Cross Border Leasing?

Im frühen 17. Jahrhundert kaufte der Niederländer Peter Minuit den Lenni-Lenape-Indianern die Insel Manna-Hatta ab, die, zwischen zwei Flüssen gelegen, zum Fellhandelsposten ausgebaut wurde. Der Kaufpreis betrug satte sechzig Gulden. Heute etwa fünftausend Euro.
Die Indianer freuten sich ein Loch in den Bauch, wussten sie doch, dass die Erbsenzähler aus den Niederlanden, Schwierigkeiten haben würden, ihren Neuerwerb in ihren wasserreichen Zwergstaat am Rande von Europa zu transferieren.

Dumm nur, dass just zwanzig Jahre später, Pieter Stuyvesant damit begann, quer über die Insel einen Wall zu bauen, damit die nächtlichen Pferdediebstähle durch die Indianer aufhörten, die mittlerweile dahinter gekommen, das Geschäft sei blöd gelaufen, sich an den Niederländern schadlos halten wollten.

New Amsterdam wurde im Laufe der Zeit zu einem internationalen Welthandelszentrum und die Straße, die nach dieser Mauer ihren Namen bekam, zum Synonym für globalen Geldumlauf.
Die Nachfahren dieser, den Irokesen verwandten Indianer, wollten wohl anfangs der Neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts, ihren verhängnisvollen Fehler wieder gut machen und drehten den Spieß einfach um.

Sie schickten Emissäre nach Europa, vornehmlich in klamme Deutsche Kommunen und boten deren Bürgermeistern für Verkehrsbetriebe, Kläranlagen, Rohrleitungssystemen und nicht zuletzt Schulzentren, nicht gerade Gulden, doch aber Amerikanische Dollar an.

Vier Prozent der tatsächlichen Werte boten die Rothäute den verdutzten Eingeborenen in Essen, Leipzig, Duisburg, Bremen, Berlin, Stuttgart und und und…

Diese, in New Yorker Geschichte wohl unbeleckten Stadtschranzen, rieben sich verwundert die Augen und willigten schließlich ein.
Vier Prozent vom Kaufpreis über 630 Millionen Dollar für das Klärwerk am Rande der Stadt, 25,2 Millionen, hörten sich verdammt nicht schlecht an.
Der restliche Kaufpreis würde auf Amerikanische Banken in Derivate, Zertifikate und nicht zuletzt in Häuslekredite bei guten Instituten, wie beispielsweise Lehman-Brothers angelegt. Diese Häuser kennen den Markt und können mit Geldern besser als die Erbsenzähler in den Kommunen umgehen.

25,2 Millionen, was könnte man damit nicht alles bauen?
Und schließlich, diese Rothäute würden es sich wohl zweimal überlegen, bevor sie den ganzen Kram wirklich nach Übersee verschifften. Zupass kam den Erbsenzählern in den Städten darüber hinaus der Vorschlag, die gesamte Anlage von den Rothäuten einfach wieder zurück zu mieten. Auf die nächsten 99 Jahre!

Irgendeiner der Stadtkämmerer, der wohl hinter jedem Deal, eine Finte vermutete, fragte nach dem Nutzen solcher Verträge und bekam zu hören, dass alles schon seine Ordnung hätte. Der Indianerhäuptling hätte mit dem großen Häuptling in Washington, Bill Clinton, die große Friedenspfeife geraucht und somit dürften alle Indianer in New York kräftig Steuern sparen, für die nächsten 99 Jahre. Darum würde ja auch der Deal im Staat Ney York abgeschlossen.
Und alles andere stände ja im Kleingedruckten auf über 1.500 eng beschriebenen Seiten. !5 Aktenordner hoch.
Und da es zuviel Mühe machte, diese Stapel von Aktenordnern nach Deutschland zu schaffen, lassen wir sie einfach hier und ihr behaltet solange eure Verkehrsbetriebe, Kläranlagen, Rohrleitungssysteme und nicht zuletzt die Schulzentren.

Herr Immermisstrauisch überwand schließlich sein Misstrauen und willigte auch ein.

Dumm nur, das die Verträge für den „ganz unwahrscheinlichsten Fall, dass die Verpflichtungen der Kommunen für Absicherung des Investments, eben die nun in Papieren angelegten restlichen 96 Prozent, eine nachträgliche Absicherung durch zusätzliche Sicherungsleistungen, sprich zusätzliche Millionen“ vorsahen. Irgendwo in den 15 Aktenordnern kleingedruckt und in Englisch versteckt.

Dumm auch, dass bei Rückabwicklung der Verträge, diese, hohe Ausfallabsicherungen für die Investoren vorsahen.

Dumm gelaufen, ihr Erbsenzähler, aber was lehrt uns ein Blick in die Geschichte New Yorks?
Rache ist süß und der Mensch ist gelehrig und die Rache folgt auf dem Fuß und wenn die Rothäute jetzt nicht anfangen Mauern um ihre Verkehrsbetriebe, Kläranlagen, Rohrleitungssystemen und nicht zuletzt Schulzentren bauen, können wir uns ja bei Nacht durch Klauen schadlos halten.
Oder einfach 400 Jahre auf unsere Gelegenheiten warten.

Antoine Susini März 2009

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