Home Prosa Aus dem Hinterhof der Seele
01.05.2005, © Vivienne
Mir gehört die Welt!
Bettina parkte das Cabrio.
Den Zigarettenstummel warf sie achtlos auf den Boden.
Die Sonnenbrille nahm sie ab.
Steckte sie in der Tasche ihrer Jeansjacke.
Dann besah sie sich das Auto.
Verdammt.
Das Kennzeichen.
Ihr knallroter Mund verzog sich zu einem schmalen Strich.
Verdammt.
Sie ging rund um das Auto.
Stampfte wütend auf.
Verdammt.
Der Reifen ist hinüber.
Aber wenigstens kein Kratzer
Bettina griff nach der Handtasche auf dem Beifahrersitz.
Holte das Handy heraus.
Wählte eine Nummer.
Simon, bist dus?
Du, mir ist was passiert.
Ein Unfall.
Ja.
Die Karre ist ok.
Aber ich muss einen Reifen wechseln.
Sie dämpfte die Stimme.
Du musst mir einen Gefallen tun.
Bitte.
Ruf bei der Gendarmerie an.
Sag ihnen, das Cabrio wäre gestohlen worden.
Und frag nicht.
Ich erklär dirs später.
Okay?
Ich liebe dich.
Ärgerlich steckte sie das Handy ein.
Der Idiot
!
Bettina öffnete den Kofferraum.
Holte sich Wagenheber.
Und das Reserverad.
Das ihr das passieren musste.
Ausgerechnet ihr!
Es war eine saugeile Fahrt gewesen.
Megacool!
Der Fahrtwind hatte ihr das Haar zerzaust.
Sie hatte das Cabrio im Griff gehabt.
Jede Minute.
Dazu brauchte sie keinen Führerschein!
Die paar Gspritzten!
Die hatten sie nur weiter beflügelt.
Saugeil war die Fahrt gewesen.
Bis ihr das dumme Kind ins Auto gelaufen war.
Auf irgendeiner Nebenfahrbahn.
120 km/h konnte sie einfach nicht so schnell abbremsen.
Das war nicht ihre Schuld gewesen.
Aber sie war von der Fahrbahn abgekommen.
Fast über eine Böschung gestürzt.
Und die Familie des Mädchens war nur da gestanden.
Und hatte sie mit großen Augen angeblickt.
Doofe Leute.
Wohl auch noch Ausländer!
Endlich hatte sie die Kiste wieder auf die Fahrbahn gebracht.
Und da waren die Leute noch immer.
Und starrten sie an.
Da war sie aufs Gas gestiegen.
Lenkte direkt auf die kleine Gruppe zu.
Weil ihr danach war.
Dem Gesindel würde sie es zeigen.
Wie die Hühner stoben die Leute auseinander.
Sie lachte in der Erinnerung
Bettina schwitzte.
Verdammter Reifen.
Ein Fingernagel war ihr auch noch abgebrochen.
Sch
!
Ein Wagen hielt neben ihr.
Bettina drehte sich nicht um.
Sie hatte keine Zeit für irgendwen.
Die dunkle Stimme ließ sie zusammenzucken.
Hatten Sie etwa einen Unfall?
Sie drehte sich um.
Zwei Polizisten standen vor ihr.
Bettina fluchte innerlich.
Die doofen Bullen!
Sie drehte sich wieder um.
Ich brauche keine Hilfe!
Der eine Beamte legte ihr die Hand auf die Schulter.
Nicht so schnell.
Ein paar Kilometer von hier ist ein Mädchen überfahren worden.
Von einem roten Cabrio.
Wie Ihres.
Waren Sie das?
Wissen sie was davon?
Bettina drehte sich um.
Verdammt!
Das geht mich nichts an!
Ich lass mir nichts anhängen.
Nicht von euch!
Scheiß Bullen!
Der Kollege holte etwas aus dem Wagen.
So ein Zufall.
Dieses Kennzeichen hat der Lenker vorhin verloren.
Und bei Ihnen fehlt es.
Sie kommen jetzt mit uns aufs Revier!
Bettina biss und kratzte.
Schließlich saß sie doch auf dem Rücksitz des Polizeiwagens.
Mit Handschellen.
Im Revier musste sie lange warten.
Die Familie machte eine Aussage.
Die Familie des Mädchens.
Sie hatte es überfahren.
Sch.. dachte Bettina.
So ein Pech!
Simon würde wohl fluchen.
Der Vater des Kindes blieb bei ihr stehen.
Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
Bettina zeigte ihm demonstrativ die Zunge.
Er schüttelte den Kopf.
Und ging wieder.
Die beiden Beamten holten sie wieder ins Büro.
Bettina warf ihnen unfreundliche Blicke zu.
Hören Sie zu
Der Alktest ist positiv.
Sie haben über 1,3 Promille.
Sie haben keinen Führerschein.
Sie waren viel zu schnell unterwegs.
Der Wagen gehört nicht Ihnen.
Sondern einem Simon Krauter.
Ist das Ihr Freund?
Der hat das Cabrio nämlich als gestohlen gemeldet.
Seltsamer Zufall
Kurz nach dem Unfall nämlich erst.
Sie haben das Kind überfahren.
Es liegt mit mehreren Brüchen im Spital.
Und Sie haben Fahrerflucht begangen.
Wissen Sie was?
Sie haben sich ganz schön was eingebrockt, junge Frau.
Bettina stand auf.
Sie war wütend.
Wütend wie nie zuvor.
Wie kamen die überhaupt dazu so mit ihr zu reden!
Wisst ihr was ihr mich könnt?
Das interessiert mich alles nicht!
Mein Freund ist reich!
Der holt mich hier wieder raus!
Das ihr nur so staunen werdet!
Ihr Flaschen!
Der Beamte lachte amüsiert auf.
Wie Sie meinen
Aber ich fürchte, der wird auch Probleme bekommen.
Weil er eine Diebstahlsanzeige gemacht hat.
Die nachweislich falsch ist
Glauben Sie, dass der noch Wert auf Sie legt?
Bettina presste die Lippen zusammen.
Warum musste ihr das passieren?
Sie verstand das nicht.
So ein Scheißtag.
Verdammt.
Vivienne
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