Klebrige Wahrheiten? – Schlumpfenland ist überall

Neulich nach Berlin, der Tante meiner Frau wegen. Diese, vor nun zwei Jahren verwitwet, sollte über die Feiertage mit uns, also ihrer Nichte, mir und unserem Anhang die besinnliche Zeit verbringen. Also, in dreieinhalb bis vier Stunden ab zum Wannsee!
Ja doch, Tantchen hat mit ihrem Liebsten, einem der produktivsten der Produzenten in Babelsberg, schon ein schönes Häuschen an den Wannsee gebaut. Für Kindererziehung fehlte dann wohl doch die Zeit. Nun, also Weihnachten mal außerhalb. „Außerhalb“ war bei Tantchen so etwas wie „außerhäusig“, „fern vom Grunewald“, oder „auf Reisen“.

Getankt, gestartet, schon der erste Stau. Der Verkehrsfunk rät von der geplanten Route ab. Zuviel Betrieb im Stillstand! Nun gut, der Zeitplan fällt schon mal der Realität zum Opfer.
Das Radio tröstet mit flotter Mucke und Informierendem.
Der Stau hatte dann doch wohl ein Einsehen, wobei er sich zügig auflöste. War es clever, nicht dem Rat der Verkehrsdurchsagen-Häuptlinge zu vertrauen? Oder waren die Konkurrenten vor uns einfach nur zu blöd?

Dann also den Pinsel voll durchgetreten, rasen was die Nockenwelle hergibt. Einfach mal den vom Stadtverkehr verrußten Auspuff kräftig frei blasen. Spritverbrauch? Was soll`s, wir sparen ja jetzt in den beiden Tagen am Wannsee `ne Menge CO2 ein, da wir zuhause die Heizung runter gedreht haben, oder?

Später, schon in Richtung Ende der theoretischen Aufmerksamkeits-Spanne eines Rasewütigen, der zweite Stau. Diesmal kein Tip für eine Ausweichsroute durch das Radio. Auch dieser, mal wieder, löste sich auf ohne irgendwie seine Geheimexistenz zu offenbaren. Wer staut denn wohl so häufig? Gibt es da irgendwo einen Geheimplan, sind da böse Mächte am Werke?
Querdenker haben womöglich die Resilienz von Gestauten noch gar nicht in ihre Programmatik aufgenommen. Die lausigen Typen, auf den lustvollen Demos werden jedoch bald, nach Abschluss von Corona, neue Produkte für ihren Widerstand benötigen. Dazu eignen sich Staus doch wohl hervorragend.

Dann, schon den „Telespargel“ auch „Langer Lulatsch“ genannt im Visier, noch eine kurze Pause auf der Bahn. Frauchen muss mal.
Und nun? Ja, „Verkehr“ oder „Stau“ wird wohl noch in hunderten von Jahren das Bezeichnende für unser da längst verinnerlichtes Zeitalter darstellen, so meine Befürchtung.

Nur, was lief da ab? Einige Leute saßen wie festgeklebt auf der Fahrbahn.
Wie festgeklebt? Nein, tatsächlich festgeklebt. Dazwischen Uniformen. Die Uniformierten machten auf mich den Eindruck, mit der Situation ein wenig überfordert zu sein. Ein höherer Dienstgrad, seine „Granatsplitter“, also Sternlein auf breiten Schultern wiesen ihn als „Häuptling“ aus, in erregter Diskussion mit einer sehr zarten Person auf dem Asphalt, machte laut seiner Vorstellung von Taten und deren Folgen für „alle hier“ reichlich Luft.

Ich mit Telefon am Ohr, Tantchen sollte nicht besorgt sein wegen noch zu erwartender Verspätung, wurde sofort von einem niederen Dienstrang angeblökt:
„Jehnse weita, hier gibt et nüscht zu kucken! Und wehe, Sie fotografieren hier! Ike mach Sie nur drauf aufmerksam!“
Mein Hinweis auf mein Auto dort und hier Stau, schien ihn gar nicht zu erreichen. Verständnisvoll nickte ich ihm zu und ging zum Wagen zurück. Irgendwie kam mir die Situation sehr unwirklich vor, und die Rolle der Polizei in diesem Spiel erschien mir doch als eher sehr unglücklich.

