Home Kolumnen Die bunte Welt von Vivienne
05.08.2005, © Vivienne
Die Liebesstörer
jetzt weiß ich, wer die Frau vorhin in der Blumenhandlung war! Albert schreckte fast aus seiner kurzzeitigen Lethargie hoch. Du erinnerst dich doch, Vivi? Die Blonde Anfang Vierzig mit den Bleistiftabsätzen? Ja, ich erinnerte mich genau, und ich hatte plötzlich ein komisches Gefühl in der Magengegend, denn dieser barbieschlanken Frau mit großen Brillen schenkte er offensichtlich mehr Aufmerksamkeit als üblicherweise einer attraktiven Frau. Was ist mit ihr? Ich merkte, dass ich etwas schroff klang, ein Hauch von Eifersucht lag auf meiner Seele und das konnte ich nicht ganz verbergen. Ali schien nichts zu bemerken, er legte seine Autozeitschrift beiseite und visierte einen imaginären Punkt an der Wand gegenüber. Weißt du wer das war? Marie Breitner, die Tochter von unseren Nachbarn, genau genommen die ältere. Ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre!
Ali wandte sich zu mir und strahlte mich an. Ich konnte mir nicht genau erklären, warum ich so patzig reagierte, aber ich ließ ihn strahlen und holte mir eine Tasse Kaffee aus der Küche. Deine erst Liebe, richtig? Die Begeisterung klingt noch sehr durch! Mein Mann lachte laut auf. Vivi, du bist ja eifersüchtig, noch dazu auf diese harmlose Person! Gibs zu! Dabei hast du doch keinen Grund dazu! Tatsächlich? Ich zeigte Ali weiter die kalte Schulter. Warum machte er sonst so einen Aufstand wegen einer Frau, die ihn angeblich nicht interessierte? Alis Stimme versuchte wieder, mich aus der Reserve zu locken. Nein, meine erste Liebe war die Frau Breitner oder wie immer sie jetzt heißen mag, nicht. Aber ich kann mich noch gut an ihre erste Liebe erinnern Ich drehte mich wieder zu ihm um. Ja?
Ali nickte. Ich trau mich fast nicht zu erzählen, was wir damals aufgeführt haben, meine Schwester und ich Er lachte glucksend. Ich spürte förmlich, wie er wieder der kleine Bub wurde, der er damals gewesen war. Meine Neugierde nahm nun überhand. Erzähl schon! Was habt ihr aufgeführt, du und deine Schwester? Und warum? Irgendwie war für mich schwer vorstellbar, was zwei Kinder mit der ersten Liebe eines nicht unwesentlich älteren Mädchen zu tun haben sollten. Ich trank von meinem Kaffee und blickte Ali erwartungsvoll an. Ali lachte wieder und setzte sich auf die Couch. Dann verlor er sich völlig in diesem Kindheitsstreich na ja, wir waren noch sehr klein, meine Schwester und ich, ich glaube ich war acht oder neun und meine Schwester ein Jahr älter. Bei den Nachbarn herrschte also großes Getue, weil der Bursch mit seinem Auto anrückte. Ich denke, er war höchstens neunzehn. Und wir versteckten uns hinter der Hecke im Garten und beobachteten mit Stielaugen, was sich drüben bei Familie Breitner tat
Ich konnte mir die Szenerie gut vorstellen. In meiner Familie war es oft nicht anders gewesen, wenn die Nachbarn oder jemand in der Straße Besuch bekommen hatten. Ali zündete sich eine Zigarette an und seine Augen blitzten vor Vergnügen. nach dem Mittagessen kamen die beiden, also die Marie und ihr Freund, wieder aus dem Haus. Sie trugen Badekleidung, also sie einen Bikini und er eine Badehose. Sie breiteten eine große Decke auf dem Rasen aus und legten sich bäuchlings nebeneinander hin. Damit begann der spannende Part für uns Kinder. Die beiden fingen nämlich zu knutschen und zu schmusen an. Sehr intensiv, und ich erinnere mich gut, wie unsere Augen noch größer wurden. Wir hatten ja keine Ahnung, was da wirklich vorging und wozu das Getue gut war, aber wir wollten es uns um keinen Preis der Welt entgehen lassen
Ich schmunzelte, während ich mir das Ganze bildlich vorstellte. Ali als kindlicher Spanner, unterstützt von seiner Schwester, das hätte ich beiden gar nicht zugetraut Mein Mann hatte ein spitzbübisches Lächeln aufgesetzt, seine Finger spielten unentwegt mit dem Feuerzeug. Schließlich wurde diese Geschichte richtig spannend, denn nun begann der junge Mann, seine Freundin aus dem Bikinioberteil zu schälen und sie griff ihm doch tatsächlich in die Badehose, an einer sehr erogenen Zone Und da hatte ich eine spontane Idee! Welche Idee? Hat euch das Spannen noch nicht genügt? Ich wurde noch einmal neugierig und überlegte, was die zwei denn noch angestellt haben konnten. du errätst es doch nicht! schien Ali meine Gedanken vorher zu sehen. wir begannen nämlich die beiden zu beschießen. Mit Kieselsteinen, mit Erdkügelchen, mit Mist alles, was uns unterkam. Zunächst bemerkten es die beiden nicht gleich, dann blickten sie immer öfter in unsere Richtung. Und sie ärgerten sich immer mehr. Wir waren durch die Hecke geschützt, aber nach einer gewissen Zeit war unschwer zu erkennen, dass wir Störenfriede waren und sie sekkierten.
Was haben sie dann gemacht? Haben sie bei euren Eltern geläutet und sich beschwert? Ali grinste schelmisch. Nichts von alledem. Die Marie hat ihr Bikinioberteil wieder angezogen und dann gingen die zwei ins Haus zurück. Wahrscheinlich haben sie dann auf ihrem Zimmer weitergemacht Das muss ja dann sehr schlimm für euch gewesen sein, dass euer Vergnügen so ein abruptes Ende hatte. Wie konntest ihr das nur verschmerzen? Meine Stimme troff vor Ironie. Mein Albert war ja einmal ein ziemlich Früchtchen gewesen, so wie das jetzt aussah, und wenn ich ehrlich war: ansatzweise zeigte er das heute auch noch immer
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