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04.11.2005, © Vivienne

Wir bitten zum Tanz

Tanzen liegt wieder voll im Trend. Der ORF und kürzlich auch der Sender Pro Sieben haben das mit ihren Tanzshows klar unter Beweis gestellt. Ob Toni Polster bei uns oder Oli P in deutschen Landen – es macht Eindruck, wenn gut aussehende, schön gewandete Menschen ihren Körper zum Rhythmus sanfter oder auch feuriger Melodien bewegen. Wobei sich die Jury ja nicht immer einig ist, ob die Schritte der Prominenten wirklich immer so eindeutig im Einklang mit der Musik erfolgen. Aber seien wir ehrlich, wenn die Damen in traumhaften Roben oder im Gegenzug auch in sexy Outfit auf der Tanzfläche erscheinen, schmelzen die Herzen oder der Puls jagt schneller…

Tanzen ist Erotik, Erotik pur und es war schon früher, in weniger „aufgeschlossenen Zeiten“ die beste und sicherste Methode, sich dem anderen Geschlecht zu nähern, ohne dass dies gleich für Empörung oder Aufsehen sorgen konnte. Tanzen hat die Menschen auch immer fasziniert und es erstaunt keineswegs, dass es große Tanzfilme wie Dirty Dancing, Flashdance oder Saturdaynight Fever waren, die nicht nur zu großen Kassenschlagern avancierten sondern aus denen auch fast immer ganz große Stars hervorgingen. Die Karriere von John Travolta etwa begann Mitte der 70er Jahre mit einigen solchen Streifen und fraglos werden auch die bekannten Tanzshows, die ungefähr nach dem Schema von Starmania laufen, so manchen Prominenten später noch populärer machen.

Auch Dagmar Koller, ihres Zeichens Jurymitglied, wird mit der Show im ORF wohl unsterblich werden und Toni Polster, ehemaliger Fußballkönig, hat ihr (oder besser gesagt, ihrer Sympathie) zu einem nicht unwesentlichen Anteil zu verdanken, dass er und seine geübte Partnerin sich bereits unter den letzten drei getanzt haben. Fasziniert hat mich ganz besonders auch Marika Lichter, die zwar nicht elfengleich wie die bezaubernde Barbara Rett über das Tanzparkett schwebt, aber mit ungeahnter Anmut und Ausdruck aufwarten kann. Über Toni Polster möchte ich nicht so viel sagen, denn dass er wie gesagt Dagmar Koller auf seiner Seite hat, macht manches tänzerische Manko wett…

Ich selber habe nie das Innere einer Tanzschule gesehen. Kein Geld daheim bei acht Kindern, um jemanden aus dem Nachwuchs in die Tanzschule zu schicken und ich habe es auch nie wirklich vermisst, in diesem Bereich leer ausgegangen zu sein. Ich habe später, als ich sehr dürftig vor dem Spiegel versucht habe, Michael Jackson zu imitieren, rasch begriffen, dass mir das Gefühl für diese ausdrucksvolle Körpersprache fehlt. Ich weiß zwar, was gut aussieht und wirkt, und gerade Jackson hat mich mit seinem Moonwalk und anderen legendären Tänzen lange Jahre fasziniert, aber eine eigene Begabung als Dancing Queen wurde mir nie in die Wiege gelegt. In gewisser Weise bedauerlich, natürlich, aber ich bin dafür mit anderen Talenten hinreichend ausgestattet worden als dass ich mit dem Schicksal deswegen hadern würde.

Heutzutage kommt auch ein Popstar nicht mehr ohne Bühnenshow mit aufwendigen Tanzeinlagen aus. Jackson war ein Trendsetter in den 80er und 90er Jahren, die Karriere seine Schwester Janet wurde erst richtig forciert, als sie selbst für ihre Konzerte aufwendige Choreographien einstudierte. Madonna und alle aktuellen Acts von den Backstreetboys bis Justin Timberlake bestechen in ihren Videos mit perfekt inszenierten Tanzszenen. Natürlich hat das weniger mit den Gesellschaftstänzen zu tun, die durch oben genannte Shows wieder en vogue geworden sind. Aber die Tanzschulen werden in jedem Fall zumindest bei uns davon profitieren, dass Langsamer Walzer oder Tango die Massen wieder begeistern.

Es ist wieder in, edel und nobel gekleidet zu sein, und nicht nur in zerissenen oder ausgewaschenen Jeans und labbrigen Shirts herumzulaufen. Dass das Interesse dafür nie wirklich weg war, beweisen auch jedes Jahr wieder die großen Bälle, für die sich auch junge Leute in Frack und Ballkleid zwängen. Und für nicht wenige erfüllt sich ein Lebenstraum, wenn sie am Ball der Bälle, dem Wiener Opernball, selber zur Polonaise die Beine haben dürfen… Jetzt noch viel mehr. Die alte Walzerseligkeit so manches rührseligen Uraltfilmes hat zwar doch ausgedient, aber perfekte Tanzschritte zu romantischen Melodien vermögen durchaus noch in eine Traumwelt zu versetzen und zu verzaubern. Ein wenig Abstand zur Realität, die uns ohnehin viel zu fest im Griff hat, kann manchmal nicht schaden…

Vivienne

 

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