Die nervigste Ampel von Wien – Geschichten aus dem Cafe Steiner

Das Cafe Steiner zieht in den Sommermonaten nicht allzu viele Gäste an, was wohl auch daran liegen mag daß das Lokal über keinen Gastgarten verfügt. Ein Schicksal welches das Lokal mit vielen anderen teilt, da die Menschen sich bei sommerlichen Temperaturen doch verständlicherweise lieber im Freien aufhalten möchten. Auch selbst hatte ich mich in meinem Stammlokal zuletzt etwas rar gemacht und die Abende bevorzugt unter freiem Himmel auf der Wiener Donauinsel verbracht. Am vergangenen Wochenende war es aber wieder so weit, daß ich einen Abstecher ins Steiner unternahm.

Auch wenn es kaum zu erwarten war hatten sich an dem Abend doch zahlreiche Stammgäste in dem Lokal eingefunden. Wie es im Cafe Steiner so oft der Fall ist entwickelte sich an dem Abend auch eine spannende Diskussion zu einem wohl aber gewiß nicht weltbewegenden Thema. Kellner Martin war es, der den Anfang machte, indem er davon erzählte, daß die Stadt Wien eine Online-Umfrage gestartet hätte, in der die „nervigsten Ampeln“ der Bundeshauptstadt gefunden werden sollten. Die Bürger hätten demnach die Möglichkeit über ein Onlineformular Ampelanlagen einzumelden bei denen aus ihrer Sicht ein Optimierungsbedarf bestehen würde.

Auch wenn mir diese Initiative im ersten Moment ein Schmunzeln entlockte brauchte ich nicht lange bis mir die erste Ampel einfiel, bei der ein Verbesserungsbedarf bestünde. Nicht weit von meiner Wohnung entfernt kreuzen sich zwei Straßen, die überwiegend dem Anrainerverkehr vorbehalten sind. Trotzdem ist die Ampelanlage für den Abbiegeverkehr sehr großzügig geschalten, was dazu führt daß die Fußgänger oftmals länger als auf einer Hauptstraße auf ein „grünes“ Signal warten müssen. Ich gebe schon zu, daß ich auch selbst – wie viele andere – als Fußgänger den Zebrastreifen schon bei „rot“ überquert habe wenn weit und breit kein Auto in Sichtweite war. Die dabei entstehende Vorbildwirkung etwa auf Kinder ist natürlich verheerend und ich bin auch nicht stolz darauf die Kreuzung bei „rot“ zu queren. Daß hier ein Optimierungsbedarf besteht hatte ich mir schon länger befunden, auch wenn ich nicht daran gedacht hatte deswegen die Stadtverwaltung zu kontaktieren.

Auch andere Stammgäste im Cafe Steiner konnten von ähnlichen Ampelanlagen berichten, über die an dem Abend eifrig diskutiert wurde. Natürlich muß aber auch gesagt werden, daß bei dieser Frage unterschiedliche Interessen aufeinander stoßen. Das zeigte sich auch als etwa Sonja in diesem Zusammenhang einen weiteren Ausbau des Radfahr-Netzes forderte und dabei auf heftigen Widerstand von Stammgast Helmuth stieß. „Wenn es nach mir ginge würde ich das Radfahren in der Stadt ohnehin gleich verbieten“, war eine gewohnt heftige Reaktion von Helmuth. Dem setzte wiederum Sonja entgegen, daß Wien im Vergleich zu anderen Großstädten noch immer einen relativ schwach ausgebauten Anteil an Radwegen hätte. Eine Einigung zwischen den beiden Gästen war natürlich nicht zu erwarten – dazu waren die Standpunkte zum Thema Radfahren in der Stadt zu verschieden.

Die Diskussion unter den Stammgästen glitt im Laufe des Abends merklich auf eine politische Ebene ab. Wien wird seit der letzten Wahl im Jahr 2010 von einer rot-grünen Koalition regiert, eine Zusammensetzung die in dieser Form in Österreich Premiere gefeiert hat. Die Grünen mußten zuletzt als Juniorpartner oftmals Kritik einstecken weil allzu ehrgeizige Wahlversprechen bisher noch nicht umgesetzt werden konnten. Dieser Umstand ist für mich nicht allzu überraschend, da praktisch jede Oppositionspartei in einem Wahlkampf zumeist unverhältnismäßige Forderungen aufstellt, die sich dann in Regierungsverantwortung oftmals schwer umsetzen lassen. Eine Jahreskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel um € 100,00 ist eine legitime Forderung im Wahlkampf, doch müßte nun die Differenz auf den derzeitigen Betrag von € 449,00 aus dem Budget finanziert werden, was sich schwer bewerkstelligen läßt. Das 365 Euro Ticket konnte aber mittlerweile realisiert werden.

Ich hatte mir an dem Abend vorgenommen die Ampelanlage in meinem Wohngebiet am nächsten Tag auf der Webseite der Stadt Wien einzumelden, was ich dann letztlich auch getan habe. Ich begrüße auch grundsätzlich die Absicht der Stadtregierung nach mehr Bürgerbeteiligung bei der Stadtentwicklung. Anderseits denke ich aber daß die Suche nach der „nervigsten Ampel“ in diesem Zusammenhang ein Bagatellthema ist und eine Optimierung von Ampelanlagen auch durch die Überprüfung von einheitlichen Kriterien bei der Ampelschaltung gut möglich sein sollte.

Pedro

2 Gedanken zu „Die nervigste Ampel von Wien – Geschichten aus dem Cafe Steiner“

  1. Ja mei, die Wiener, G`schiss machens, Problem` hams! Bei uns werden einfach Striche aufs Bürgerpflasterl gemalt und fertig isser, der neue Radweg! Ganz unprätentiös! Wobei und da zeigt er sich wieder, der Deutsche Narr, die wenigsten Radfahrer das Angebot dann auch nutzen wollen. Gefahren wird weiterhin… auf dem Gehweg!

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  2. Interessanter Beitrag, Peter! Mit der Suche nach „der nervigsten Ampel“ macht man aufmerksam auf sich, aber weltbewegende Probleme löst man nicht…

    lg Silvia

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