Billie Joel – Das Konzert – Rock- und Pop-Lexikon

Montagabend (Anmerkung der Redaktion: 26.06.06 19:30 Uhr) avancierte die Wiener Stadthalle kurzfristig zum Nabel der Musikwelt. Kein geringerer als Billy Joel, US-Musiklegende mit österreicherischen Wurzeln (Mehr dazu im Rocklexikon) bat die Fans zu seinem einzigen Österreichkonzert, mit dem er – man höre und staune – seine Europatournee einläutete. Die Wiener Stadthalle war fast ausverkauft, als Joel kurz nach 19:30 Uhr seine Show fulminant und ohne Opening Act startete – „Vienna Waits for You“ schrieb Joel vor vielen Jahren und an diesem Abend wurde der Song zum Ausdruck der Begeisterung seiner Fans.

Billy Joel war zuletzt gesundheitlich etwas angeschlagen gewesen, Alkoholprobleme waren kolportiert worden und Billy räumte auf der Bühne selber ein: „I was sick, but I’m back!“ Und wie – Joel, glänzend disponiert und bester Laune, wickelte das österreichische Publikum gekonnt um den Finger und schon beim zweiten Song („My Life“) waren die Fans nicht mehr zu halten und huldigten ihrem Idol mit Standing Ovations. Eine Partie, um im Fußballjargon zu bleiben, die der tolle Pianist und Musiker nicht mehr aus der Hand gab. Balladen („Honesty“, „She’s Always a Woman“) blieben dabei aber in der Minderzahl.

Hier bei seinem Konzert in Wien hatte Joel beschlossen, in den Topf mit den fetzigen Songs zu greifen (Das Programm variiert ja europaweit je nach Lust und Laune des virtuosen Musikers!) und das machte er total locker und mit ungeheurer Spielfreude: verspielt und immer ein Witzchen auf den Lippen, bis hin zur Selbstironie – etwa, als er seinem Publikum erläuterte, bei welchen Klassikern er Anleihen für das Intro seines Songs „Leningrad“ genommen hatte. Allerdings griff Joel nicht nur gekonnt wie immer in die Tasten, sondern er hängte sich auch die E-Gitarre um und unterstrich damit sein enormes musikalisches Talent. Mit den sarkastischen Worten „A religous song“ kündigte er den ACDC-Titel „Highway to Hell“ an, den ein Gastsänger interpretierte während Joel selber die E-Gitarre würgte.

Billy Joel könnte allein von seinem musikalischen Potential her problemlos sein Publikum unterhalten, in diesem Fall unterstrich eine geniale Bühnenshow noch den ganzen Auftritt mit der Band. Unvergleichlich, wenn zu seinen Balladen der Zuschauerbereich in flackerndes Feuerzeuglicht getaucht wurde. Die Fans dankten Billy Joel seine Spielfreude in dem sie schon sehr früh de facto die Bühne stürmten, weil sie ihre Begeisterung nicht mehr auf ihren Plätzen hielt. Joel drückte zahllose Hände und ließ sich nicht lange bitten, als ihn seine Fans um Zugaben baten – die Stadthalle erbebte fast wie unter einem Erdbeben, als das Stakkato des Publikums einsetzte, mit dem man den Superstar und seine Band auf die Bühne zurückholte.

Als letzten Trumpf zückte Billy Joel „The Piano Man“ – und welcher Song hätte besser gepasst als dieser, den sich der US-Amerikaner fast auf den Leib geschrieben hat? Auch ich selber habe das Ende des Konzerts nicht mehr auf meinem Platz erlebt, die meisten Songs sang ich fast auswendig mit – überrascht, dass ich noch so viel davon in mir gespeichert hatte. Und tief versunken in eine Woge der Musik, die mir die Erinnerung an eine Zeit zurückbrachte, die um manches unbeschwerter war als das Jetzt… Ich habe an diesem Abend das schönste Konzert meines Lebens erlebt!

Für alle, die dieses Konzert unbedachterweise versäumt haben, ist das neue Life Album von Billy Joel ein unbedingtes Muss! Kein Ersatz – aber zumindest eine kleine Entschädigung für das Konzertereignis des Jahres!

Vivienne

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