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28.09.2005, © Vivienne

Tu felix Austria!

Ja, wir Österreicher sind wirklich glückliche, sorgenlose Menschen, mehr als das: richtige, schwerwiegende Probleme dürfte unser Land nicht haben. Wie sonst ist es möglich, dass de facto aus dem Nichts heraus bestimmt werden soll, dass wir Österreicher einen neuen Text für unsere alt gediente Bundshymne bekommen sollen, einen der weniger frauenfeindlich ist… Nein, liebe Leser, Sie haben nicht schlecht geträumt und sind dann aufgewacht, allen Ernstes will nämlich Maria Rauch-Kallat für einen fortschrittlichen Text unserer Bundshymne sorgen… Zumindest, wenn es nach ihr geht.

Selten so gelacht oder anders formuliert: das Ministerium, dem besagte Dame vorsteht, dürfte krass unterbeschäftigt sein, wenn schon solche Überlegungen angestellt werden müssen um die Arbeit dort in Gang zu halten. Das ist meine ehrliche Meinung. Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht, liebe Leser, aber die „Heimat großer Söhne“ zum Beispiel, tut mir nicht im Geringsten weh. Ganz im Gegenteil. Der Text stammt bekanntermaßen von der Dichterin Paula Peradovic und die hat halt einen passenden Reim finden müssen. Ich kann das gut nachvollziehen, bin ich doch selber auch, wie Sie, liebe Leser, sich fast tagtäglich wieder überzeugen können, eine sehr rührige Dichterin, die mit Engagement und Herz zur Feder greift und sich dabei verschiedener Stilmittel bedient.

Aber einmal abgesehen davon: Hat dieses Land, hat diese Welt denn wirklich keine vorrangigeren Sorgen als die Texte alter Hymnen, die zu „männerlastig“ sein könnten? Wenn ich daran denke, wie viele Frauen allein in unserem ach so gelobten Land in unterbezahlten Jobs stecken und einmal einen lächerlichen Betrag von einer Pension beziehen werden, den der Herr Bundeskanzler normalerweise für ein Paar neuer Schuhe auszugeben pflegt, könnte ich darüber ernsthaft in Rage geraten. An dieser Stelle sollte Frau Rauch-Kallat einmal ansetzen, statt sich um einen – man verzeihe mir den Ausdruck! – Furz zu kümmern! Dieser „Streich“ gemahnt beinahe an den fast vergessenen Vorstoß eines verzichtbaren Linzer Grünpolitikers, der sich vor ein paar Jahren einmal der Schlagzeilen Willen um zweigeschlechtlich beschriftete Verkehrstafeln bemühen wollte.

Mit solchen Aktionen, liebe Leute, ist keiner Frau geholfen. Damit wird keine finanzielle Not gestillt und damit ist auch nicht gewährleistet, dass so manche Pensionistin mit ihrer Mindestpension das Auslangen findet. Solche Überlegungen laufen am wahren Leben völlig vorbei und sind am allerwenigsten Garant für Gleichberechtigung und Fairness zwischen den Geschlechtern. Besser gesagt: zynischer könnte diese Pseudofeminismus gar nicht ausfallen! Offen gesagt, es passiert mir immer wieder wegen meines Engagements, dass ich als Emanze bezeichnet werde, obwohl ich dieses Schimpfwort stets gerne von mir weise und es in diesem Fall überzeugt an Frau Rauch-Kallat weiterreiche, die diesem Ministerium, dass eigentlich seinerzeit für „Frauenangelegenheiten“ geschaffen worden sein sollte, nicht zu Ehre gereicht.

Angesichts solcher Vorstöße drängt sich mir sogar die Frage auf, warum wir uns überhaupt ein Frauenministerium leisten? Bei derartigen „zwanghafter Anwandlungen“ (Wie sonst könnte man solches Stochern in Belanglosigkeiten sonst nennen?) möchte ich doch entschieden die Sinnhaftigkeit in Frage stellen. Selbst die Überlegung, dass Frau Rauch-Kallat vielleicht wirklich auf diese Weise nur Schlagzeilen machten wollte – was ja heutzutage schon total im Trend liegt – kann ich mich nur wundern, dass die Ministerin keine wirklichen praktischen wie vorzeigbaren Vorschläge zu präsentieren hat. Im grenznahen Ausland wird jedenfalls wieder einmal geschmunzelt über uns, frei nach dem Motto: den Össis im Operettenstaat geht es ja viel zu gut bei vergleichsweise niedriger Arbeitslosenzahl und gerade zu noch goldiger Konjunktur.

Wie auch immer: ich verwehre mich jedenfalls entschieden gegen diese Neuinterpretation der Bundeshymne. Sie soll genauso bleiben wie sie ist, weil dieser Text auch keine Frau  stören kann, die über ein gesundes Selbstbewusstsein verfügt. Und auf die Wortspenden ach so fortschrittlicher Leute wie jener Grünpolitikerin aus deutschen Landen, die sich nicht zu blöd war angesichts der Diskussion in Österreich vor laufender Kamera zu äußern, derartige Änderungen wären auch für die deutsche Hymne überlegenswert, brauchen wir so notwendig wie einen Kropf. Mag schon sein, dass die hehre Politik, zu deren Zunft ich Gott sei Dank nicht gehöre, das anders sieht und mich ob meiner Dreistigkeit rügen würde, aber wenigsten stehe ich mit beiden Beinen fest am Boden und lasse mir mit solchen Aktionen keinen Sand in die Augen streuen.

Vivienne

 

 

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