Unverhofft kommt oft, das wurde ich heute (Mittwoch) Vormittag einmal mehr in meinem Leben belehrt. Allerdings diesmal im positiven Sinne. Sie erinnern sich sicher an meinen Beitrag dieser Tage in derselben Rubrik (Gelinkt),als ich anhand meines Versuchs über ein Abo, doch noch Tickets für das Konzertereignis des Jahres, Robbie Williams, zu ergattern, berichtete, um darauf hinzuweisen, wie oft in der Werbung mit den Gefühlen der „Umworbenen“ gespielt wird – um zu verkaufen, so wie auch in diesem Fall. Der Bauch entscheidet, ob jemand „kauft“ oder nicht, und in diesem Fall hat mir mein Bauch eindeutig signalisiert, dass ich wollte – ebenso wie meine Kollegin.
Und halten Sie sich fest, liebe Leser, heute wurde ich völlig überraschend verständigt, dass ich mir morgen die Tickets bei der örtlichen Poststelle abholen kann. Ich war tatsächlich unter den Glücklichen, deren Ambition auf das Abo dieser neuen Tageszeitung mit zwei Tickets belohnt wurde. Dass bei mir in der Arbeit darauf hin die Konzentration etwas weg war, ist nach so einer Nachricht durchaus nachvollziehbar. Dabei ging es mir weniger um die Eintrittskarten, als viel mehr um die wunderbare Erkenntnis, dass man nicht immer notwendigerweise annehmen muss, „etwas Bestimmtes zu tun“ hätte ohnedies keinen Sinn. Also könne man es gleich bleiben lassen. Das mag zwar manchmal zutreffen, aber sicher nicht immer, und einen Versuch ist es immer Wert!
In diesem konkreten Fall hatte ich wirklich nichts zu verlieren außer einmal 9,90 € (Einmal abgesehen davon, dass die Tickets ja trotzdem ganz normal zu bezahlen sind!), und das war es mir einfach Wert. Ich hätte mich sicher noch eine ganze Weile geärgert, wenn ich nicht mir und meiner Wahrscheinlichkeitsrechnung die lange Nase gezeigt hätte und die Tickets im Internet bestellt hätte. Ja, sogar in den letzten Tagen, als ich vergeblich auf die Zustellung der Eintrittskarten gewartet und mich eigentlich schon damit abgefunden hatte, dass dieser Vorstoß letztlich doch nichts gebracht hatte, war kein Unmut in mir aufgekommen. Vielleicht, weil ich mir wirklich nichts erwartet hatte, aber die Vorstellung alleine schon, mir gemeinsam mit der Kollegin den wohl besten Entertainer dieser Tage zu Gemüte führen zu können, mich für den Versuch entschädigt hatte!
Gewissermaßen wurde am heutigen Tage meine eigene, oft sehr negative Lebensphilosophie – oder sagen wir mal meine resignative Grundeinstellung – ad absurdum geführt. Erhoffe dir nichts und du bekommst so viel – und in diesem Fall ganz sicher ein Konzertereignis, dass ich nie in meinem Leben vergessen werde. Das weiß ich jetzt schon. Wie oft legt sich nicht der Mensch selber Wackersteine in den Weg und schafft es dann nicht darüber zu klettern? Wie oft – obwohl er ihnen selbst im Extremfall nur ausweichen müsste, also einen Weg rund herum suchen müsste. Nichts drückt den Menschen tiefer nach unten als seine eigene Meinung über die Dinge – und nicht das Schicksal, das Leid oder der Kummer selbst. Oft habe ich das schon gelesen und darüber philosophiert, aber nie ist es mir deutlicher vor Augen geführt worden, wie sehr ich selber diesem Schema verhaftet bin.
Man mag auf Robbie Williams große Stücke halten oder nicht, vielleicht schmunzle ich selber in ein paar Jahren über meine heutige Begeisterung und stehe über den Dingen – und auf einen ganz anderen Popstar oder Künstler. Wirklich schön ist für mich vor allem das Gefühl, dass ich etwas versucht habe, das eher aussichtslos schien bzw. nicht gerade als sehr wahrscheinlich zu erwarten war – und es hat trotzdem geklappt. Ich habe von einem rettungslos ausverkauften Konzert quasi am letzten Abdrücker noch zwei Tickets ergattert: weil ich das Risiko eingegangen bin, auch auf die Gefahr hin, enttäuscht zu werden bzw. leer auszugehen.
Vielleicht sollten wir das öfter tun in unserem Leben: etwas riskieren, ausprobieren, einfach mal ein Wagnis eingehen. Wir würden der Alltagsroutine damit ein Schnippchen schlagen und unser Leben etwas bunter gestalten, die eingefahrenen Pfade verlassen. Wenn ich ehrlich bin, liebe Leser, im Grunde werden wir alle am Ende unseres Lebens wohl am meisten jene Dummheiten bereuen, die wir unterlassen haben – aus Vernunft, aus Vorsicht oder auch aus Angst. Vielleicht ein kleiner Anstoß aus der Routine auszubrechen und auch mal nach den Sternen zu greifen – und einmal nicht darüber nachdenken, dass wir dabei womöglich auf die Nase fallen könnten…
© Vivienne