Hallo liebe Leser,
an diesem Wochenende wurde wiederum ein Schreibseminar abgehalten, unter Leitung eines Autors, der selber auf ein recht umfangreiches Werk zurückblicken kann.
Dieser promovierte Literat hatte uns an Beispielen vorhandener Textauszüge auf die unterschiedlichsten Stilistiken in der Literatur hingewiesen und uns aufgegeben auf vorliegenden Beispielen aufbauend, eigene Texte zu entwickeln.
Anbei meine Einfälle, die ich zur allgemeinen Beurteilung hier vorstellen möchte. Zeit pro Text war eine Stunde, ab Lektüre des Beispieltextes.
Ich hoffe jemanden zu veranlassen, mir seine Beurteilung des hier Vorgelegten als Kommentar zukommen zu lassen.
Löwe, von chefschlumpf
Er hatte es sich ganz anders vorgestellt in seiner Phantasie!
Er würde das Licht der Welt als eine einzige Liebkosung erleben, eine Liebkosung, die übermächtig und dadurch überwältigend wäre.
Als seine Mutter ihn dereinst von sich stieß und er dem großen Plan entsprechend, sich auf sich selber gestellt sah, sich nur auf Grund noch nicht einmal so übler Voraussetzungen durch das Leben zu schlagen hätte, hatte erst recht sein Leben begonnen.
Sein Leben, von dem er sich auch jetzt nur ungenügende Vorstellungen machen konnte.
Sein wirkliches Leben, welches sicherlich anders wäre, als seine Vorstellungen ihm eingaben.
Leben, ein Begriff, der eigentlich nur so ungefähr eine Bedeutung in seinem Bewusstsein hatte und dessen Inhalt mehr als verschwommen hinter einem Vorhang verborgen zu sein schien.
Leben, ein Wort welches in seinen Anlagen, neben weiteren Erkenntnissen seiner Vorfahren, scheinbar als digitaler Code in irgendwelchen biologischen Speichern abgelegt, nur auf die Erweckung zu warten schien.
Nun aber war es so weit. Er bemühte sich das letzte Hindernis, welches eine von unten gesehen, scheinbar unüberwindliche Barriere bildete und die ihm den lange erwarteten Durchbruch verwehrte, konnte nur mit roher Gewalt durchbrochen werden. Oder mit niemals versiegender Beharrlichkeit.
Beharrlichkeit war so ziemlich das einzige, neben unbändiger Kraft, was seiner Gattung einen ziemlich schlechten Ruf eingebracht hatte, in der Vergangenheit. Seiner Spezies wurde nachgesagt, immer und vor allem überall, an den unmöglichsten Stellen aufzutauchen und keinerlei Rücksicht nehmend, nur das eigene Selbst als Maßstab für die Existenz auf diesem Planeten zu sehen.
Ihm war eigentlich vom ersten Tag seiner Existenz bewusst, das nicht etwa er es war, der von der reichhaltigen Fauna und Flora willkommen geheißen würde und sich dieser Planet nicht etwa seinetwegen um seine Achse drehen würde. Allerdings hatte er ein unbestimmtes, diffuses Gefühl, dass auch er selber eine nicht geringe Aufgabe zu erfüllen hätte, wenn es ihm gelänge diese letzte Hürde, besser Abdeckelung, zu durchdringen und endlich den Schein der kräftigenden Sonne zu erblicken.
Er nahm seine ganze Kraft zusammen, als er es gewahr wurde, dass nun der große Tag, sein Durchbruch sozusagen, gekommen war und durchstieß den letzten Rest sich ihm entgegen stemmenden Widerstandes und sah, Nichts!
Kein Licht der Welt hieß ihn Willkommen. Keine heilende Wärme. Vor allem keine innige Liebkosung.
Nur ein mickriges Lichtlein am Ende einer schnurgeraden Straße, welche weder Anfang, noch Ende zu haben schien.
In seinem innersten, halb freigelegten Bewusstsein, war immer von einem großen, hellen Lampion die Vorstellung gewesen und er konnte sich recht lebhaft an seine Überzeugungen erinnern, wobei es ihm natürlich nicht klar war, worauf sich diese Erinnerungen stützen konnten. Musste wohl eine Art kollektiver Erinnerung seiner Familie sein. Ja er war nun der jüngste Spross eines uralten Geschlechts und auf ihm lastete die Hoffnung aller bereits Verblichener und derer, die vor ihm das Licht der Erde erblickt hatten und die meist auf Grund ihres schlechten Rufes, mit Stumpf und Stiehl ausgerottet wurden.
Licht der Erde, dieses funzelige Etwas? Dafür die ganze Mühe? Hoffnung einer ganzen Population Gleichgesinnter?
Er war nicht weitergekommen in seiner kritischen Selbstbetrachtung und wollte gerade damit beginnen, seiner Situation etwas Versöhnliches abzugewinnen, als er vom Ende der Straße ein weiteres funzeliges Etwas auf sich zukommen sah. Im Gegensatz zu dem anderen Funzelchen, veränderte dieser schlechte Ersatz des lange erträumten Feuerballes am Himmel, seine Position beinahe unaufhörlich. Hinzu bemerkte er, dass die Distanz zunehmend schwand. Der kleine, nun nicht mehr ganz so funzelig scheinende Lichtschein nahm nicht nur an Größe, sondern dabei an Leuchtkraft zu.
Er überlegte einen ganz kurzen Augenblick, ob es ihm wohl gelänge, seine Position zu verändern, um dem näher kommenden Licht entgegen zu gehen. Jedoch verwarf er diesen Gedanken sofort wieder, beinahe im gleichen Augenblick seines Entstehens.
Seine Vorfahren waren so weise, ihn mit ihren ganz eigenen Erfahrungen versehen zu haben und er war ganz sicher, dass diese seinen Standortwechsel nicht eingeplant hatten.
Er bemerkte es nicht wirklich, als das Licht, welches nun zu einem riesigen Scheinwerfer anschwoll, über ihn hinweg zu gleiten schien.
Er merkte nur noch, wie ihn der mächtige Reifen des Motorrades zu Brei zerstampfte, als er mittels grober Stollen über ihn hinweg fuhr.
Zu Löwenzahn-Brei
Weitere Texte folgen!
(C) chefschlumpf