Doch was sind die Regeln dieses Spieles? Was geht vor? Wo könnten Lösungen zu erwarten zu sein? Geht es, wie die kleine Frau auf dem Boden nicht müde wurde zu erklären, um aller unserer Zukunft?
Ich glaube, wir leben im Velocizän, dem Zeitalter des Fahrrades. Würden wir hingegen im Zeitalter des Carbon leben, hätte wir keine Chance auf eine Fortbewegung mittels verbrennender Recourcen. Und das nur, weil es diese noch gar nicht geben konnte.

Dem Carbonzeitalter ging eine Phase hoher Sauerstoffsättigung in der Atmosphäre voraus. Hierdurch wuchsen Farne und weiteres, vom Sonnenlicht verwöhntes Gesträuch in zuvor noch unbekannte Räume. Riesige Echsen, teils Räuber und teils Vegetarier und dazu die dichten Urwälder gehörten dann zur Sättigung des Erdreichs, was nun der Fortbewegung der Menschheit dient.

Der Mensch, eigentlich zur Bewältigung von etwa 6 Kilometern pro Stunde konstruiert, bewegt sich durch die Sättigung der zwischenzeitlich abgelagerten Erdschichten mit nicht gering einzuschätzender Geschwindigkeit um alle drei Achsen. Schallmauer, ich kenne dich nicht mehr, mach gefälligst Platz!

Nun also Lösungen müssen her! Und zwar, um die Kleine zu zitieren, möglichst noch gestern!
Wenn es denn stimmen sollte, was uns die Geschäftigen in Punkto individueller Fortbewegungen immer einzuflüstern versuchen, die Freiheit besteht darin ungehindert zu reisen koste es was es wolle, dann wäre ja alles paletti. Ist es aber sehr wohl nicht wirklich.

Das Velocizän zeichnet sich schon immer nur durch Beschleunigung aus. Wo noch die gewagten 6 Km/h ausreichten um dem Säbelzahntiger zu entkommen, oder dem Mammut nachzurennen, brauchte es schon gewisser Technik um diese Werte zu knacken. Pedalerie am Rahmen eines Fahrrades wurde zum Antrieb über Stock und Stein, doch nicht damit genug.
Nein, Mensch will noch mehr. Und die gesättigte Natur spielte ihm in die Karten. Teils sehr bereitwillig verteilt, teils knickrig in die Erde verbracht, machte nun der Saft der längst verblichenen Kreaturen, egal ob Räuber oder Veganer, zu den Farnen im Erdreich dem Fußfaulen gute Laune.
Dass uns damit eine gewisse Gewissenlosigkeit zuzuschreiben ist, macht zwar Kopfschmerz. Nur löst das nicht das Problem mit den überbordernden Erwartungen der Geschäftigen. Werte müssen Mehrwerten weichen. Geld, gut angelegt, muss kalben! Zinsen schaffen Zinseszins, so das elfte Gebot wohl Gottes, wenn auch nicht vom Berge Sinai herab verkündet. Auch die Urheberschaft Gottes darf ruhigen Gewissens bestritten werden. Ist ja auch nur der Name Gott eine Errungenschaft sehr geschäftiger Kreise im Erdenrund.
Nun gut, zurück zu den Geklebten. Nach einer knappen halben Stunde die Erlösung. Alle Aktivisten vom Beton gekratzt, milde lächelnd ob der bösen Flüche einiger Aufgebrachter. Unser Splittergeneral mit der Staatsmacht im Rücken, rotgesichtig von Dannen, hatte die Aktivisten dann zuvor noch mit seinen Weisheiten über Strafgesetze und Verordnungen des Straßenverkehrsrechtes belästigt. Meine noch zuvor gestellte Frage, wer denn wohl bei meinen Staus am Vormittag zur Rechenschaft zu ziehen wäre, lies dieser Spezialist für reibungslosen Vorwärtsdrang der Massen einfach unbeantwortet.
Und dann Bayern! 30 Tage Karzer für renitentes Volk mit der Tendenz zur Weltenrettung?
Oh Heiliger Christopherus, schmeiß Gehirn herab, meine lieben Bayern haben die Sache mit der CO2-Problematik auch noch nicht geschnackselt, wie Frau Fürstin von Turnen im Taxi auf bezeichnende Weise nicht müde wird zu beweisen.

Wer hier will, soll ruhig seine Meinung zu Verkehrsberuhigung per Sekundenkleber oder Hühnersuppe auf Rembrandt, mit der Absicht die Welt zu retten, zum Besten geben. Fest steht, es muss sich alles ändern, damit alles so bleibt wie es ist.

chefschlumpf, sich weniger CO2 im Abgas wünschend, wünscht allen frische Luft!

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