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12.04.2005, © Vivienne

Der Herr Finanzminister und der Lohnsteuerausgleich

Einer meiner besten Freunde predigt mir seit Jahr und Tag, doch dem Finanzamt kein Geld zu schenken sondern mir wieder die Mühe zu machen, das Formular des so genannten Steuerausgleichs auszufüllen und an das zuständige Finanzamt zu senden. Ehrlich, liebe Leser, ich mache das schon seit Jahren nicht mehr. Auch wenn ich weiß, dass es dieser Freund nur gut mit mir meint, aber er, der sehr viel weiter nördlich im Mühlviertel wohnt als ich, hat schon durch die (frühere) Entfernung zum Dienstort Linz mehr Aussicht auf eine nette Summe Geld vom Finanzamt als ich im Beinahe-Vorstadtbereich. Und wegen ein paar hundert Schilling (wie beim letzen Anlauf) mache ich mir nicht mehr die Arbeit, Belege zusammen zu suchen. Pendlerpauschale darf ich mir nicht erwarten, also zahlt es sich bei mir nicht aus.

Eine Bekannte von mir hingegen hat sich die Mühe bisher noch jedes Jahr gemacht und für sie hat sich der Einsatz, wenn man  es einmal so blumig formulieren darf, auch immer gelohnt. Bis auf heuer. Denn als sie kürzlich am Finanzamt telefonisch nachfragte, war die Antwort trocken wie lakonisch: nichts! Glaubte die Bekannte noch kurz an einen möglichen Irrtum der Sachbearbeiterin flatterte dieser Tage der amtliche Bescheid ins Haus und das vernichtende Urteil bekam damit offiziellen Status. Und die gute Frau rotiert seither fast, weil sie sich die Diskrepanz zu den anderen Jahren fast nicht erklären kann. Ihren Eindruck, dass man als Arbeitnehmer nur gerupft wird, also zahlen muss bis an die Grenze des Möglichen, kann man sich daher nicht völlig verschließen…

Fast als blanker Hohn nimmt sich dagegen die heutige Anzeige unseres Charly, seines Zeichens schönster Finanzministers der zweiten Republik, in einer großen, kleinformatigen Tageszeitung aus.

Holen Sie sich Ihr Geld vom Finanzminister zurück! werden wir, die Steuerzahler, quasi aufgefordert. „Kommen Sie am 14.02.2005 in Ihr Finanzamt und meine Mitarbeiter helfen Ihnen, Ihre Arbeitnehmerveranlagung zu machen. Es lohnt sich garantiert!“

Ich weiß nicht sicher, was sich meine Bekannte nach dem negativen Bescheid zu dieser Aussage denken wird, doch in ihrer blumigen Ausdrucksweise werden sich wohl wenige positive Ausdrücke finden. Aber ob sie sich demnächst wegen dieser „Werbung“ in ihr zuständiges Finanzamt begibt und die Sachbearbeiter mit dieser durchaus irreführenden Behauptung, die unserem sehr verehrten Bundes-Charly in den Mund gelegt wurde, konfrontiert, halte ich doch eher für unwahrscheinlich…

Gut gemeint dürfte sie ja grundsätzlich sein, diese Anzeige des Bundesministeriums für Finanzen in eigener Sache. Aber um in diesem Zusammenhang zu meiner eigenen Position zurückzukommen: Summen rund um den Betrag von zwanzig Euro lohnen für mich den Aufwand einfach nicht. Jede Menge Gründe sprechen dagegen: vor allem, weil ich dazu laut Anzeige auch noch auf mein eigenes Finanzamt in Perg fahren sollte, wofür ich mir zudem frei nehmen müsste, weil ich quasi in der Gegenrichtung in Linz arbeite. Ein Fahrschein hin und retour kostete vor drei Jahren, als ich mich das letzte mal in meine Bezirkshauptstadt begab, mehr als sieben Euro, von der Zeit, die bei diesem Amtsweg aufgewendet werden müsste (die Verbindung ist miserabel) und den Umständen (eine durchgehende Verbindung von mir daheim nach Perg gibt es praktisch nicht) die mir entstehen würden, erst gar nicht zu reden.

Ich sollte diese Punkte einmal dem Herrn Finanzminister auflisten und schicken und ihn zudem fragen, was er dazu denkt… Obwohl unsere Bundesregierung wahrscheinlich aufgrund der sich ändernden Parteienlandschaft und den drohenden Neuwahlen ganz andere Probleme haben dürfte. Und jene Werbe-Leute, die sich eine Anzeige wie diese ausdenken, anscheinend auch nicht über ihre Schuhspitzen hinaussehen. Belassen wir es also beim guten Willen, denn da Grasser und sein Team unter Beweis stellen möchten, nehmen wir den Gedanken für die Tat! Dass Leute in den obersten politischen Positionen ohnedies längst die Tuchfühlung zum „gemeinen Fußvolk“ verloren haben, ist ja nichts Neues. Und dass Österreichs Finanzämter am kommenden Donnerstag im Kundenverkehr ersticken werden, möchte ich leise bezweifeln…

Vivienne

 

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