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20.10.2005, © Vivienne
Gipsfuß Alltag im Krankenhaus, Teil2
Über Jahrzehnte fast habe ich kaum je ein Krankenhaus betreten, außer zu Besuchszwecken. Seit Mai 2004 schient es aber ein Dauerzustand zu werden, dass ich mich in fast regelmäßigen Abständen in die Ambulanz eines Spitals begeben muss: sei es nun wegen eines anormalen Blutgefäßes im Auge oder eines schlimmen Abszesses im Kiefer. Erst kürzlich durfte ich Ihnen, liebe Leser, meine Eindrücke und Impressionen in einem scheinbar nicht immer sehr barmherzigen Spital schildern. Nicht ahnend, dass ich gerade eineinhalb Wochen später schon wieder ambulant versorgt werden musste und mit einem Gips das Krankenhaus verlassen würde.
Erst am Morgen des Vortags war ich auf dem Bahnhof auf ein paar Steinen ausgerutscht, und hatte mir meinen anfälligen linken Knöchel völlig verdreht. Ich spürte sofort, wie er anschwoll, schaffte es aber noch einigermaßen fit in die Arbeit zu kommen. Spätestens gegen Mittag wurde mir klar, das es diesmal mit ruhig stellen des Beines und Einmassieren eines Sportgels allein nicht getan sein würde. Dank einer Kollegin kam ich noch mobil heim, aber am nächsten Morgen ließ ich mich ins Linzer AKH bringen. Um es vorweg zu nehmen die Wartezeit war enorm, einige Unfälle waren just an dem Tag passiert, wie mir später ein Pfleger bedauernd anvertraute und ich wurde nicht weniger als drei mal geröntgt, da die Bilder meinem Arzt einfach nicht aussagekräftig genug waren.
Der Mediziner nahm es wirklich genau. Und ob meiner enormen Schwellung im Sprunggelenk wollte er einen Bruch völlig ausschließen. Was er erst nach dem dritten Röntgen, und jedes der Röntgen brachte eine enorme Wartezeit mit sich, wirklich konnte. Selbst der Arzt selber erkundigte sich bei mir, ob das Röntgen schon durchgeführt worden war. Ich konnte mich in der Zwischenzeit damit trösten, dass ich nicht alleine warten musste. Berührend, als eine Frau, die einen Unfall verursacht hatte, herein geschoben wurde und ihre kleine Tochter, die unverletzt geblieben war, im Schock dauernd nach der Mama schrie. Und dabei auch einen Mitarbeiter des Samariterbundes mit seinem Erbrochenen bekleckerte.
Schließlich stellte der Arzt doch die endgültige Diagnose: kein Bruch, aber die Bänder seien stark lädiert, zumindest eingerissen. Ein Liegegips sei leider unumgänglich, wie er mir erklärte, zumindest für eine Woche, und nächsten Dienstag müsste ich zur Kontrolle. Dann würde sich entscheiden, ob der Gips noch länger oben bleiben müsste. Der nächste Schock folgte, als mir ein Pfleger mitteilte ich müsse mir zur Thromboseprophylaxe jeden Tag ein bestimmtes Medikament spritzen. Ich durfte mir auch selber gleich die erste Injektion verabreichen, entweder in den Bauch oder in den Oberschenkel. Innerhalb der nächsten halben Stunde erhielt ich nicht nur meinen Spaltgips, sondern auch Krücken, mit denen ich mich nunmehr fortbewegen durfte. Das Bein durfte ja nicht belastet werden. Die ersten Versuche mit den Gehhilfen zeigten mir schnell meine völlige Unbegabung auf diesem Gebiet.
Glaubte ich diesen Krankenhausaufenthalt, der eine halbe Ewigkeit gedauert hatte, nunmehr abgeschlossen zu haben, so zeigte sich noch eine besondere Tücke im Detail. Der Rettungsdienst, der mich wieder heimbrachte, war zwar bereit gewesen, mir das Medikament zum Spritzen gleich zu besorgen, aber die Apotheke im Linzer Franckviertel verweigerte die Herausgabe, da es chefärztlich bestätigt werden müsse. Nun war guter Rat teuer, der Hausarzt im Urlaub, seine Vertretung in Steyregg nicht erreichbar für uns und selber konnte ich mich unmöglich mit dem Spaltgips auf die Gebietskrankenkasse begeben. Und als Single verfügte ich auch sonst über niemanden, den ich noch darum ersuchen hätte können. Ich rief also im AKH an, denn ich konnte ja nicht so ohne weiteres auf das Medikament verzichten schon wegen der Thrombosegefahr.
Tatsächlich erreichte ich sogar meinen behandelnden Arzt, der gar nicht glauben konnte, dass das Medikament chefärztlich bewilligt werden musste. Was mich im Nachhinein am meisten wunderte: der Arzt wimmelt mich nicht ab, wie es durchaus sein hätte können, er bemühte sich um Lösungsvorschläge und schließlich beschloss ich mich mit der Apotheke in der Nachbargemeinde in Verbindung zu setzen. Ohne Hoffnung, das gebe ich zu, aber die Besitzerin, die ich zufällig gleich erreichte, sicherte mir zu, sich in diesem Fall selber um die die chefärztliche Bewilligung zu kümmern. Mein Bruder, der mir das Medikament schließlich brachte, hatte nur ein paar Minuten warten müssen.
Ob sie es glauben oder nicht: der Arzt auf der Unfallambulanz im AKH rief kurz darauf selber noch bei mir an und erkundigte sich, ob ich das Medikament auch erhalten hatte. Und er schien mir wirklich erleichtert und interessiert, dass dieses Problem noch zufrieden stellend gelöst worden war. Um ehrlich zu sein damit hätte ich am allerwenigsten gerechnet. Nicht nach der Erfahrung neulich in einem anderen Linzer Spital. Aber man soll keine Gruppe über einen Kamm scheren: es gibt zwar im realen Leben keine Brinkmanns aber immer noch Ärzte, die sich um das Wohlergehen ihrer Patienten auch dann noch kümmern, wenn diese das Behandlungszimmer verlassen haben
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