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05.08.2005, © Vivienne
Würden Sie für einen Job ins Ausland gehen?
Heute Morgen hatte ich wieder Gelegenheit, kurz ins Frühstücksfernsehen von ARD und ZDF zu schauen. Man kann sich dort ab und an recht interessante Berichte ansehen, wie auch heute, als der Arbeitstourismus der Deutschen nach Österreich ein wenig beleuchtet wurde. 45.000 Deutsche arbeiten mittlerweile in Österreich, man verdient besser bei uns und Jobs gibt es auch mehr als im eigenen Land. Der Trend ist also nicht absehbar und vielleicht erinnert sich der eine oder andere daran, dass auch nicht wenige deutsche Maturanten (oder Abiturenten, wie man in Deutschland sagt) zum Studieren nach Österreich kommen, weil der dortige Numerus Clausus für viele eine gewaltige, wenn nicht unüberwindbare Hürde auf dem Weg zum akademischen Titel darstellt.
Ich habe grundsätzlich kein Problem damit, dass in Österreich auch Zugewanderte ihr täglich Brot verdienen. In einer Bäckerei in Linz, in der ich öfter einkaufe, bedient mich bisweilen eine junge Frau, deren deutscher Akzent für mich nicht mehr zuordenbar ist. Aber ist immer sehr höflich und freundlich. Auch wenn wir die Situation bei uns sicher anders einschätzen: für die deutschen Nachbarn sind wir fast ein Land, in dem noch Milch und Honig fließt. In dem Zusammenhang habe ich mir die Frage gestellt, ob ich wohl selber auch ins Ausland gehen würde, wenn sich ein unwiderstehliches Angebot bieten würde. Im Jahr 1998, ich war damals in jenem von mir schon hinlänglich bekannt gemachten Frauenprojekt, wurde ich unerwartet mit einem auf den ersten Blick nicht uninteressanten Angebot konfrontiert. Eine der Trainerinnen fragte mich, ob ich Lust hätte, in die EU nach Brüssel zu gehen. Im ersten Augenblick klang das vielleicht sogar wie die Chance schlechthin.
Ich muss dazu ausführen, dass ich in diesem Projekt ein wenig wie ein bunter Hund heraus stach. Die wenigsten der Frauen dort sprachen auch nur halbwegs akzeptabel englisch, ich konnte sogar mit Französischkenntnissen glänzen. Grund für Neid, Grund für Anfeindungen und Mobbing. Einige der Damen wäre mich gerne losgeworden, sagen wir es ganz offen, um die Ursache für ihren Minderwertigkeitskomplex loszuwerden. Ich selber sah das Angebot realistischer: mein Englisch reicht, um sich normalerweise gut damit durchschlagen zu können, perfekt ist es bei weitem nicht. Und mein Französisch hätte erst mühsam reaktiviert werden müssen, um in einer komplexeren Unterhaltung bestehen zu können. Ich hätte mich erst bewerben und verschiedene kleine Aufgaben erfüllen sollen, bevor eine endgültige Auswahl getroffen worden wäre. Das war die Ausgangssituation. Deshalb nahm ich von Anfang an eine sehr skeptische Position ein.
Dazu kam, dass ich nicht vorhatte, meine ganze Familie und die paar Freunde hier zurückzulassen und das alles für eine ungewisse, einsame Zukunft in einem fernen Land zu tauschen. Meine Entscheidung, mich gar nicht erst zu bewerben, weil meine Fähigkeiten nicht wirklich ausreichten, brachte mir in jenem Projekt viel Missgunst und Anfeindungen ein Aber ich stehe auch heute noch dazu. Ich würde jetzt nicht anders handeln. Ganz abgesehen davon, dass ich bezweifle, dass ich damals in eine engere Auswahl gekommen wäre: auch wenn ich gerne verreise, bin ich doch durch und durch Österreicher und kein Kosmopolit, der mal hier und mal da leben kann. Wer lässt sich schon gerne aus seiner ureigensten Umgebung reißen? Ich jedenfalls nicht und ich werde deshalb auch nie einen Job weiter außerhalb anstreben. Auch in weiterer Zukunft nicht.
Aber was wird sich tun in dem Bereich? Kann es nicht sein, dass das AMS in Hinkunft noch mehr als sonst versuchen wird, in das Leben der Arbeitslosen Einfluss zu nehmen? Momentan ist es nicht leicht möglich, vom AMS etwa in die Steiermark oder nach Vorarlberg vermittelt zu werden, außer im Gastgewerbe. Ich frage mich, ob diese Hürde nicht bald genommen werden wird, vor allem bei Langzeitarbeitslosen. Man stelle sich vor, dass ein Mann, der seine Familie ernähren muss, in Zukunft nur am Wochenende daheim ist, weil er Sonntagabend zum Beispiel immer nach Innsbruck pendelt, wo er unter der Woche arbeitet. Oder von Paaren, die eine Fernbeziehung führen müssen, weil er im einen und sie im anderen Eck von Österreich daheim ist und arbeiten geht. Wenn Sie mich fragen, liebe Leser: die Scheidungszahlen in Österreich werden bald ins Unermessliche steigen, wenn diese meine Vision wahr wird.
Aber das ist wieder ein anderes Kapitel. Kehren wir zum Ausgangsbereich zurück: Meinen Standpunkt kennen Sie jetzt, ich bin eng mit meinem Lebensbereich verknüpft und würde sicher nicht leicht alle Zelte abbrechen, um eine neue berufliche Chance ganz woanders zu suchen. Aber wer weiß, wie sich die Arbeitsplatzsituation in Österreich weiterentwickelt, auch wenn wir im Europaschnitt noch immer besser als viele andere Länder dastehen. Wer weiß, was in Hinkunft nötig sein wird, obwohl wir es nicht wollen
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