„Die Seele der Felidae“

Im Orient gibt es den sehr erfolgreichen Beruf des Märchenerzählers. Dessen Aufgabe ist es, die Menschen über alle Vorkommnisse in den unterschiedlichsten Regionen zu unterrichten und hierbei auch für die moralische Wertung des Berichteten zu sorgen. Daher kommt dem, auch heute noch überall in der islamischen Welt zu findenden Erzähler, eine sehr wichtige Aufgabe zu, deren moralische Instanz nur noch durch den Vorbeter in der Moschee übertroffen wird.

Der Geschichtenerzähler wächst buchstäblich mit der Zahl seiner Zuhörer und seine Geschichten gewinnen an Farbe, umso gebannter sein Publikum an seinen Lippen hängt.

Genau betrachtet funktioniert eine Geschichte umso besser, umso größer die gefesselte Zuhörerschaft ist.

Wenn es tatsächlich so sein sollte, wie ich soeben behauptete, muss Akif Pirincci ein begnadeter und überaus erfolgreicher Geschichtenerzähler sein und seine Geschichten müssten eine Pracht an Farben entwickeln, die nur noch von der Farbenpalette eines Reisenden in Fassadenanstrichen übertroffen werden könnte.

Akif Pirincci ist ein solcher Reisender, wobei sein Artikel und sein Anliegen darin zu bestehen scheint, im Hirn seiner Leserschaft ein wahres Gewitter an Farben entstehen zu lassen.

Das was sein Roman „Schandtat“ an liebevoller Beschreibung, nicht nur seines Helden „Francis“ und dessen ebenso neugierigen, wie cleveren Sohnes „Junior“ bietet, kann mit der erwähnten Farbpalette des Vertreters mühelos mithalten.

Was den historischen Geschichtenerzähler auszeichnete, war alles Andere als Logik. Dem atemlosen Publikum kam es lediglich auf die Aussage einer gut erzählten Geschichte und nicht etwa auf möglichst naturnahe Schilderung an, wobei es bei den Zutaten höchstens auf Verzückung und nicht etwa auf Glaubwürdigkeit beharrte.

So gesehen, gehört Akif Pirincii zu den ganz großen der Zunft und dass er Geschichten erzählen kann, haben seine bisherigen Romane voll bestätigt.

Zum Inhalt nur so viel, ohne Geheimnisse zu verraten:

„Francis“, der überaus erfolgreiche Detektiv, sitzt mit „Junior“ und Frau, sowie dem zotteligen Freund aus alten Kampftagen, bei seinem dem eBay-Bazillus vefallenen „Dosenöffner“, am offenen Kamin. Und wie es so ist mit dem Nachwuchs, der gibt keine Ruhe bevor nicht Daddy „aus dem Krieg“ berichtet. Dem Krieg, besser dem schrecklichen Überfall, dem alle Freunde, mit wenigen Ausnahmen, zum Opfer fielen.

Junior geht den spärlichen Hinweisen Papis nach und kommt schon bald einem fürchterlichen Komplott zwischen Fleischindustrie und Wissenschaft auf die Spur. Und auch das mystische Verständnis vieler „Orientalisten“ bekommt sein „Futter“!

Hierbei spielt es keine Rolle, ob diese Schilderung auf nachprüfbaren Tatsachen, oder auf gut erfundenen Fantasien beruhen. Allein die Story zählt! Und die Moral!

Ach so, ich vergaß zu erwähnen, Francis und alle anderen realen Figuren gehören der Gattung „Felidae“ an. Ich habe dieses Feuerwerk an Farben genossen und dieses, obwohl ich Katzen-Allergiker bin.

(C) A. Rieger  2007

Akif Pirincci,  Schandtat, Roman geb., Diana Verlag, ISBN 978-3-453-00620-1

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