Eine Buchbesprechung von A. Susini
„Verspürt Alfonso Serna eigentlich schmerzende Hoden wenn er einem dicken lateinamerikanischen Wirt einen Espressoautomaten mit Namen Caliban verkauft?“, ist man bei der Lektüre des Romans Kaffeetrinken in Cabutima geneigt zu fragen.
Der Handelsvertreter aus einem südeuropäischen Land will im nachdiktatorischen Cabutima eigentlich nichts lieber als Schönheiten flachlegen, wozu ihm der Absatz dieser chromblitzenden Geräte die hierzu notwendigen finanziellen Mittel verschaffen soll. Alfonso Serna ist erfolgreich und beliebt bei dicken Wirten und auch bei Schönheiten.
Und Alfonso wird Mittelpunkt staatsanwaltlicher Ermittlungen, die so gar nichts mehr mit seiner Vorliebe für fein geschnittene Schönheiten zu tun haben, eher schon mit seinem Uralt-Amischlitten, der genau wie er selber im entscheidenden Moment versagt hatte.
Als er sich unvermittelt seiner Verliebtheit wegen in der Rolle eines Verdächtigten auf der Schwarzen Liste der Staatsallmacht wieder findet, kommt ihm die Erkenntnis, dass im Lande noch längst nicht alles aufgearbeitet wurde und dass die heimlichen Herrscher auch nach dem Rückzug der Generale aus der aktiven Politik immer noch dieselben sind. Dass einer dieser Herrscher sich auch noch als Konkurrent im Geschäftsfeld des guten Kaffeearomas und somit als Futterneider herausstellt, macht Alfonso in seinen Bemühungen um Wirte und Schönheiten nur noch energischer.
Der Essener Autor Wolfgang Cziesla versteht es in einer durchweg sparsam geschilderten Eindringlichkeit, die Gefühle eines Europäers in einem Lande auf der anderen Seite der Welt zu schildern, wobei sich im Leser der Eindruck verfestigt, eben dieser Alfonso Serna zu sein, der in Cabutima auf Schritt und Tritt den Ungeheuerlichkeiten der längst überwunden geglaubten Diktatur begegnet.
Cziesla gelingt es dieses Land im demokratischen Aufbruch, in seiner ganzen Zerrissenheit zu schildern, wobei die beschriebenen Charaktere nicht nur diese widerzuspiegeln vermögen, sondern sich auch im Leser der Eindruck verstärkt, selber unter ähnlichen Vorrausetzungen, Täter aber auch Opfer gewesen sein zu können.
Dem Klappentext ist zu entnehmen, dass der Autor sich lange Zeit in Südamerika aufgehalten hat und so drängt sich auf, dass die geschilderten Verhältnisse und Vorgänge in der dortigen sehr realen Wirklichkeit angesiedelt sind.
Firwitz, sich rühmend der Verlag für Brasilien, die Anden und den Kongo… zu sein, hat in diesem Autoren genau denjenigen gefunden, der für den interessierten Leser hier die Geschichten beizusteuern vermag.
Nicht nur für Südamerika- oder Fernwehtouristen eine Vorbereitungslektüre.
Kann und sollte auch von Stubenhockern gelesen werden. Absolut empfehlenswert.
Wolfgang Cziesla, Kaffeetrinken in Cabutima, Firwitz Verlag, 330 Seiten geb.
16,80 EUR ISBN 3-937482-12-1
(C) Chefschlumpf