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25.10.2005, © Vivienne
Ausländerfeindlichkeit in Österreich
Ein Plädoyer für Österreich
Die gestrigen Wahlen in Wien, bei denen die Freiheitlichen überraschend gut abgeschnitten haben, ließen wieder mehr als nur Unmut in unserem Land wach werden: Österreich, respektive Wien, mit 15 % Anteil an Ausländerfeinden? H.C. Strache, der seine Gefolgsleute und die arg gebeutelte Partei in einen harten Wahlkampf führte, wird von allen Seiten eine Strategie der Ausländerfeindlichkeit, der Ausgrenzung von Zuwanderern und der Polarisierung vorgeworfen. Ich selbst würde durchaus nicht bestreiten, dass Strache bei diesem Wahlkampf, bei dem es für ihn und die Partei ums politische Überleben ging, die Grenzen des gerade noch Zulässigen mehrfach überschritten hat.
Trotzdem gibt es für mich einige Gründe, in Österreich bzw. Wien keine Form einer dramatischen Ausländerfeindlichkeit zu orten. Der Vergleich mit den fast 15 % der Freiheitlichen mit ebensoviel Ausländerfeindlichkeit gleichzusetzen, ist eine Milchmädchenrechnung und erinnert mich an unseren seligen Sonnenkönig Bruno Kreisky, der Anfang der 80er Jahre die UNO-City gegen den Willen der Österreicher erbauen ließ. Das Volksbegehren gegen den Bau, das über eine Million Österreicher unterzeichnet haben, kommentierte er geradezu lässig: Eine Million dagegen? Na, die anderen sind dann dafür! Heute Legende, eine der sagenumworbenen Geschichten um unseren bekanntesten Kanzler, aber auch ein Top-Beispiel dafür, dass man mit Korrelationen in der Politik sehr vorsichtig sein sollte, so wie im Falle der Freiheitlichen bei den gestrigen Wahlen
Immerhin hat die FPÖ nicht Haus und Hoch dazu gewonnen, nein, sie hat den Verlust in erträglichen Maßen gehalten. Erinnert sich überhaupt noch jemand daran, dass die Freiheitlichen vor einigen Jahren gar noch bei 27 % der Stimmen hielten und zweitstärkste Fraktion in Wien waren? Im Hinblick darauf darf man vor allem auch den Rückschluss ziehen: die Freiheitlichen bauen ab in Wien, und anderswo in Österreich. Und das sehr konsequent. Gefahr deshalb in Verzug zu sehen, ist da sicher übertrieben. Ich habe mich gestern schon um eine Deutung des doch umgekehrten Trends bemüht, da die FPÖ das Driften unter die 10 % Marke noch einmal vermeiden konnte. Und die stetigen Prognosen, die Absolute der SPÖ, auch in Stimmen, wäre nur mehr Formsache, haben immerhin nachweislich 76.000 (!) SPÖ-Wähler der letzten Wahl (laut Wahlstromanalyse im ORF) veranlasst, diesmal daheim zu bleiben.
Daran kommen wir nicht herum. Auf diese Art und Weise ist die Wiener Wahl sicher im Sinne für die SPÖ leicht negativ beeinflusst worden und die Stimmen für die FPÖ erhielten ein ganz anders Gewicht. Aber derartige Einflussnahme kann man in unserer modernen Mediengesellschaft nicht mehr vermeiden. Österreich ist, das ist mir ein Anliegen, keine braune Hochburg. Dass Vertreter der Spezies Ausländerfeindlichkeit sich aus unserem Land nicht völlig eliminieren lässt, liegt daran, dass manche Leute einfach nicht dazulernen. Leider, und obwohl Österreich sich wie kaum ein Land auf dieser Welt bei Katastrophen und Kriegen für den Nachbarn in Not engagiert hat, haftet uns das braune Erbe stärker an als Ländern wie Italien, Spanien oder Frankreich. Dazu kommt, dass gewisse linke Kreise gerade zu in Österreichs brauner Vergangenheit suhlen und sie auch als aktuellen Status Quo zu belegen versuchen.
Gerade damit schüren, sie aber bewusst oder unbewusst, das lasse ich dahingestellt überproportional ausländerfeindliche Tendenzen in unserem Land. Wer lässt sich schon gerne auf Dauer verunglimpfen, auch wenn sich der Unmut darüber auch gegen die Falschen richtet? Und so mancher Progressive sollte durchaus einmal von seinem hohen Ross herunterkommen, wo er das hehre Herz für die Ausländer pflegt, das leider auch Drogendealer, Autoschieber und organisierte Diebsbanden aus dem Ausland inkludiert. Genau so wenig wie ich alle Ausländer und Zuwanderer in den Topf mit den Kriminaltouristen werfen kann, kann man nicht alle Leute bei uns pauschaliert als Ewiggestrige oder Antisemiten verunglimpfen, wegen einiger bedauerlicher Außenseiter. Jedem steht zu, nach sich selbst und seiner Geschichte beurteilt zu werden, ob In- oder Ausländer.
Fraglos: man könnte bisweilen noch viel mehr für Flüchtlinge und politisch Verfolgte tun, aber nicht nur bei uns sondern überall auf dieser Welt. Man macht es sich oft zu leicht oder bestimmte Gesetze lassen wenige Ausweichmöglichkeiten zu. Und jeder, der durch dieses Netz fällt, ist einer zu viel, auch das kann man nicht wegdiskutieren. Trotzdem sollte sich jeder, der sich anmaßt, Österreich als Ausländerhochburg zu diffamieren, einmal bei der eignen Nase nehmen: Ändern kann man nicht mit einseitigen Pauschalierungen und sehr eigenwilligen Interpretationen von Wahlergebnissen sondern in dem man selber mit gutem Beispiel vorangeht und das lebt, was man predigt.
Vivienne
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