Als im Februar 2000 die ÖVP mit der FPÖ eine Bundesregierung bildete glich dies vorerst einem innenpolitischen Erdbeben. Viktor Klima, dessen Partei bei der Wahl knapp 5 Prozent oder 6 Mandate einbüssen mußte übergab den Parteivorsitz nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen an den innenpolitisch kaum bekannten Alfred Gusenbauer. Diesem wurde neben dem Parteivorsitz nicht nur die Aufgabe übertragen die Parteifinanz zu sanieren, sondern auch die Partei fit für die Oppositionsrolle zu machen. Die Aufgabe, eine Partei die 30 Jahre lang als Regierungspartei fungierte, fit für die Oppositionsrolle zu machen war sicher keine leichte.
Frei nach dem Motto „Ein neuer Besen kehrt besser“ ließ es sich Gusenbauer nicht nehmen den Neustart mit personellen Veränderungen zu beginnen. Die große neue Polithoffnung war unter den Neubesetzungen aber auch nicht wirklich zu finden, wie etwa der Austausch Peter Kostelkas durch Politurgestein Josef Cap zeigte.
Ich war von Beginn weg skeptisch ob Gusenbauer selbst den Oppositionspolitiker erfolgreich darstellen würde und denke, daß sich meine Befürchtung nach über zwei Jahren doch bestätigt hat. Parteiintern vor kurzem von Anton Leikam als „Kühlschrank“ tituliert gelingt es dem Parteichef auch lt. diverser Umfragen nicht entsprechende Sympathien für sich zu gewinnen.
Gusenbauer ist gewiß ein intelligenter Mensch der aber auch wegen seiner intelektuellen Erscheinung Schwierigkeiten hat die breite Wählerschicht anzusprechen. So kam es, daß sich anfangs Medien mehr mit seiner angeblichen „Irokesen-Frisur“ beschäftigten als sich mit Sachpolitik auseinanderzusetzen. Oftmals wird Gusenbauer von Parteikollegen – allen voran dem Wiener Bürgermeister Häupl – verteidigt, daß es eben schwer sei abseits des Populismus Oppositionspolitik zu betreiben. Es ist bestimmr richtig, dass Gusenbauer kein Populist ist – aber eine etwas pointiertere Oppositionspolitik würde ich dennoch begrüssen.
Man kann der derzeitigen Koalitionsform wohlwollend oder auch nicht gegenüberstehen. Es ist aber unbestritten, daß in dieser Legislaturperiode zahlreiche Maßnahmen gesetzt wurden die eine erfolgreiche Opposition – wie es die FPÖ etwa war – sofort gewinnbringend aufgreifen würde.
Gusenbauer beliebt es aber eher in kurzen Wortmeldungen Politik zu machen und oftmals für Verwirrung zu sorgen. So war einer der ersten Vorschläge das Aufwärmen der ehemaligen LIF-Forderung nach einer Grundversorgung für alle. Ich möchte diesen Vorschlag hier nicht beurteilen, denn in einer Schnellvariante, wie ihm Gusenbauer thematisiert hat, sorgt er lediglich für Mißverständnisse. „Geld für Arbeitsunwillige“ war wohl das populärste Vorurteil gegen diesen Vorschlag und Gusenbauer ließ es unentgegnet im Raum stehen.
Erst vorige Woche wiederrum ließ Gusenbauer mit dem Vorschlag eines Mehrheitswahlrechts anstatt des derzeitigen Verhältniswahlrechts aufhorchen. Den Vorteil sehe der Parteivorsitzende darin, dass der Wähler direkt über eine Regierung, anstatt über Parteiverhandlungen, entscheide und es eine Maßnahme gegen zuwachsenden Rechtspopulismus sei. Obwohl dieses Wahlrecht in Großbritanien, Italien, Frankreich und Spanien existiert halte ich es für nicht unumstritten. Schließlich bevorzugt es eindeutig größere Parteien zu ungunsten kleinerer Parteien und kann ein Demokratiedefizit darstellen. Letztendlich wirft es auch ein sonderbares Licht, wenn ein solcher Vorschlag ausgerechnet von der größten Parlamentspartei ausgeht. Auch hier möchte ich aber keine Beurteilung abgeben, auf großes Verständnis oder gar Begeisterung wird der Vorschlag unter der Wählerschaft aber wohl kaum gestossen sein.
In dieser Woche findet die Eintragungsfrist für das Volksbegehren gegen den Ankauf der Abfangjäger statt. Ich habe dieses Volksbegehren gestern unterschrieben, um ein Zeichen zu setzen. Wohlwissend, dass meine Unterschrift nichts ändern wird solange die derzeitige Koalitionsregierung im Amt ist. Initiator dieses Volksbegehrens ist die Kleinpartei des 24jährigen Rudolf Fußi „Die Demokraten“. Die SPÖ verwirrt mit der Forderung nach einer Volksabstimmung, die sie ohne einer Parlamentsmehrheit nie initieren kann und weigert sich ein Volksbegehren zu unterstützen.
Ich wünsche mir keine populistische Opposition nach Kärntner Art, wohl aber eine intelligente Bewegung die Alternativen aufzeigt und sich auch so artikuliert, dass es der Wähler versteht. Ob Alfred Gusenbauer dafür der richtige Mann ist werden wir vielleicht nach dem bevorstehenden Wahlkampf wissen. Meine bestehenden Zweifel sind nicht ganz unbegründet.
Pedro