zu erreichen. Ich befand mich gerade in der Mozartstraße und bewegte mich zügig in Richtung Mozartkreuzung und Ampel. Letztere blinkte grün, während ich aus den Augenwinkeln feststellte, dass eine Straßenbahn in die Haltestelle weiter vorne eingefahren war. Ich sprintete auf den Zebrastreifen und die Ampel schlug um auf Rot.
Ein Bus der Linie 45 oder 46 stand vor dem Zebrastreifen, außerdem einige Autos. Linzer und Pendler wissen, dass das Verkehrsaufkommen dort enorm ist. Ich beeilte mich dementsprechend, auf die andere Seite zu gelangen, aber in diesem Moment – Sie lesen richtig – setzte sich der Bus einfach in Bewegung, der Fahrer fuhr nämlich los, ungeachtet dessen, dass ich mich noch mitten auf der Kreuzung befand, umgeben von etlichen Fahrzeugen und vor mir jener Bus, dessen König nicht gewillt war, mich die Straße ungehindert überqueren zu lassen. Ganz im Gegenteil, er hupte pausenlos und warf mir vom Seitenfenster aus bitterböse Blicke zu, als hätte ich etwas verbrochen. Das hatte ich aber ganz gewiss nicht, ins Unrecht gesetzt hatte sich nur der sture Busfahrer persönlich, der mir laut Straßenverkehrsordnung das ungehinderte Überqueren der Straße ermöglichen hätte müssen.
Wären die Autofahrer rund um mich seinem nicht nachvollziehbaren Beispiel gefolgt, hätte mir weiß Gott was passieren können. Nachdem der O-Bus dann aber aus dem Kreuzungsbereich gefahren war, konnte ich leicht geschockt aber ungehindert auf die andere Straßenseite gelangen. Was war da passiert? Wie ich schon eingangs erwähnte, Situationen wie diese passieren im Straßenverkehr ständig. Dass da aber ein Verkehrsteilnehmer, in diesem Fall, ein O-Bus-Fahrer, frei nach dem Motto „Hoppla, jetzt komm ich“ mir nicht nur jede Möglichkeit nimmt, die Straße zu überqueren sondern mich durch sein rücksichtsloses Verhalten quasi noch in die Gefahr bringt, von einem anderen Fahrzeug überfahren zu werden, ist zumindest mir noch nie widerfahren. Ich überlegte kurz, die Linzer Linien wegen dieses Verhaltens anzurufen um mich zu beschweren, ließ es dann aber bleiben.
Das Beschwerdemanagement der Linzer ESG wird mehr als fragwürdig gehandhabt, das weiß ich von einem Zwischenfall vor einigen Monaten mit einem anderen Busfahrer auf derselben Linie: Man darf sich telefonisch beschweren, Name und Telefonnummer werden vermerkt und nichts passiert. Kein Rückruf, keine Entschuldigung. Außer vermutlich, dass man selber auf eine schwarze Liste kommt für Leute, die sich wegen jeder Kleinigkeit aufregen (oder so ähnlich). Diese Mühe habe ich mir also gespart, passiert ist ja Gott sei Dank nichts, und falls doch ein Unfall unvermeidlich geblieben wäre, würde mich das jetzt von Wolke 7a aus ziemlich kalt lassen. Ich müsste mich nämlich wahrscheinlich schon mit Harfe und Flügeln herumschlagen…
Verzeihen Sie meinen Zynismus, liebe Leser, aber was ich noch weniger verstehe als diesen Verfall ist wohl die Tatsache, welche Voraussetzungen man erfüllen muss, um bei den Linzer Linien Busfahrer zu werden. Ein schlechtes Nervenkostüm und als Lieblingsinstrument die Hupe sollten üblicherweise nicht die Hauptkriterien sein. Wer sich im Linzer Straßenverkehr, der wahrlich kein Honiglecken ist, das gebe ich gerne zu, fast wie ein Rowdy verhält und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, hat auf dem Sitz eines Chauffeurs nichts verloren, denn wie schon mehrfach erwähnt: Situationen wie diese passieren am Tag laufend. Wenn da jeder Fahrer der Linzer Linien auf seinem Standpunkt der Vorfahrt (oder was immer dem Herrn im O-Bus heute Nachmittag durch den Kopf ging), beharrt, dürfte das Verkehrschaos in der Linzer Innenstadt ein ernsthaftes Problem werden. Ein Wunder, dass da nicht mehr passiert!
© Vivienne