Die halbe Welt steht – oder auch lauert – bereits an den Startlöchern der bevorstehenden Fußball-WM in Deutschland – daran kommen auch wir in der Bohne nicht vorbei. Belustigt durch ein Spiel der Geschlechter in einem Radiosender – „Wer kriegt die Fernbedienung?“ – habe ich mich gefragt, ob in Österreichs Wohnzimmern mit dem Anpfifftag 9. Juni wirklich dicke Luft herrschen sollte zwischen Mann und Frau. Wenn ich ehrlich bin, ich glaube, die Realität sieht mittlerweile ein bisschen anders aus und ist nicht mehr zerrissen zwischen der Problematik „Rosamunde Pilcher oder König Fußball“. Zumindest nicht mehr so extrem, vor allem, wenn ich da an mich selber denke.
Mit vier Brüdern aufgewachsen habe ich einige Jahre mit den Freunden der Brüder selber bei uns Fußball gespielt. Mit wechselndem Erfolg, muss ich gestehen, aber die Freude am Fußballspiel ist mir über viele Jahre erhalten geblieben. Über ein Jahrzehnt verfolgte ich die Erfolge und Misserfolge des LASK mit Herzblut. Sogar zu einer Zeit als ich in Salzburg lebte, verfolgte ich die Europacupeinsätze der Truppe und fand Mittel und Wege, zumindest via Radio life dabei zu sein. Die leidige „Abseits-Frage“, mit der man das weibliche Geschlecht gerne abqualifiziert, kostet mich nur einen Lacher. Auch deswegen, weil Frauenfußball in unseren Landen immer populärer wird, weil auch Damen längst „die Gurk’n geben können…“ – und das sehr gekonnt. Auch weltweit gewinnt dieser Sport an Bedeutung, und da soll mir keiner erzählen, dass sich nicht auch Frauen interessiert der kommenden WM widmen!
Fußball ist also keine reine Männerdomäne mehr, das habe ich schon anklingen lassen. Andererseits ist aber auch die Ablehnung gegenüber den „Wadlkickern“ nicht mehr rein auf das weibliche Geschlecht beschränkt. Was sicher auch an den nun schon lange andauernden, mageren Leistungen unserer Nationalelf liegt, die trotz wechselnder Trainer seit Jahren vergeblich um den Anschluss an frühere, glorreiche Zeiten kämpft. Natürlich gibt es überhaupt auch Leute, denen Fußball Zeit ihres Lebens suspekt war und ist, die es mit Churchill halten („No sports“) oder einfach einer anderen Sportart verfallen sind. Und diese sind es, Männlein oder Weiblein, die in den kommenden Wochen angesichts der Dichte des „Fußballprogramms“ zu bedauern sein werden. Zwar dürften sich speziell die Privatsender, die keine Übertragungsrechte ergattern konnten, um ein passendes „Ausweichprogramm“ bemühen, aber König Fußball wird zweifellos die Medien beherrschen, und nicht wenige werden seiner ziemlich schnell wieder überdrüssig werden, wenn vor allem in der Anfangsphase bis zu drei Matches am Tag hintereinander laufen werden…
Ein Kampf um die Fernbedienung wird trotzdem sicher nur selten über die Bühne gehen. Solche Szenarien möchte ich fast dezidiert ausschließen. In Österreichs Haushalten steht, denke ich, schon rein statistisch weit mehr als ein TV-Gerät zur Verfügung, und wenn auch die „Hausherren“ ziemlich sicher das Wohnzimmer mit Beschlag belegen werden, dürfte genügend nicht so interessierten besseren Hälften ein Zweitgerät die Möglichkeit geben, sich anderweitig bei einem Film oder einer Serie zu unterhalten. Oder wie auch immer die Begeisterung verteilt ist… Ob dieses Zweitgerät nun in der Küche oder im Bügelkammerl steht, spielt dabei keine entscheidende Rolle. Vorbei sind auf jeden Fall die Zeiten, als schier ein Graben wie der Grand Canyon durch die Familien ging, weil Papa von seinem alleinigen Besitzanspruch an die Fernbedienung keinen Millimeter abrücken wollte…
Im Multimediazeitalter lässt sich auch schon – passender Anschluss vorausgesetzt – der PC zum Fernsehgerät umrüsten. Mein Schwager hat schon vor Jahren begonnen, das sehr erfolgreich zu praktizieren. In diesem Sinn mag die Fußball-WM kommen, Österreichs Haushalte sind bereit – bieten doch auch die Versandhäuser seit Wochen tolle Schnäppchen an, um das Heim oder den Fußballfan WM-tauglich auszurüsten. Vom kommoden Mini-Fernseher für die Firma oder für unterwegs über das bequeme, leicht bedienbare Zweitgerät bis hin zum hypergeilen Riesenflachbildschirm, der alle Stückerl spielt, wird alles angeboten, ja, zu sensationellen Preisen de facto nachgeworfen. Der ORF darf jetzt schon jubeln über die zu erwartenden, sensationellen Einschaltquoten, während meine eigene Fernbedienung daheim aber unangetastet bleiben wird. Sie haben richtig gelesen, liebe Leser, weil mir das ganze Tamtam auch etwas zu viel werden dürfte, werde ich in den kommenden Wochen abends wieder vermehrt zum Buch greifen und mich weiterbilden und dazulernen. Damit hat der Fußball auch etwas Gutes für mich…
© Vivienne