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11.06.2005, © Vivienne

Was geht das das Arbeitsamt an?

Wenn ich am Wochenende Zeit habe, widme ich mich gerne ausgiebig dem Frühstück, obwohl es selten üppig ausfällt. Und dazu gehört für mich auch immer wieder die Tageszeitung, die ich gemütlich durchblättere und bisweilen kommt es vor, dass mich ein Thema zu einem Beitrag inspiriert. So auch heute, als ich in einem winzigen Einspalter nachlesen konnte, dass  eine Arbeitslose in Deutschland offenbar vor Gericht zitiert worden war, weil der Verdacht geklärt werden musste, ob die Frau nicht in einer Lebensgemeinschaft lebe. Unter anderem, weil sie ein Doppelbett im Schlafzimmer stehen hatte…

Kurios in der Tat. Was hat denn ein Doppelbett mit einer Lebensgemeinschaft zu tun? Ich selber, bekannterweise schon längere Zeit ungebunden, habe auch ein Doppelbett in meinem Schlafzimmer stehen, ohne dass sich ein heimlicher wie fixer Gefährte nächtens darin tummelt. In meinem Fall würde diese Tatsache zwar das Arbeitsamt wenig berühren, da ich nun mal nicht als arbeitslos vorgemerkt bin (und so soll es auch bleiben!), aber der kühne Schluss, auf einer derartigen Gegebenheit den Verdacht einer Lebensgemeinschaft aufzubauen, scheint mir einigermaßen gewagt. In meinem Fall liegt die Bettwahl vor allem auch daran, weil ich es liebe, beim Schlafen viel Platz beanspruchen zu können. Hätte ich wieder eine bessere Hälfte an meiner Seite, müsste ich vor allem auch einmal meine Schlafgewohnheiten radikal ändern…

Manches an diesem Fall bei unseren Nachbarn ist ja für den Leser noch offen. Ob es etwa eine anonyme Anzeige gegeben hat oder ob die Frau dem Staat durch Arbeitslosenbezug schon länger auf der Tasche gelegen ist. Faktum ist, dass das Amt zu einem unangekündigten Besuch bei ihr erschienen ist – und neben dem Bett auch noch einen Mann im Wohnzimmer angetroffen hat! Man könnte sich königlich amüsieren darüber! Das erinnert doch beinahe an die prüden Zustände in den 50er Jahren, als allein stehenden Frauen in ihren Wohnungen Männerbesuche untersagt worden waren. Ich bin sicher die letzte, die nicht begrüßt, wenn man Sozialschmarotzer an die Kandare nimmt, gleich welchen Geschlechtes, aber ein derartiges Vorgehen erscheint mir mehr als  absurd.

Wie erkennt man, wenn jemand in einer Lebensgemeinschaft lebt? Das ist wohl von Fall zu Fall ganz verschieden, bei mir würde wohl jedem Besucher zuerst auffallen, dass neben einem zweiten Kissen im Bett ein zweiter PC am Schreibtisch stehen würde – denn meinen gebe ich nicht her! Aber Spaß beiseite, wenn man wegen getrennter Wohnungen nicht „richtig“ zusammenlebt bzw. jemand anderer nicht im eigenen Heim gemeldet ist, lässt sich diese Tatsache sicher nicht einfach beweisen. Wer tauscht denn schon gleich das Doppelbett gegen eine einfache Pritsche, nur weil er oder sie sitzengelassen worden ist? Eben. Und jedem Freund oder Bekannten die Tür zu weisen, nur weil der neugierige Mieter gegenüber für das AMS spionieren könnte, scheint mir auch übervorsichtig zu sein.

Ich habe in meinem Leben immer wieder mit so genannten Alleinerzieherinnen zu tun gehabt, die (lesen Sie in älteren Beiträgen von mir nach!) gerne die Doppelbelastung bejammert haben aber einen Lebensgefährten im Hintergrund versteckt hatten, der bei Leistungsbezug durch seine eigene Wohnung schwer nachweisbar war. Für solche Leute habe ich nichts übrig, weil sie erstens alle anderen Frauen in Verruf bringen, ebenfalls als potentielle Betrüger zu agieren, obwohl sie wirklich allein mit dem Nachwuchs leben. Zweitens wird dann auch immer wieder mit dem Hinweise auf die „Ausländer“, „die ja auch nur vom Staat schmarotzen“, der eigene Vorstoß fragwürdig begründet und zu untermauern versucht. Über diese merkwürdige Doppelmoral kann man nur den Kopf schütteln…

Aber zurück zu diesem Fall in Deutschland. Ich frage mich natürlich schon, in wie weit die Kontrollen für Arbeitslose in Hinkunft auch bei uns noch verschärft werden, ist doch die hohe Rate der Beschäftigungslosen nicht nur bei den deutschen Nachbarn ein Thema. Und natürlich überlege ich auch, ob es da nicht in Hinkunft so manche „Aktion scharf“ geben könnte, durchaus auch in unseren Landen, mit der man „verdächtige Arbeitslose“ aufzudecken versuchen könnte. Der Zweck heiligt die Mittel, Geld muss ins Staatssäckel, und bei den Schwächsten muss man anfangen – als Arbeitsloser bist du bekannterweise ganz unten in der gesellschaftlichen Hierarchie angekommen (nur die Obdachlosen sind noch tiefer gesunken!), also kann man diese Leute auch ordentlich piesacken. Wenn man sie nicht vermitteln kann, dann zumindest zermürben. Der eine oder die andere meldet sich dann vielleicht selber entnervt vom Bezug ab…

Vivienne

 

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