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10.04.2005, © Vivienne
Für immer den Stab gebrochen…
Heute am frühen Nachmittag haben sich Charles und Camilla allen Widerständen zum Trotz in London das Jawort gegeben. Charles Sohn William und Camillas Sohn aus erster Ehe fungierten dabei als Trauzeugen. Aufgrund des Begräbnisses des Papstes, bei dem Charles als Repräsentant des britischen Königshauses anwesend sein musste, wurde die Zeremonie noch einmal kurzfristig um einen Tag verschoben, aber selbst alle Diana-Fans gebündelt konnten diese Skandalehe nicht mehr verhindern. In der Zeit im Bild heute wurde erwähnt, dass das Renommee des britischen Königshauses durch Charles und seine Affaire sehr gelitten habe und der Thronfolger einiges zu tun haben werde, um manches wieder zu bereinigen.
Ich finde solche Erklärungen immer wieder sehr amüsant, da das Haus Windsor zu allen Zeiten von Skandalen erschüttert worden ist und im Grunde auch feststeht, dass die Queen gar nicht berechtigt ist, die britische Krone zu tragen und damit an der Spitze des Landes zu stehen. Queen Viktoria, Urahnin und britische Langzeitkönigin im 19. jahrhundert, war wie die Ahnenforschung ergeben hat mit großer Sicherheit ein Bastard, also ein außerehelich gezeugtes Kind. Ihre Eltern lebten die meiste Zeit getrennt, aber letztlich wagte niemand ernsthaft nach dem Tod ihres Onkels die Thronbesteigung der 18jährigen Prinzessin zu verhindern. Tatsache ist aber, dass durch Viktoria die Bluterkrankheit in der Familie der Windsors erstmals auftrat.
Der Verdacht liegt nahe, dass Viktoria durch ihren leiblichen Vater Trägerin dieser Erbkrankheit wurde. Interessantes Detail am Rande: durch diesen Ehebruch von Viktorias Mutter war diese also nie erbberechtigt und heute müsste genau genommen Ernst August von Hannover, seines Zeichens Welfenprinz und Gatte der monegassischen Prinzessin Caroline englischer König sein. Ob ihn diese Tatsache, von der er mit Sicherheit weiß, wirklich berührt, vermag ich nicht zu beurteilen, aber der cholerische Hochadelige und Vater dreier Kinder hat zur Zeit andere Sorgen. Schwer erkrankt ringt er mit dem Tod
Das kurz zum Thema Skandal. Eindimensional war die Berichterstattung der Boulevardpresse zum Thema Diana immer. Dass sie in dieser Ehe mit dem britischen Thronfolger unglücklich war, möchte ich gar nicht in Abrede stellen. Ganz im Gegenteil. Wer begreift schon gerne, dass man nicht aus Liebe sondern nur als Mittel zum Zweck geheiratet wurde? Charles musste Diana zur Frau nehmen, weil er für die Fortsetzung der Dynastie zu sorgen hatte. Und das ist der Punkt. Der Prinz of Wales war selber nicht glücklich in seiner Rolle. Aber er hatte keine Wahl und war nie der geschickteste Diplomat in eigener Sache. Diana reinen Wein einzuschenken und sich mit ihr zu arrangieren fiel ihm nicht ein.
Diana rächte sich auf ihre Weise. Mit einigen Affairen und einem zweiten Sohn, dessen Vater Charles mit großer Wahrscheinlichkeit nicht sein kann. Denn laut Dianas eigener Aussage hat der ja seine pro forma Frau nach der Geburt Williams gar nicht mehr angerührt Diana wurde ein anderer Mensch in ihrer schlimmen Situation. Auf der einen Seite mutierte sie vom hässlichen Entlein zum strahlenden Schwan man sehe sich einmal alte Fotos von Diana vor der Hochzeit an: ein junges Naivchen mit biederem, pausbäckigen Gesichtsausdruck. Zum Wegschauen! Auf der anderen Seite lernte sie es perfekt, den Medien ihre Sichtweise als einzige Wahrheit aufzudrücken. Sie war schön und sie war jung deshalb war sie in der Rolle des Opfers glaubwürdig. Die Briten liebten sie, ja, man begann sie zu vergöttern. Der Mythos Diana wurde geboren Ohne die Berechnung und die eigene fragwürdige Position der Princess of Wales zu durchschauen
Charles war genau so Opfer wie Diana. Im Grunde wollte er immer nur Camilla, aber das ließ das verstaubte und enge Korsett seiner Familie nicht zu. Camilla war nicht standesgemäß, sie stammt aus einer Familie von Mätressen und war ziemlich sicher auch keine Jungfrau mehr, als Charles sie kennen lernte. Was dann Jahre später bei Diana unter anderem den Ausschlag geben sollte Die Queen hatte keinerlei Skrupel gehabt, die große Liebe ihrer eigenen Schwester Margret der Staatsräson zu opfern, also musste auch Charles gehorchen und sich fügen. Seiner Familie, repräsentiert durch jede Menge starker Frauen (wie auch seiner Großmutter!) die ihm alle nicht gut taten
Diana brach schließlich aus dieser Kuppel der Verlogenheit aus. Die jahrelange Affaire zwischen Charles und Camilla wurde zur öffentlichen Sache. Diana wird gern in dem Zusammenhang zitiert, dass Camilla ihre Ehe zerstört hätte. Eine sehr einseitige Darstellung der Dinge, denn im Grunde stand diese Beziehung nie unter einem guten Stern. Aber nicht vorrangig wegen Camilla sondern wegen der falschen Vorraussetzungen unter denen sie geschlossen wurde. Die nächste Generation der Windsors musste gesichert werden und Charles hätte sich als Pflicht erfüllter Sohn wahrscheinlich in jede Ehe gefügt. Aus Staatsräson. DAS kann man ihm oder Camilla nicht notwendigerweise zum Vorwurf machen, eher die Tatsache, dass er es als typisch sprachloser Mann unterlassen hat sich mit Diana auszureden und sich mit ihr zu versöhnen.
Immer wieder kommt mir in den Sinn, dass diese Liebesgeschichte zwischen Charles und Camilla im Grunde einen herrlichen Stoff für einen kitschigen Liebesroman abgibt. So wie Dornenvögel etwa oder Fackeln im Sturm eine Liebe, die Jahrzehnte überdauerte, allen Unbillen zum Trotz. Aber offenbar träumt noch immer die halbe Welt von der schönen wie toten Diana und weint über das Unrecht, das ihr zugefügt wurde. Prinzessin Margret, die auf dem Hochaltar des Standesdünkels der Windsors geopfert wurde, ist längst vergessen und Prinz Charles war nie der Mann, der sich Mitleid heischend bei den Medien ausgeweint hätte. Generationen nach uns werden den nötigen Abstand finden und Charles gerechter beurteilen. Als den Mann nämlich, der sich – seiner Pflichten stets bewusst – im Grunde immer nur dem Diktat der Familie gefügt hat und über den letztlich deswegen von der öffentlichen Meinung der Stab gebrochen wurde
Vivienne
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