Home Kolumnen Die bunte Welt von Vivienne
26.10.2005, © Vivienne
Ich glaubs nicht!
Die Dinge sind oft nicht so wie sie scheinen Eine Weisheit, die noch jedes Mal ihre Gültigkeit unter Beweis gestellt hat. Und die man sich selber öfter vor Augen halten sollte. Besser gesagt: immer wieder. Leider vergessen viele in gewissen brenzligen Situationen oft darauf, dass man auch einem Angeklagten zuerst die Gelegenheit geben sollte, sich zu Vorfällen, die sich scheinbar nur sehr eindeutig erklären lassen, zu äußern. Solange, bis man sich selber in einer eindeutig anmutenden Situation befindet
Albert ist ein Skorpiongeborener, wie ich bisweilen schon erwähnt habe. Neben großer Leidenschaft und Liebesfähigkeit (nicht übertrieben!) zählt auch eine gewisse Sparsamkeit (sagen wie ruhig Geiz) zu seinen hervorstechendsten wie eindeutigen astrologischen Eigenschaften. Jedes Jahr tüftelte ich nun wieder herum, was ich ihm zum Geburtstag schenken konnte. Mit dem 7. November nahte der in Eilesschritten. Bis ich neulich durch Zufall in der Samstagzeitung ein fantastisches Angebot fand: ein toller Oldtimer, Baujahr 57, der fast so wie der Mercedes aussah, in dem James Dean verunglückt war, wurde wegen eines Todesfalls zum Verkauf angeboten.
Ganz nervös legte ich die Zeitung auf den Tisch. Albert kämpfte in der Küche mit der Kaffeemaschine und pfiff den neuen Song von Robbie Williams. Besser gesagt, er versuchte es redlich, aber ich machte ihn nicht darauf aufmerksam Ich las die Annonce noch einmal durch. Recht gut war das Fahrzeug nicht beisammen, das konnte ich zwischen den Zeilen lesen, aber Albert würde da sicher was ändern können. Den Wagen konnte er problemlos im Haus seiner Eltern abstellen und immer daran basteln, wann er wollte. Gut, dass mein Bausparer vor ein paar Wochen ausgelaufen war. Damit konnte ich Albert mehr überraschen als er je ahnen würde können
Als Albert den Müll nach unten trug, rief ich hastig an. Der Erbe, der Neffe des Besitzers meldete sich. Und er hatte noch nicht verkauft, ich verabredet mich mit ihm, ihn nächste Woche zu treffen – um mir den Wagen anzuschauen. Gerade noch rechtzeitig, bevor Albert wieder im Wohnzimmer stand. Ich schnaufte durch, Albert hingegen blickte mich merkwürdig berührt an, was mir aber nicht wirklich auffiel. Ich hingegen sah nur Ali vor meinem geistigen Auge, wie er in dem Wagen saß und ein wenig James Dean spielen konnte. Sein Haar wehte im Wind und er sah großartig aus mein Mann! Albert musterte mich noch immer. Ist alles okay? Seine Stirne lag in Falten und er wirkte verunsichert. Ich schüttelte den Kopf aber ich bin nie eine gute Schauspielerin gewesen
Zweimal traf ich den Verkäufer das Wagens: Klemens Hübscher, gebürtiger Deutscher, wie er bereitwillig erzählte, 37 Jahre alt und durchaus ein interessanter Mann. Ich saß zweimal mit ihm in einem Café im Linzer Zentrum beisammen, wo wir über den Kauf sprachen, uns unterhielten und ein wenig plauderten. Hübscher war geschieden, wie er mir verriet, und einem Flirt offensichtlich nicht abgeneigt, aber ich achtete darauf, dass der nicht außer Kontrolle geriet. Freitagnachmittag sollte ich ihn dann noch einmal treffen, um den Oldtimer zu bezahlen. Hübscher schickte mir der Einfachheit halber am Vortag eine SMS, die ich bestätigte. Es würde mir nicht schwer fallen, Albert an seinem Geburtstag hier herauszulotsen. Hübscher hatte mir ein Foto von dem Besitz seines Onkels hingelegt und malerisch lag dieses Anwesen ganz sicher. Das wusste ich ja auch von dem Kurzbesuch dort, bei dem ich den Mercedes gesehen hatte.
Ich legte den Umschlag mit dem Geld hin, als ich meinen Namen hörte. Überrascht drehte ich mich um und sah auch schon Ali auf mich zulaufen, an der Seite einen Kollegen von ihm, den ich nur flüchtig kannte. Ich stand auf. Woher wusste Ali, dass ich hier in dem Cafè war um den Oldtimer zu kaufen? Auch Hübscher wirkte verunsichert und blickte mich etwas erstaunt an. Nicht einmal den Kaufvertrag und das Geld ließ er verschwinden. Der Idiot! dachte ich mir. Nun würde mein toller Plan auffliegen Ali starrte mich an, wie ich ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Sein Mund war verkniffen, ganz schmal und seine Augen stachen mich förmlich an. Möchtest du mir nicht etwas erklären? Seine Stimme klang gepresst, aber ich begriff trotzdem nicht gleich, was Ali glauben musste weil es ihm sein Kollege eingeredet hatte, der mich bei meinem ersten Treffen mit Hübscher zufällig gesehen und Ali gleich eingeredet hatte, Hübscher wäre mein Geliebter.
Es dauert gerade fünf Minuten, um die Sache restlos aufzuklären, der Kaufvertrag und das Geld im Umschlag waren unbestechliche Zeugen und Alis Kollege verzog sich sehr schnell und verlegen, mit schuldbewusstem Gesichtsausdruck. Ali, das wurde mir erst nach dem klärenden Gespräch klar, war die letzten Tage durch die Hölle gegangen. Sein Kollege hatte ihm etwas voreilig Flausen in den Kopf gesetzt und Skorpione können sehr eifersüchtig sein, mehr als das Schließlich war ich selber verwirrter als Ali zuvor, der mich fest umarmte, ja, fast hilflos an sich drückte, weil dieser Verdacht .Ich glaube es nicht! Ich sagte es mir als einmal. Ali hatte tatsächlich ernsthaft angenommen, ich würde mich mit einem Liebhaber treffen! Ich!
Hübscher war schon längst weg, aber Ali kümmerte sich nicht um den Kaufvertrag und das Foto des Mercedes-Oldtimer. Oder besser gesagt: erst sehr viel später. In diesem Moment kämpfte er fast ein wenig um seine Fassung. Männer können nicht reden, nicht über ihre Gefühle, nicht über ihre Ängste schon gar nicht, wenn sie introvertierte Skorpione sind. Und mir selber war nicht wirklich aufgefallen, was sich mein Mann durchgemacht hatte Na, wenigstens hatte er mich nicht gleich erschossen!
Vivienne
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